Volker Probst ist verärgert. Der Pächter des Bootshauses an der Uferpromenade hatte Besuch vom Ordnungsamt der Stadt Radolfzell und musste seinen Gastronomiebetrieb beinahe den ganzen April über schließen. Ungerechtfertigt, wie Probst gegenüber dem SÜDKURIER betont. Er kritisiert vor allem das Vorgehen der Behörde. „Mir fehlt in dieser Sache der Dialog mit der Stadt“, sagt Probst.

Das Bootshaus muss schließen

Wie viele Gastronomen in der Region reagiert auch Volker Probst auf die verschärften Corona-Vorschriften. Seine Lösung gleicht der anderer Restaurants und Bistros: Essen gibt es nur noch zum Mitnehmen. „Nur Straßenverkauf“, stellt Probst klar. Als weitere Sicherheitsmaßnahmen stellt er Bauzäune auf, die dafür Sorge tragen, dass der Mindestabstand eingehalten wird. „Zudem wird jeder Gast bei der Bestellung darauf hingewiesen, dass unsere Speisen nicht vor Ort verzehrt werden dürfen. Alles gibt es bei uns nur noch zum Mitnehmen“, so Probst weiter. Seit dem vergangenen Wochenende sind auch die Sitzmöglichkeiten und die Tische entfernt worden. Entsprechende Schilder weisen den Gast auf die verschärften Sicherheitsvorschriften hin.

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Gereicht hat es dennoch nicht: Das Ordnungsamt hat Volker Probst Anfang April zur Schließung aufgefordert. „Nur Betriebe mit Abhol- und Lieferservice per vorheriger Telefonbestellung dürften geöffnet haben. Eine schriftliche Aufforderung der Stadt blieb allerdings aus“, nennt Probst die Begründung. Er habe natürlich versucht, die Stadtverwaltung zu kontaktieren, aber die zeigte sich bisher uneinsichtig. Sehr zur Verärgerung von Volker Probst. Nach eigener Aussage habe er bereits mit dem Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg und dem deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in dieser Angelegenheit Kontakt aufgenommen. Die dortigen Experten hätten ihm versichert, dass er seinen Außer-Haus-Verkauf im April hätte weiterführen dürfen und eine Schließung nicht rechtens gewesen sei.

Probst fordert gleiches Maß

Umso enttäuschter reagiert er auf die angeordnete Schließung durch das Ordnungsamt. „Ich musste schließen, aber zeitgleich bieten viele Restaurants auch ohne vorheriger Telefonbestellung Speisen und Getränke zum Mitnehmen an.“ Seine Forderung ist einfach: „Ich will hier keinen anschwärzen, sondern Gleichberechtigung. Die Vorschriften müssen für alle gelten“, sagt er. Probst weiß ob seiner exponierten Lage seines Bootshauses. „Unser Betrieb ist am See ein Magnet, das ist mir bewusst. Aber ich habe alle Vorgaben erfüllt“, so Probst weiter.

Kein Glas: Am gesamten Ufer herrscht striktes Glasverbot.
Kein Glas: Am gesamten Ufer herrscht striktes Glasverbot. | Bild: Julian Widmann

Glasflaschen und zu viele Kunden

Wie die städtische Pressestelle auf SÜDKURIER-Nachfrage erklärte, sei eine Schließung des Bootshauses erforderlich gewesen, weil bei der Überwachung des Seeufers durch die Polizei ein ungeregeltes hohes Kundenaufkommen im Betriebsbereich festgestellt wurde. Gemäß Corona-Verordnung sei für Gastronomiebetriebe ein Abhol- und Lieferservice möglich. „Ziel muss es sein, Menschenansammlungen und direkte Kontakte von Personen zu vermeiden, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Daher ist kein Verkauf zum Verzehr an Ort und Stelle erlaubt, sondern nur eine Abholung auf vorherige Bestellung. Für die Einhaltung der Bestimmungen und die Steuerung der Kundenströme ist der Betreiber verantwortlich“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt. Wiederholte Verstöße haben beim Bootshaus zur Schließung geführt.

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Zudem habe der Polizeivollzugsdienst bei mehreren Kontrollen Glas auf Tischen fest. „Am Seeufer herrscht ein absolutes Glasverbot“, betont die städtische Pressesprecherin Nicole Stadach. Den Vorwurf, dass die Schließung mit der exponierten Lage des Bootshauses zusammenhänge, weist sie zurück: „Der Stadt ist daran gelegen, die Betriebe vor Ort nicht weiter unnötig einzuschränken. Und auch die Bürger sollen, den im Rahmen der aktuellen Rechtslage zulässigen Service weiterhin in Anspruch nehmen können.“

Stadtverwaltung will Betriebe unterstützen

Die Schließung sei keine präventive gewesen, sondern sie erfolgte aufgrund wiederholt festgestellter Verordnungsverstöße. Auch der Aussage Probst, dass mit zweierlei Maß gemessen werde, widerspricht die Stadtverwaltung: „Wo Abholung auf vorherige Bestellung umgesetzt wird, ist dies verordnungskonform. Die Kontrollorgane haben auch andere Betriebe im Blick, Missstände werden abgestellt und wiederholt kontrolliert.“

Die Sache mit dem Eis

Laut Stadtverwaltung habe Probst am Freitag ein neues Konzept für seinen Außer-Haus-Verkauf vorgelegt. „Eine Genehmigung unter strengen Auflagen konnte erteilt werden“, so Stadach. Und dennoch gab es auch am vergangenen Samstag Ärger mit der Polizei: Zwar öffneteProbst sein Bootshaus wieder, allerdings wurde ihm der Verkauf von Eis nur wenig später untersagt. „Dabei gab es bei mir ausschließlich vorgefertigtes Impulseis“, so Probst. Sprich Eis, dass verpackt sei. Er verstehe langsam die Vorgehensweise der Stadt nicht mehr. Aber aufgeben wolle er nicht: „Notfalls leite ich auch juristische Schritte ein.“ Davor will er noch einmal den persönlichen Kontakt zur Rathausspitze suchen.

Dehoga sorgt sich um Gastro-Branche

Laut Stefanie Heckel, Pressesprecherin des deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), habe das Corona-Virus verheerende Auswirkungen auf die Gastronomiebranche in Deutschland. Zwar habe die Not, die durch die verschärften Regelungen und die weiterhin angespannte Lage in Zeiten der Pandemie entstanden sei, dazu geführt, dass viele Betriebe das Geschäftsfeld des Außer-Haus-Angebotes neu entdecken. „Aber die Ausmaße der Corona-Krise sind gravierend“, so Heckel. Angesprochen auf die temporäre Schließung des Bootshauses in Radolfzell betonte Heckel, dass die Entscheidung welche Betriebe in welchem Umfang öffnen dürfen in der Hand der jeweiligen Bundesländer liege. „Darüber hinaus kann es aber sein, dass es kommunale Sonderregelungen zur konkreten Auslegung der vorgeschriebenen Verordung geben kann“, so Heckel weiter.

Auch der Sprecher des Dehoga in Baden-Württemberg, Daniel Ohl, erklärt, dass Gemeinden und Kommunen Allgemeinverfügungen erlassen können, die verschärfend wirken. Damit können Unterschiede in der Beurteilung entstehen. „Vereinfacht gesagt, ist ein Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort oder in den Betrieben nicht erlaubt“, sagt er. Auch Ohl verweist darauf, dass die derzeitigen Einschränkungen die Betriebe hart treffen. „Für diese Betriebe geht es um die wirtschaftliche Existenz“, sagt er. (mgu)