Robert Wiegand muss laut sein. Und aufpassen, wo er hinläuft. Denn in der Trainingshalle des Fight Club Radolfzell, wo er das Eltern-Kind-Training im Kickboxen leitet, ist es auch an diesem Nachmittag ziemlich voll. Zu den wöchentlichen Trainingseinheiten kommen etliche Kinder, manche mit ihren Eltern. Schnell sind es 40 bis 50 Personen auf der Trainingsmatte. „Für einen so dynamischen Sport ist da schlicht zu wenig Platz“, sagt Trainer Wiegand. Damit sich keiner verletze, könne man nicht alle Übungen machen. Der Platz bestimme an solchen Tagen die Qualität des Trainings. Eine unbefriedigende Situation für den Kickbox-Trainer.
Der Fight Club Radolfzell erfreut sich vor allem bei Kindern und Jugendlichen großer Beliebtheit. Längst gibt es eine Warteliste, um im Verein einen Kampfsport erlernen zu können. Laut dem Vorsitzenden Tobias Adams hat der Verein rund 250 Mitglieder, so viel wie noch nie in der Vereinsgeschichte, davon zirka 90 Kinder. Gerne würde der Verein weiter wachsen und mehr Trainingseinheiten anbieten, doch dafür reicht der Platz in der Trainingshalle vorne und hinten nicht.
Verein bräuchte doppelt so viel Platz
Aktuell verfügt der Fight Club über 170 Quadratmeter in der Radolfzeller Friedhofstraße. Davon stehen 130 Quadratmeter für Training zur Verfügung, aber nur zirka 80 bis 100 Quadratmeter freie Mattenfläche. Der übrige Platz in der Halle ist mit Sportgeräten belegt. „Wir bräuchten deutlich mehr Platz, mindestens 300, eher 400 Quadratmeter“, so Adams. Aktuell werde das Angebot dem Platz angepasst. Doch hätte der Verein durchaus Interesse und auch die personellen Kapazitäten, ein vielseitigeres Angebot anzubieten.
Am jetzigen Standort sei jede freie Minute in der Halle verplant. An sieben Tagen in der Woche, von frühmorgens bis spätabends, wann immer es die Ruhezeiten zulassen, findet ein Training beim Fight Club statt. Was Adams besonders schmerzt: Absagen zu erteilen. „Wenn jemand anruft und Interesse am Training hat, vor allem wenn es Kinder oder Jugendliche sind, sind diese so motiviert und wollen gleich loslegen“, beschreibt er die Situation. Dann auf die Warteliste zu verweisen, dass aktuell keine neuen Mitglieder aufgenommen werden können, sei schwer für ihn.
Fight Club macht Angebot im Breitensport
Der Fight Club Radolfzell sieht sich – anders als viele andere Kampfsportvereine – als Verein für Breitensport. Im Verein gebe es auch klare Leistungsträger wie Eike Mintenbeck und Thorsten Räffle, die bei Wettkämpfen überaus erfolgreich seien. Doch stünden diese auf einem breiten Fundament von Hobby-Sportlern, die durch Kampfsport fit bleiben wollten und Spaß am Training hätten. Das familiäre Umfeld ist dem Vorsitzenden Tobias Adams besonders wichtig. Beim Fight Club gebe es gemeinsame Feste und Ausflüge, das Vereinsheim sei ein Treffpunkt für alle und auch der Familienhund sei willkommen.

Seit Jahren suchen die Verantwortlichen nun nach einer neuen Bleibe. Eng sei es schon immer gewesen, aber nachdem das Tief der Corona-Pandemie überwunden war, seien die Mitgliederzahlen explodiert. Mehrere Immobilien hätten sie sich bereits angeschaut, doch immer scheiterte es an dem großen Aufwand, diese für den Verein nutzbar zu machen. „Es fehlt dann an Sanitäranlagen, Umkleidekabinen oder Sozialräumen“, sagt Adams. Investitionen, die für den Verein zu hoch wären.
Förderung der Stadt wäre ein finanzielles Risiko
Würde der Fight Club auf die Förderung der IG Sport durch die Stadt Radolfzell zurückgreifen, um diese Umbauarbeiten zu finanzieren, müsste der Verein einen Pachtvertrag für mindestens 20 Jahre für die Immobilie unterschreiben, erklärt Tobias Adams. Ein finanzielles Risiko, welches der Vorstand nicht eingehen möchte. Denn die Corona-Pandemie habe allen gezeigt, wie schnell man von einem Mitglieder-Hoch wieder fallen könne. „Das können wir nicht verantworten, so hohe Rücklagen haben wir nicht, wir sind ein gemeinnütziger Verein“, so der Vorsitzende.
In einer der vergangenen Gemeinderatssitzung hatte Adams vor dem Gremium vorgesprochen, um die Lage seines Vereins zu erklären. Er bat um Hilfe bei der Suche nach einer neuen Trainingshalle für den Verein. Die Stadt wollte sich des Themas annehmen. Angeboten wurde ihm das leer stehende Fitnessstudio in der Tennishalle im Sportpark Mettnau. Allerdings nur mit einem monatlichen Mietvertrag. „Mit dieser kurzen Perspektive lohnt es sich für uns nicht, all unsere Geräte oder einen Mattenboden dort einzurichten“, sagt er.
In Singen werden neue Hallen gebaut
Für Tobias Adams und die anderen Mitglieder des Fight Club-Vorstandes geht der Blick ein wenig wehmütig nach Singen. Dort hat der Thai-Box-Club Singen diese Probleme nicht. Stadt und Sportbund haben dem Turnverein zwei Drittel einer neuen Geräteturnhalle spendiert, die dadurch frei werdenden Hallenkapazitäten kommen auch Ralf Hasenohr, Vorsitzender der TBC Singen, und seinem Verein zugute. „Da kann man schon neidisch werden“, so Adams.
Dennoch möchte der Vorsitzende des Fight Club Radolfzell nicht als Bittsteller auftreten. Für die monatliche Miete habe der Verein durchaus auch einen finanziellen Spielraum. Sie hoffen nur auf Angebote und Unterstützung bei der Hallensuche oder dem Umbau einer Halle, damit es für das Training passt. Denn trotz aller Vorsicht möchte der Verein auch an einem neuen Standort langfristig etwas aufbauen. Im Jahr 2026 feiert der Fight Club sein 25-jähriges Bestehen. Dieses würde der Verein gerne in neuen, größeren Räumlichkeiten begehen.