Gerald Jarausch

Radolfzell – Gastronomen und Hotelliers in Deutschland bleiben nur noch wenige Tage. Nach dem Beschluss der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie müssen sie ab Montag ihre Türen schließen – bis vorerst Ende November. Was sagen Inhaber und Betreiber aus Radolfzell und von der Höri dazu?

Hubert Neidhart, Grüner Baum: „Das sind Einschnitte, aber man kann nichts dagegen tun.“
Hubert Neidhart, Grüner Baum: „Das sind Einschnitte, aber man kann nichts dagegen tun.“ | Bild: Jarausch, Gerald

Das sagt Hubert Neidhart vom Grünen Baum in Moos

Er zeigt grundsätzlich Verständnis für die Schließung der Gastronomie: „Das sind Einschnitte, aber man kann nichts dagegen tun“, sagt er. Ein Stück weit verbucht er das Ganze als „unternehmerisches Risiko“, wie er erklärt. Größere Sorgen bereiten ihm die generellen Aussichten. Nachdem er – wie andere Gastronomen auch – seinen Außenbereich auf die Coronaverordnungen angepasst hatte, droht nun auch, das Weihnachtsgeschäft wegzubrechen: „Das war ein verkorkstes Jahr – aber der Dezember ist für uns ein wichtiger Monat“, sagt Hubert Neidhart.

Florian Repnik, Einkehr – am Gleis: „Dann treffen sich die Leute im privaten Bereich. Dort kontrolliert niemand.“
Florian Repnik, Einkehr – am Gleis: „Dann treffen sich die Leute im privaten Bereich. Dort kontrolliert niemand.“ | Bild: Jarausch, Gerald

Das sagt Florian Repnik, „Einkehr – am Gleis“ in Markelfingen

Deutlich weniger Verständnis für die erneute Schließung der Gastronomie hat Florian Repnik. „Es ist ganz einfach“, sagt der Wirt der „Einkehr – am Gleis“ in Markelfingen auf Nachfrage des SÜDKURIER: „Wir verstehen nicht, warum Gastronomie und Hotels nun wieder schließen müssen“. Vor allem will ihm nicht einleuchten, warum gerade diese Bereiche, die mit der Umsetzung zahlreicher Auflagen die Kontakte der Menschen zurückverfolgbar gemacht haben, nun wieder schließen müssen: „Dann treffen sich die Leute im privaten Bereich. Dort kontrolliert niemand“, sagt er. Um die kommenden Wochen überstehen zu können, wird er wieder einen Liefer- und Abholservice einrichten.

Für alle wirtschaftlich schwierig

Dabei will er auf Entlassungen verzichten und wird sein Personal erneut in Kurzarbeit schicken. Allerdings ist ihm bewusst, dass durch die finanziellen Einbußen auch die Mitarbeiter in eine wirtschaftlich prekäre Situation kommen können. Nun hofft Florian Repnik, dass der Spuk nach vier Wochen wieder vorbei ist. Allerdings sind die Aussichten düster, wenn das Weihnachtsgeschäft mit zahlreichen Betriebsfeiern ausfallen. „Die großen Firmen haben alle storniert“, sagt Florian Repnik. Die Unternehmen hätten immerhin in Aussicht gestellt, die Veranstaltungen möglichst zeitnah nachholen zu wollen.

Erinnerungen an März 2020: So ausgestorben war Radolfzell kurz nach dem Beginn des ersten Lockdowns.
Erinnerungen an März 2020: So ausgestorben war Radolfzell kurz nach dem Beginn des ersten Lockdowns. | Bild: Jarausch, Gerald

Das sagt Antonio Raso, Restaurant Fino in Radolfzell

Ähnlich ungemütlich schätzt Antonio Raso die Situation ein. Sein Restaurant Fino hat 500 Sitzplätze und 34 Mitarbeiter; der Lockdown ab Montag könnte einen großen wirtschaftlichen Schaden bedeuten. „Wir haben uns an alle Regeln gehalten und müssen nun trotzdem wieder schließen“, beklagt Raso. Auch er kann das aus seiner Sicht uneinheitliche Vorgehen nicht ganz nachvollziehen: „In anderen Bereichen geht es ebenfalls eng zu – zum Beispiel in Bussen und Bahnen“, sagt er. Praktisch nirgendwo würden die Menschen so gut getrennt und erfasst wie in der Gastronomie. Eine Verlagerung der Treffen in den Privatbereich hält er daher für problematischer. Das „dicke Ende“ erwartet der Gastronom ohnehin erst in der Zukunft.

Wer bezahlt Rechnungen?

Viele Betriebe in seiner Branche hätten in den zurückliegenden Monaten offene Rechnungen liegen gelassen oder die Summen seien ihnen vorerst gestundet worden. „Im nächsten Jahr werden viele in die Insolvenz gehen“, ist Antonio Raso überzeugt. Aus seiner Sicht trage die Bundesregierung Mitschuld. Schon einmal seien der Gastronomie finanzielle Versprechungen gemacht worden, die dann nicht eingehalten worden seien. Aus diesem Grund mag er auf die nun in Aussicht gestellten Hilfsmittel nicht vertrauen. Um den Außenbereich auch über die kühlen Jahreszeiten besser nutzen zu können, hat er einen fünfstelligen Betrag in die Ausstattung investiert. „Das Zeug ist bestellt, und jetzt schließen wir“, sagte Raso. Gute Aussichten sehen anders aus.