Kriege, Inflation, Klimawandel, zunehmend raue Töne auch in der Politik – die aktuelle Zeit führt den Menschen sehr deutlich vor Augen, wie unbeständig Sicherheit und Sorglosigkeit sein können und dass das Leben, an das sie sich gewöhnt haben, nicht zwingend Bestand haben muss. Für viele ist es da nicht einfach, Mut zu bewahren und hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken.
Überaus passend dazu hatte die katholische Kirchengemeinde in Radolfzell den kirchlichen Teil des Hausherrenfests in diesem Jahr unter das Motto „Pilger der Hoffnung“ gestellt. Und damit wieder hunderte Menschen zum Hochamt am Hausherrensonntag in das Münster gelockt, darunter auch Oberbürgermeister Simon Gröger, Bürgermeisterin Monika Laule, den Mooser Bürgermeister Patrick Krauss und den CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung.

Pilger auf dem Weg des Lebens
Mut zusprechen und Hoffnung wecken, das wollte Festprediger Niklaus Kuster aus Rapperswil, den Stadtpfarrer Heinz Vogel als „einer, der uns erinnert, was es einmal für eine Geschichte in unserer Stadt gab“ vorstellte. Denn Kuster ist Kapuzinermönch – und damit Bruder eines Ordens, der vor genau 400 Jahren das Kapuzinerkloster in Radolfzell gründete. Mittlerweile sind vom Kloster selbst nur noch Überbleibsel am Wein-Mayer-Areal übriggeblieben. Niklaus Kuster bewies dennoch, dass die Lehren der Mönche aber auch heute noch Bestand haben können.
Er erläuterte die Bedeutung der drei Knoten, die den Strick seiner Mönchkutte zieren. Diese stünden für das Loslassen, das Zulassen und das Einlassen – drei Dinge, die auch im Leben eines jeden Menschen wichtig seien. Als leidenschaftlicher Pilger verglich der Festprediger dabei auch den Weg des Lebens mit einem Pilgerweg. Wer pilgere, der brauche freie Hände. Das gelte auch für den eigenen Lebensweg: „Nur freie Hände können halten, teilen, schaffen und sich mit Menschen verbinden“, betonte Kuster.
Außerdem seien die freien Hände ein Zeichen für das Loslassen, das zum Leben dazu gehöre – sei es, wenn Erwachsene ihre Kindheit loslassen, Eltern ihre Kinder oder Menschen irgendwann einmal das Leben selbst. „Loslassen ist mit Abschied verbunden, aber auch mit Freiheit“, sagte er. Denn Abschied mache Platz für Neues. „Wer sich festklammert, der droht, stehenzubleiben.“ Weiter müsse ein Pilger ebenso wie jeder Mensch auf seinem Lebensweg seine Ziele im Blick behalten und neue Etappen im Leben zurückzulegen. Und das wagen und akzeptieren, was auf seinem Weg liegt: „Leben wird nur fruchtbar, wenn ich mich einlassen kann“, so der Kapuzinermönch.
„Ein Bekenntnis zum Leben“
Dass sich die Hoffnung auch im Hausherrenfest selbst wiederfinden lässt, darauf verwies Pfarrer Heinz Vogel mit Bezug auf das Hausherrenlied. „Wir sind Heiligen verbündet, Bürger einer bessern Welt“, heißt es da. Für Vogel ein Zeichen der Hoffnung: „Das ist ein Bekenntnis zum Leben.“ Ein Bekenntnis, das im Anschluss mit der Prozession durch die Straßen seinen Weg auch in die Stadt und zu den vielen Zuschauern am Wegesrand fand.