Wenn es dem geliebten Haustier schlecht geht, ist das für viele Besitzer nur schwer zu ertragen. Besonders erschreckend ist es, wenn das Tier von Menschenhand verletzt wurde. So geht es der Familie Späth aus dem Radolfzeller Ortsteil Böhringen. Ihr siebenjähriger Kater Diego wurde Anfang Dezember mit einem Luftgewehr angeschossen. Und das auch nicht zum ersten Mal: Bereits zweimal sei Diego in den vergangenen Jahren durch ein Luftgewehr verletzt worden.
Einmal habe ein Projektil aus seinem Körper entfernt werden können, berichtet Besitzerin Ornella Späth. Zweimal – einmal vor rund zwei Jahren und auch beim aktuellen Vorfall – sei das aber nicht möglich gewesen. Zwei Projektile stecken also noch in seinem Körper. Und das könnte zumindest in einem Fall unter Umständen problematisch werden.
Was ist passiert?
Wie Ornella Späth und ihr Mann Rolf schildern, habe sich der jüngste Vorfall am Sonntag, 8. Dezember, ereignet. Diego sei an diesem Tag um etwa 10 Uhr aus dem Haus gegangen und um kurz nach 12 Uhr wieder zu seinem Zuhause in der Freiherr-vom-Stein-Straße zurückgekehrt. „Er ist schon ganz komisch reingelaufen“, erinnert sich Ornella Späth. Und er habe geblutet. Ihr Sohn habe dann gesehen, dass der Kater humpelte. „Und ich habe schon so schlechte Erfahrungen, ich habe gleich gesagt, das ist wieder eine Schusswunde“, so Späth.
Also seien sie mit Diego zur Tierärztin Karin Weber in Bodman-Ludwigshafen gefahren, die Notdienst hatte und gegenüber dem SÜDKURIER einen solchen Vorfall bestätigt. In der Praxis habe sich der Verdacht bestätigt, berichtet Ornella Späth: An der Schulter, nur wenige Zentimeter von der Wirbelsäule entfernt, war das Projektil zu sehen. Dieses habe jedoch an diesem Tag nicht entfernt werden können, „weil die Ärztin keine Chirurgin ist“, erzählt Späth.
Diego sei daher mit einem Beruhigungsmittel versorgt worden und am nächsten Tag zu einer anderen Tierärztin gebracht worden. Doch auch dort sei es nicht möglich gewesen, das Projektil zu entfernen. Es sitze so tief, dass die Gefahr bestanden habe, durch die Operation mehr Schaden anzurichten als zu helfen, sagt Ornella Späth.
Spätfolgen nicht ausgeschlossen
Nach der Operation habe Diego Antibiotika und Schmerzmittel nehmen müssen und musste erst einmal im Haus bleiben. Mittlerweile sei Ausgang zwar wieder möglich, allerdings sei er zum Teil verängstigt und verkrieche sich oft. „Das macht er sonst nicht“, sagt Ornella Späth. Zudem sei noch nicht klar, ob Diego sich vollständig von dem Vorfall erholen wird, berichtet das Ehepaar. Denn wenn sich das nicht entfernte Projektil verkapsele, dann könne es sein, dass die Verhärtung auf die Nervenstränge im Rücken drückt und Diego damit etwa in seiner Bewegungsfreiheit einschränke, fürchten die Späths.

Abgesehen davon, dass Diego zur Familie gehöre und es daher emotional belastend sei, wenn er verletzt werde, sind bei den Späths durch den Vorfall auch hohe Kosten entstanden. Alleine die Erstbehandlung koste rund 300 Euro, beim vorangegangenen Mal habe Diegos Verletzung die Familie etwa 600 Euro gekostet. „Es summiert sich halt“, sagt Rolf Späth.
„Wer schießt auf Tiere?“
Dass Diego nun wiederholt verletzt wurde, löst bei der Familie Sorge aus – und Wut. Der Verdacht besteht, dass der Kater immer wieder mit Absicht angeschossen wurde: „Mittlerweile nehme ich es schon persönlich“, sagt Rolf Späth.
Warum jemand den Kater mutwillig verletzen wolle, das kann das Ehepaar nicht nachvollziehen. Womöglich störe sich jemand daran, dass Katzen Vögel jagen oder in fremden Garten ihr Geschäft hinterlassen. Aber dann könne man doch auch in die Hände klatschen oder einen Wasserschlauch nutzen, um die Tiere zu verscheuchen. „Wer schießt auf Tiere?“, fragt sich Ornella Späth.
Das sagt die Polizei
Tatsächlich werden laut dem Polizeipräsidium Konstanz nicht häufig Attacken auf Tiere angezeigt, wie Pressesprecherin Katrin Rosenthal auf Nachfrage berichtet. Allerdings wurde erst Ende November eine Katze von einem Unbekannten mit einem Luftgewehr so schwer verletzt, dass ein Auge entfernt werden musste. Im Landkreis Konstanz gebe es zwischen 2019 und 2023 Fälle im unteren einstelligen Bereich – „wobei jedes Mal natürlich auch eins zu viel ist“, so Rosenthal.

Auch die Tierärztin Sabine Böhm aus Radolfzell berichtet, sie habe in ihrer 14-jährigen Tätigkeit erst drei Katzen mit Schusswunden gesehen – zweimal mit Luftgewehrwunden, einmal mit einer Verletzung durch ein Schrotgeschoss. Die Tiere hätten alle überlebt. Allerdings könne es auch zu Todesfällen kommen, je nachdem, wo oder wie die Tiere getroffen werden. Außerdem könne eine Wunde sich immer infizieren, was gefährlich werden könne.
Vorsichtsmaßnahmen getroffen
Den jüngsten Vorfall hat Familie Späth nicht bei der Polizei angezeigt, das habe in der Vergangenheit auch keinen Erfolg gehabt. Allerdings hoffen die Späths, dass eventuell jemand etwas beobachtet hat und sich mit Hinweisen meldet. „Damit das endlich mal aufhört“, hofft Ornella Späth. „Es ist ja vielleicht auch nicht nur meine Katze“, ergänzt ihr Mann.
Um Diego künftig besser überwachen zu können, hat die Familie ihm mittlerweile ein GPS-Halsband gekauft, über das sie sehen können, wo er sich aufhält. Dafür habe er rund 200 Euro ausgegeben, erzählt Rolf Späth. So könne bei einem eventuellen erneuten Vorfall die Örtlichkeit eingegrenzt werden. Und man könne Diegos Leiche finden, falls er ein nächstes Mal nicht überleben sollte. Das schließt die Familie nämlich nicht aus: „Wenn man ihn rauslässt, fragt man sich, kommt er wieder, kommt er nicht wieder“, erklärt Rolf Späth.