Radolfzell – Geschichte wiederholt sich und liefert reichlich Stoff für Diskussionen. Dies zeigte sich bei einem Vortrag der Historikerin Hildegard Bibby im Radolfzeller Stadtmuseum. Der Vortrag war Teil der Feier zum Dorfjubiläum von Markelfingen. Er drehte sich detailreich um die Menschen, die seit prähistorischen Zeiten an diesem Ort lebten. Heiterkeit löste ein Zitat aus, in dem es um feierfreudige junge Männer aus dem einst sehr kleinen Ort und der Umgebung ging. Dem wollte die örtliche Obrigkeit einen Riegel vorschieben. Offensichtlich wird zu jeder Zeit über das Verhalten der Jugendlichen geschimpft.
Ein wenig Verdruss herrschte bei einem kleinen Teil des Publikums über die Darstellung der jüngeren Vergangenheit in der offiziellen Geschichtsschreibung. Hildegard Bibby hatte von Restriktionen gegenüber Zuzüglern über die Jahrhunderte hinweg erzählt. Einstmals sei zum Schutz des dörflichen Sozialsystems Zuzug nur gegen den Nachweis eigenen Vermögens bewilligt worden, später habe der Gemeinderat sogar die Hinterlegung von Sparbüchern gefordert. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien zahlreiche Flüchtlinge zugewiesen worden, auch gegenüber den französischen Besatzungstruppen seien viele Alteingesessene misstrauisch gewesen. Hier setzte der Widerspruch von Zuhörern ein. Es wurde von eigenen Erfahrungen und aus der Familie von Hilfsbereitschaft der Einwohner und gutem Einvernehmen mit anfänglich Fremden berichtet.
Doch gab es in den zurückliegenden Jahrhunderten auch viele Markelfinger, die sich meist als Wirtschaftsflüchtlinge hinaus in die Welt begaben. So bildete das Leben in dem kleinen Dorf am Untersee auch immer jenes in weiten Teilen Mitteleuropas ab. Hildegard Bibby hat ihrem Vortrag die neue, reich bebilderte Markelfinger Dorfchronik zugrunde gelegt. Als frühere Stadtarchivarin hat sie die Chronik redigiert und gehörte zum Autorenteam. Ihr Vortrag machte Lust, sich wieder einmal in das umfang- und themenreiche Werk zu vertiefen.