Die Corona-Pandemie ist für viele Polizisten in Radolfzell eine Belastungsprobe. Das wird einmal mehr deutlich, als der SÜDKURIER einen Streifenpolizisten für ein Interview zur Kontrolle der Ausgangssperre sucht. Denn: Ein Interview ist gar nicht erst möglich. „Die Kollegen arbeiten an der Belastungsgrenze“, sagt Dieter Popp, Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz. „Und wir müssen ihnen den Rücken freihalten.“
Willi Streit, Leiter des Polizeireviers Radolfzell, hat sich dennoch Zeit genommen, ein paar Fragen schriftlich zu beantworten. Auch er weiß, wie hart sein Team arbeitet. Dass dieses Jahr ein ungewöhnliches war. Nur schreibt er das nicht so direkt. Er schreibt das so: „Die Überwachung der Corona-Verordnungen ist Teil des vielfältigen Aufgabenspektrums der Polizei.“ Und: „Die Belastung auf diesem Aufgabenfeld hat seit Frühjahr 2020 merklich zugenommen.“
Seit Mitte Dezember gelten nun die Ausgangsbeschränkungen in Baden-Württemberg. Mit verstärkten Kontrollen versuche die Polizei in Radolfzell, die Maßnahme des Landes – wo nötig – durchzusetzen. Dafür kombiniere man mobile Kontrollpunkte mit Fuß- und Zivilstreifen, schreibt Streit.
Der Großteil der kontrollierten Personen zeige Verständnis für die Beschränkungen und die damit einhergehenden Kontrollen. Die meisten, die die Polizei anhalte, hätten einen triftigen Grund, das Haus zu verlassen. Und könnten in der Regel eine Arbeitsbescheinigung vorweisen. „Es wird vorbildlich praktiziert“, so Willi Streit.
Doch das ist nur eine Seite seiner Wahrnehmung. Das ist das, was der Revierleiter am meisten betont. Denn wie so oft gibt es auch eine andere Seite. Sie handelt von Personen, die die Corona-Regeln und die Ausgangsbeschränkungen nicht verstehen oder bewusst ignorieren.
Etliche Aussagen erweisen sich als Schutzbehauptung
„Leider stellen wir fest, dass sich einzelne Personen nicht an die erweiterten Ausgangsbeschränkungen halten. Etliche Aussagen von betroffenen Personen erweisen sich als Schutzbehauptung oder Lüge“, schreibt Willi Streit. Und: „Zur Wahrheit gehört auch, dass es auch Personen gibt, die die Vorschriften aus der Corona-Verordnung als unsinnig und überzogen bewerten.“
Und so habe sich mit Corona auch gleich das Aufgabenfeld der Polizei verändert: Bei den Einsätzen auf der Straße sei es wichtiger geworden, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, zu erklären, warum die Polizei welche Verordnungen kontrolliere und, dass jeder Verantwortung übernehmen müsse. Von den Beamten verlange das vor allem eins: „viel Einfühlungsvermögen und einen hohen zeitlichen Informationsaufwand“, schreibt Streit.
300 Personen kontrolliert
Bei besonderen Schwerpunktkontrollen würde man deshalb auch von Beamten des Polizeipräsidiums Konstanz unterstützt. Denn: Je höher die Kontrolldichte, desto mehr würden jene entdeckt, die sich nicht an die Ausgangsbeschränkungen halten. Und so habe das Polizeirevier Radolfzell seit Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen weit über 300 Fahrzeuge und Personen kontrolliert.
19 Fahrzeuginsassen und weitere 16 Fußgänger hätten seither gegen die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen verstoßen. „Die Fahrzeugkontrollen beschränken sich dabei nicht nur auf PKW-Fahrer. Es waren auch Elektroroller- und Radfahrer mit dabei“, schreibt Willi Streit.
Immerhin eins merke die Polizei: Dass der Verkehr auf den Straßen nach 20 Uhr deutlich nachlasse und die Gegend in den Nachtstunden geradezu leer sei. Doch, ob deshalb das Unfallaufkommen gesunken sei, könne man – aufgrund des bisher kurzen Zeitraums – noch nicht sagen. „Es dürfte dazu tendieren“, so Streit.
Auch die Kontrollen an Weihnachten seien ruhig verlaufen. Bis auf Einzelfälle gebe es nichts Negatives zu melden. Das sah am Wochenende vor Weihnachten noch ganz anders aus. Damals hatte die Polizei tatsächlich eine starke Zunahme von Verstößen gegen die Ausgangsbeschränkungen festgestellt, schreibt Streit – und appelliert darum an die Radolfzeller, sich an die verschärften Regeln zum Schutz gegen das Coronavirus zu halten. „Jeder, der sich nicht an Hygiene- und Schutzbestimmungen hält, gefährdet die Gesundheit und das Leben anderer.“