Das Problem der gestiegenen Verkehrsbelastung in der Kindlebildstraße zwischen Wollmatingen und dem Reichenauer Lindenbühl ist seit drei Jahren bekannt. Die Bürgerinitiative (BI) Eichbühl-Kindlebildstraße und Lindenbühl-Anwohner klagen immer wieder darüber.

Doch bis auf Tempo 30 seit April 2024 in Wollmatingen und beim Lindenbühl haben die Zuständigen – die Stadt und auf Reichenauer Gemarkung das Landratsamt – nichts unternommen. Die BI nimmt das nicht so einfach hin, sondern will weiter den Rechtsweg beschreiten, so deren Sprecher Harald Müller.

Allerdings beruft sich Tobias Lieber, der Anwalt der BI, jetzt nicht mehr auf die vertragliche Vereinbarung, die die BI im Jahr 2009 mit dem Regierungspräsidium Freiburg (RP) und der Stadt geschlossen hat, sondern auf den Planfeststellungsbeschluss zur Westtangente aus dem Jahr 2008 – und wendet sich an das RP als Planfeststellungsbehörde.

Laut Anwalt sollte die Fahrzeuganzahl hier fast halbiert werden

Als solche sei das RP berufen, berechtigt und verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu erlassen, um den Verkehr auf der Straße auf maximal 1900 Fahrzeuge am Tag zu reduzieren, meint der Anwalt. Im Jahr 2023 sei die Zahl bei durchschnittlich 3937 täglich gelegen, im Jahr 2024 bei 3339. Der leichte Rückgang liege daran, so der Lieber und Müller, dass es im Vorjahr von April bis Herbst in Wollmatingen wegen Kanalarbeiten eine Verkehrsbehinderung gab, was seit April 2025 wieder der Fall ist.

Laut der Zählstelle des Landes lag die Zahl im ersten Quartal 2025 bei durchschnittlich 3325, von Montag bis Freitag sogar bei 3625. Und im April und Mai ist die Zahl von Montag bis Sonntag ebenfalls über 3500 gestiegen. Zudem gebe es eine Zunahme des Schwerverkehrs, so Müller. Dieser habe laut Zählstelle des Landes von um die 40 Lastwagen täglich bis 2022 seither auf über 60 zugenommen, unter der Woche noch mehr.

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Das liege wohl an den Baustellen in der Umgebung, so Müller. Und dürfte noch mehr werden, wenn erst einmal die Arbeiten für die Baugebiete Hafner in Konstanz und Lindenbühl-West in Reichenau beginnen. Die Pressestelle des RP hatte im vergangenen Jahr erklärt, es sei seit der Herabstufung der Kindlebildstraße von einer Landes- zu einer kommunalen Straße nicht mehr zuständig, sondern die Stadt und das LRA.

Doch der Anwalt meint, aufgrund der Planfeststellung zur Westtangente sei das RP als zuständige Behörde trotzdem dazu berechtigt und verpflichtet, straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Und dies sogar unabhängig davon, ob dafür eine Grundlage in der Straßenverkehrsordnung oder eine Überschreitung irgendwelcher Grenzwerte wie Lärm bestehe, so die Rechtsauffassung des Anwalts.

Maximalzahl der Fahrzeuge schon lange und dauerhaft überschritten

Die BI hat nun am 15. Juli über Anwalt Tobias Lieber beim RP einen Antrag auf Vollzug der Planfeststellung gestellt. Und hat auch mit einer Verpflichtungsklage gedroht, falls über den Antrag nicht entschieden werde oder die angeordneten Maßnahmen unzureichend seien. BI-Sprecher Müller erklärt, das RP habe über die Einhaltung der rechtsgültigen Planfeststellung zu wachen und sei für deren Umsetzung zuständig.

Das komme der BI sogar entgegen, weil in der Vereinbarung mit RP und Stadt die Zahl von maximal 3100 Fahrzeugen festgelegt ist. Und auch diese wird nun schon lange und dauerhaft überschritten. Welche Maßnahmen ergriffen werden, sei Sache der Behörden, aber möglich wären durchgängig Tempo 30 oder auch bauliche Maßnahmen.

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„Das würde den Verkehr ausbremsen“, meint Müller. Und auch ein Lastwagen-Verbot. Denn das jetzige Tempo 30 habe bisher nur wenig gebracht. Zwischendrin darf auf rund 500 Metern 50 gefahren werden. „Auf dem Zwischenstück drücken viele aufs Gas. Tempo 30 hat den Durchfluss nicht so behindert.“ Durch die Baustelle in Wollmatingen habe der Verkehr zwar gefühlt etwas nachgelassen, aber abends gebe es teils Stau.

Und: „Die Zahl kann jederzeit wieder auf 3900 steigen“, meint Müller. Eine andere Vorgehensweise wäre es, den Protest auf die Straße zu verlegen. Einige Anwohner haben bereits Banner bei ihren Häusern aufgehängt, auf denen eine Verkehrsberuhigung gefordert wird.

Stadt gegen weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrs

Auf SÜDKURIER-Nachfrage erklärt die städtische Pressestelle – wie schon im Februar –, die Stadt sehe keine weiteren Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrs. „Die Eichbühl-Vereinbarung aus dem Jahr 2009 beinhaltet zudem keine weiter gehenden Ansprüche gegenüber der Stadt.“ Und erklärt – entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung – das Ziel der Vereinbarung sei es gewesen, „durch verkehrsberuhigende Maßnahmen die Lärmimmissionen zu senken und nicht eine bestimmte Verkehrsmenge festzuschreiben“. Das sei laut Gutachten erfüllt.

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Die Reichenauer SPD-Gemeinderätin Sandra Graßl-Caluk aus dem Lindenbühl bestätigt die Eindrücke der BI, dass das nur abschnittweise gültige Tempo 30 nicht viel gebracht habe. „Es ist keine spürbare Verbesserung der Verkehrssituation festzustellen.“ Dadurch seien auch die Lärm- und Umweltbelastungen „auf einem unverändert hohen Niveau“. Graßl-Caluk verweist zudem auf Gefahren und Sicherheitsrisiken, wenn man aus Einfahrten auf die Straße oder diese überqueren wolle. Letzteres sei besonders für Kinder schwierig.