Eine Investition in Höhe von 7,5 Millionen Euro wird nicht aller Tage in Betrieb genommen beim Automobilzulieferer BCS in Radolfzell. Für Geschäftsführer Daniel Martinez ist das neue Kompetenzzentrum für Oberflächentechnologien ein bedeutender Schritt zur Entwicklung und vollautomatischen Produktion von „smarten“ und damit interaktiven Oberflächen: „Wir wollen hier ein Technologiezentrum werden.“ Dafür hat das Unternehmen 2,7 Millionen Euro für den Umbau einer bestehenden Werkhalle bezahlt, neue Technologien wie Roboter oder Drucker für 3,9 Millionen Euro gekauft und in die Entwicklung neuer Kundenprojekte 900.000 Euro gesteckt.
Symbolischer Start mit Gästen
Damit diese Philosophie für die Entwicklung und Fertigung anspruchsvoller Produkte nach außen getragen und verstanden wird, hat Martinez zum symbolischen Start Vertreter der Stadt Radolfzell und des gesellschaftlichen Lebens ins Werk in der Industriestraße geladen: „Radolfzell ist ein Standort mit viel Geschichte.“ Mit der Auswahl der Gäste wie Cornelia Messmer, der Tochter des Firmengründers Werner Messmer, mit Petra Bialoncig von der Messmer Stiftung und OB Simon Gröger hat der noch relativ neue BCS-Chef ein Statement für die Stadt abgegeben. Martinez sieht die neue Ausrichtung der Firma als Entwicklung des ursprünglichen Unternehmens: vom Schalterhersteller Messmer zum digitalen Netzwerker BCS für das Automobil. Oder wie es Martinez sagt: „Wir sind Systempartner für das Interieur“.

Den Weg in eine smarte Zukunft will Martinez schnell gehen. Er sagt voraus, dass es bald keine Schalter mehr im Fahrzeug gebe. Auf diese Anforderung müsse sich der Standort Radolfzell ausrichten. „Ideen und Wissen sind da, jetzt müssen wir konsequent sein und sagen, was wir machen wollen, und es machen.“ Mit dem chinesischen Mutterkonzern Luxshare habe der Automobilzulieferer BCS Zugang zur Technologie aus der Konsumelektronik. „Zusammen können wir Systemlösungen anbieten“, beschreibt Martinez eine strategische Option für die Zukunft.
Der BCS-Geschäftsführer räumt ein, dass dieser Wandel auch schmerzhaft sei. Man befinde sich in der Zwischenphase zwischen „Restrukturierung und Neuorientierung“. Der Automobilzulieferer hat im vergangenen Jahr einen Transformationsprozess eingeleitet, der mit einem Stellenabbau in Radolfzell verbunden ist. Das Unternehmen hat dafür eine Vereinbarung mit Betriebsrat und Gewerkschaften getroffen. Die Eckpunkte sind eine Standortsicherung für Radolfzell bis mindestens 31. Dezember 2024 und eine Beschäftigungsgarantie für mindestens 450 Mitarbeiter und 30 Auszubildende.
Noch 630 Mitarbeiter in Radolfzell
Derzeit zählt BCS in Radolfzell noch 630 Mitarbeiter. „Unsere einzige Chance ist die vollautomatische Produktion, es wird weiter notwendig sein, dass wir uns anpassen“, sagt Martinez. Für das Unternehmen sei das ein Spagat, den es auch in der Kommunikation leisten müsse. Auf der einen Seite werden Stellen abgebaut, „auf der anderen Seite suchen wir neue, qualifizierte Mitarbeiter“. Für diese Möglichkeit zu Veränderungen brauche das Unternehmen Unterstützung.
Die hat OB Simon Gröger bei seinem Besuch im Unternehmen versprochen: „Entscheidend für uns ist, dass sich BCS in Radolfzell weiterentwickelt“, bemerkt der OB in Richtung Geschäftsführung. Martinez nickt bestätigend: „Unsere Verbindungen in die Stadtverwaltung werden besser.“ Das hat auch mit der neuen Wirtschaftsförderin der Stadt Radolfzell zu tun: Sarah Stadelhofer ist von BCS auf ihre neue Stelle ins Rathaus gewechselt. Martinez beglückwünschte Gröger zu dieser Personalie: „Mit Frau Stadelhofer haben Sie einen Gewinn gemacht, man spürt eine andere Dynamik.“