Drei bekannte und beliebte Radolfzeller Gastronomien schlossen jüngster Vergangenheit: Das Sunny‘s, die Mettnaustube und die Weinstube Der Baum. Es scheint auf den ersten Blick, als gebe es ein Gastro-Sterben in Radolfzell. Was steckt dahinter? Und stimmt das überhaupt?

Ein Grund für viele Schließungen waren die Einschränkungen in der Corona-Pandemie. Laut Daniel Ohl, Pressesprecher der Dehoga Baden-Württemberg, ist die stabile Zahl von landesweit 30.000 Gastro-Betrieben zwischen 2019 und 2021 auf 25.000 gesunken. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sank von 137.000 auf 116.000.

Darum sind Dorfkneipen so bedroht

Aber: „In den ländlichen Region war auch zuvor schon ein schleichender Rückgang zu beobachten“, sagt Ohl. Die Gründe seien vielschichtig. „Das Dorfgasthaus hat heute andere Voraussetzungen als die klassische Dorfkneipe früher. Früher war es sozialer Mittelpunkt, heute nicht mehr. Heute ernährt das Dorf alleine die Dorfkneipe nicht mehr“, erläutert er.

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Zudem sei die Konkurrenz durch Jugendtreffs, Vereinsheime und digitale Angebote größer. Die Kneipen müssten nun gezielt Publikum ansprechen, zum Beispiel durch eine besondere Lage oder Angebote. Hinzu kämen gestiegene Kosten durch die Inflation, während die Einnahmen gleich bleiben, da die Kneipen wegen des Personalmangels und der Energiekosten nur noch in Kernzeiten öffnen können, so Ohl.

So ist die Lage in Radolfzell

In Radolfzell sind die Folgen allerdings nicht so groß. Laut Stadtverwaltung habe es in den Jahren 2020 bis 2023 in Radolfzell mit Ausnahme des Jahres 2021 mehr Anmeldungen von Gastronomiebetrieben als Abmeldungen gegeben. Von einem „Gastro-Sterben“ könne in Radolfzell aber nicht die Rede sein – insbesondere im Hinblick auf den positiven Trend nach Ende der Einschränkungen, sagt die Stadt.

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Nachdem 2020 und 2021 insgesamt noch 27 Abmeldungen von Gastro-Betrieben nur 22 Neuanmeldungen gegenüberstanden ist der Trend danach positiv. 2022 meldete sich laut Stadt 21 Betriebe an und nur 16 ab. In diesem Jahr sind es demnach bislang 16 An- und nur vier Abmeldungen.

Auch die IHK weist für die Jahre einen positiven Trend aus. „Wir hatten in Radolfzell in dem Zeitraum von 2017 bis 2021 67 Anmeldungen und 44 Abmeldungen. Im Jahr 2022 gab es 17 Anmeldungen und 10 Abmeldungen“, schreibt sie.

Region steht vergleichsweise gut da

Alexander Vatovac, Geschäftsführer bei der IHK Hochrhein-Bodensee, sagt dazu: „Die Gastronomie hat zwar mit mehreren Herausforderungen zu kämpfen, wie dem Fachkräftemangel, hohen Mieten, gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen und der Inflation. Von einem allgemeinen Gastronomiesterben kann aber weder in Radolfzell noch in der gesamten Region die Rede sein.“ Im Vergleich zu vielen anderen Regionen in Deutschland gehe es der Gastronomie in der Region sogar vergleichsweise gut.