Noch ist auf der Baustelle der L220 zwischen der Reichenauer Waldsiedlung und dem Konstanzer Stadtteil Wollmatingen nicht viel zu sehen. Seit Montag, 24. März, laufen dort aber die Arbeiten, um die Landesstraße auf einen schmaleren Weg zurückzubauen. Viele Anwohner, Pendler und sonstige Nutzer der Verbindung sind davon seit Jahren nicht begeistert.

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Schon seit Anfang Juli 2022 ist die Landstraße gesperrt. An ihrer Stelle soll ein asphaltierter Rad- und Wirtschaftsweg mit einer Breite von 3,50 Metern entstehen. Dieser soll sowohl von landwirtschaftlichen Fahrzeugen als auch von Radfahrern genutzt werden können.

Zudem wird am Knotenpunkt Wollmatingen die bestehende Ampelanlage erneuert und die Wegeführung für Fußgänger und Radfahrer übersichtlicher gestaltet. Die Kosten für die gesamte Umgestaltung belaufen sich auf rund 1,8 Millionen Euro, wie Matthias Heinrich, stellvertretender Pressesprecher des Regierungspräsidiums Freiburg (RP), auf SÜDKURIER-Nachfrage mitteilt.

So geht es auf der Baustelle voran

Derzeit konzentrieren sich die Bauarbeiten darauf, eine Bedarfsumleitung entlang der alten B33 einzurichten. Diese soll im Falle einer Sperrung des Waldsiedlungstunnels als Ausweichstrecke dienen, wie Matthias Heinrich weiter mitteilt. Dafür werden aktuell gelbe Leitmarkierungen angebracht und verkehrsrechtliche Anordnungen umgesetzt, wie die Bauleitung informiert.

Die Umleitungsstraße bei der alten B33 neben der Waldsiedlung: Hier soll die Fahrbahn nur in Teilen zurückgebaut werden, sodass die ...
Die Umleitungsstraße bei der alten B33 neben der Waldsiedlung: Hier soll die Fahrbahn nur in Teilen zurückgebaut werden, sodass die Straße weiter als Gemeindeverbindungsstraße genutzt werden kann. | Bild: Julian Schlecht

Bevor die Umleitungsstrecke am Dachsparkplatz in Teilen saniert werden kann, soll zunächst die darunter verlaufende Gashochdruckleitung überprüft werden. Nach Angaben des Regierungspräsidiums geht es dabei um die Frage, ob diese Leitung überhaupt mit schweren Baumaschinen befahren werden kann.

Für den weiteren Rückbau wird zunächst der Oberboden abgetragen. Wie die Bauleitung mitteilt, wird dabei auch der bestehende Asphalt auf mögliche Schadstoffe untersucht. Erste Analysen haben bereits belastete Teilbereiche identifiziert. Dennoch könne der Asphalt in der Regel zu etwa 70 Prozent recycelt und wiederverwendet werden.

Geteilte Meinungen über den Rückbau

Der Rückbau der L220 verändert die Verkehrsführung in der Region spürbar. Anwohner müssen künftig über die Westtangente ausweichen. Auch die Zufahrt zum Gewerbegebiet Waldsiedlung ist während der Bauphase eingeschränkt. Der Verkehr dort wird während der Bauarbeiten in einer Ringführung durch die Siedlung geleitet.

Anwohnerin Manuela Zeiner sieht den Rückbau der L220 dennoch überwiegend gelassen: „Den Menschen vor Ort geht es vor allem um Schnelligkeit – ich bin Rentnerin, ich habe Zeit“, sagt sie. Dass die Straße zurückgebaut wird, weil dadurch Naturflächen wiederhergestellt werden, findet sie grundsätzlich positiv.

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Eine konkrete Auswirkung habe sie dennoch gespürt: Durch die neue Ringführung sei inzwischen mehr Verkehr direkt im Dorf unterwegs. Gleichzeitig habe sich der Wert des Hauses ihrer Eltern in der Waldsiedlung durch die veränderte Lage gesteigert. Zeiner hofft nun, dass die Bauarbeiten bald abgeschlossen sind und wieder mehr Ruhe einkehrt.

Elfriede Drewniok, die nur wenige Häuser weiter wohnt, sieht das ganz anders. Sie hält den Rückbau der L220 für reine Augenwischerei: „Ich bin stinksauer. Jetzt dürfen wir die zwei Kilometer nach Wollmatingen nicht mehr direkt fahren und müssen einen Umweg von fünf Kilometern nehmen“. Die längere Strecke führe dabei unter anderem auch durch ein Wohngebiet, was die Menschen dort belaste.

„Ich bin stinksauer. Jetzt dürfen wir die zwei Kilometer nach Wollmatingen nicht mehr direkt fahren und müssen einen Umweg von fünf ...
„Ich bin stinksauer. Jetzt dürfen wir die zwei Kilometer nach Wollmatingen nicht mehr direkt fahren und müssen einen Umweg von fünf Kilometern nehmen“, sagt Elfriede Drewniok. | Bild: Michael Buchmüller

Anwohner fühlen sich im Stich gelassen

Dass die L220 jetzt zurückgebaut wird, sieht sie überaus kritisch. „Für die neue B33 wurden hektarweise Land kaputt gemacht und das soll nun durch ein paar Quadratmeter an der Landstraße wiedergutgemacht werden“, sagt sie. Auch die längeren Fahrwege hält sie im Sinne der CO₂-Bilanz für unsinnig.

Die bereits im Jahr 2007 beschlossene Entscheidung zum Rückbau hinterfragt sie deutlich: „Kann man so etwas nicht rückgängig machen?“ Vom Gemeinderat hätte sie sich mehr Einsatz für den Erhalt der L220 erhofft. Rückblickend sagt sie selbstkritisch: „Wir hätten uns ein bisschen stärker dagegen wehren sollen“.

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Tom Palmer in der Kindlebildstraße äußert sich in eine ähnliche Richtung: „Ich bin frustriert – die Bürger hier werden nicht ernst genommen“, meint er. Seit der Sperrung der L220 fahren nach seinen Angaben täglich rund 4000 Autos an seinem Haus vorbei. Auch die Bürgerinitiative Eichbühl weise immer wieder auf diese Belastung hin.

Die damit verbundene Lärmbelastung sei im Alltag deutlich spürbar: „Den vorderen Teil des Gartens kann man kaum noch nutzen, weil ständig Autos vorbeifahren. Man hört den Lärm sogar im Haus – das mindert die Idylle hier“. Sein Wunsch ist eindeutig: „Ich würde mir wünschen, dass es an unserer Straße weniger Verkehr gibt“. Der Rückbau der L220 wird dazu wohl eher weniger führen.