Der Spaziergänger bleibt auf dem Schießhüttenweg Richtung Markelfingen stehen und kratzt sich am Kopf. Links den Bahndamm hinauf ist das Gehölz auf etwa einer Breite von zehn Metern abrasiert, rechts markieren frisch geschnittene Weidenstümpfe die freie Sicht durch den Zaun auf die Klärbecken der Kläranlage Radolfzell. Auf der anderen Seite am Uferweg im Markelfinger Winkel ist die Friseurtechnik fortgesetzt. Alle Weiden auf dem Damm zur Kläranlage hin sind umgelegt, das Gehölz unten im Uferbereich ist einer Kettensäge zum Opfer gefallen. Heraus kommt eine Sichtachse von der Allensbacher Straße über die Klärbecken hinweg auf den See.
Anfragen beim OB führen zur Rodung
Die einschneidende Maßnahme hat zu Anrufen bei der Vogelwarte und zu einer Nachfrage von Stadtrat Siegfried Lehmann bei OB Martin Staab geführt: „Bitte teilen Sie mir mit, warum die Stadtverwaltung die Abholzungen im geschützten Grünbestand angeordnet hat?“ Was der OB dem Stadtrat der FGL geantwortet hat, können wir nicht sagen. Auf unsere Anfrage teilt die Pressestelle der Stadt mit, Bürgerbeschwerden beim OB über zugewachsene Bereiche im Umfeld der Kläranlage hätten zu dieser Rodung geführt. Die Fachabteilung Landschaft und Gewässer hätte das Stutzen der Büsche und Gehölze geprüft. Die Stadt führt aus, dass der Grünbereich im Markelfinger Winkel geschützt, aber ein Gehölzschnitt als Pflegemaßnahme gestattet sei. Und doch sei es bei der Planung „zu einem Missverständnis“ innerhalb der Verwaltung gekommen. „Das bedauern wir sehr“, so die Pressestelle. Für den Bereich zwischen Kläranlage und Ufer sei ein derartiges Freischneiden nicht vorgesehen gewesen.
Wolfgang Fiedler von der Vogelwarte Radolfzell hat das Gebiet für die Forschung kartiert. Auch bei ihm habe es Anrufe zur Rodung gegeben: „Ich muss mir das anschauen.“ Den Schaden für die Vogelwelt hält er nach ersten Beschreibungen für gering: „Es handelt sich um einen kleinen Teil der Fläche, Weiden wachsen schnell nach.“