Natalie Reiser

Globalisierung, der Rechtsruck in der Gesellschaft, Corona – die Liste der Herausforderungen, denen die Gesellschaft sich gegenwärtig stellen muss, nimmt ständig zu. Sven Jochem, Professor für Politikwissenschaften, der in Möggingen lebt und an der Universität Konstanz lehrt, stellte in seinem Vortrag „Krisen der Demokratie“ dar, welche Elemente der Demokratie er aktuell bedroht sieht und wie mögliche Lösungen aussehen könnten.

Im Rahmen einer Kooperation der VHS Landkreis Konstanz und dem Bundesprogramm „Demokratie Leben“ wurde der Vortrag im Milchwerk kostenfrei angeboten. Über 20 Besucher nutzten die Gelegenheit, im Anschluss mit Sven Jochem ins Gespräch zu kommen.

Krisen gefährden Teile der Demokratie

Nach einem Ritt durch die Geschichte philosophischer Ideen zur Demokratie ging der Politikwissenschaftler auf die in Deutschland praktizierte Form der Demokratie, die sogenannte Konsensus-Demokratie ein. In der Corona-Krise „brodle es“, so der Wissenschaftler. Nötige Verhandlungen verschiedener Akteure fänden statt, doch ein Konsens sei vielfach schwer zu finden.

Gegenwärtig sei gut zu sehen, dass Demokratie ein langsames Verfahren ist. Zusätzlich zur Corona-Krise führte Jochem auf, was als Krise verstanden werden kann: Politikverdrossenheit, wachsender Zorn in der Gesellschaft, globale Konzerne, Populismus, schneller Informationsfluss neuer Medien, der zum Gefühl von Entgrenzung führen kann. Jochem sieht durch diese Krisen nicht die Demokratie an sich in Frage gestellt, sondern einige Teile von ihr.

Fehlende Steuern gefährden Handlungsfähigkeit

Die Partizipation der Bürger an demokratischen Prozessen in Deutschland hält er für gut. Doch als kritisch bewertet er, dass globale Konzerne auf dem internationalen Kapitalmarkt Finanzen dorthin verlagern, wo sie am wenigsten Steuern abführen müssen. Dadurch würden dem Staat Gelder und somit Handlungsfähigkeit entzogen.

Das könnte Sie auch interessieren

In seinem Lösungsansatz schließe er sich den Thesen des Soziologen Wolfgang Streek an, der fordert, die Handlungsfähigkeit des Staates durch einen Rückbau der EU und die Regulierung der Kapitalmärkte wieder zu stärken.