7.18 Uhr auf dem Gottmadinger Bahnhof. Eine riesige Menschenmasse, vorwiegend Schüler, lauert am Bahnsteig. Der rote Zug der Deutschen Bundesbahn Regio rollt durch den Nebel an. Er hält aber nicht mitten auf dem Bahnhof, sondern fährt etwas weiter. Schon bevor sich die Tür öffnet, gibt es ein Gerangel um vordere Plätze. Im Nu ist der Zug überfüllt. Die Türen schließen sich und der Zug fährt von dannen in Richtung Singen. Über 60 Schüler und einige Pendler bleiben auf dem Bahnhof zurück, weil sie keinen Einlass in den Zug bekommen haben. Es herrscht aber überwiegend frustrierte und trotzige Gelassenheit, nach dem Motto: „Dann fahren wir halt mit dem nächsten Zug.“ Einige Schüler machen sich aber schon Gedanken darüber, dass am dritten Schultag hintereinander viele von ihnen frühmorgens auf dem Bahnhof Gottmadingen stehen gelassen werden.
Kommentar: Hegauer Schüler müssen in Zügen Platz finden
"Gestern ist der versprochene Ersatzbus zum Einsatz gekommen, das hat mir der zuständige Gebietsleiter versichert", betont Bahnsprecher Werner Graf. Laut Feststellung des SÜDKURIER und anderer Augenzeugen gab es zwei gut besetzte Busse, die aber Richtung Gailingen und Gottmadingen Industriegebiet ausgeschildert waren, wie diese Fahrzeuge üblicherweise als Zubringer fungieren. "Es ist uns ein großes Anliegen, dass wir die Sache in den Griff bekommen", versichert Graf, dem es am Telefon anzumerken ist, dass ihn die Behebung der Misere ziemlich beschäftigt. „Es drohen Klassenbuch-Einträge, wenn wir öfters zu spät kommen, auch wenn wir daran nicht schuld sind“, sagt Philippe Westenfelder, der auf die Hohentwiel-Gewerbeschule geht. „Das wird von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich bewertet“, berichtete der Randegger Thorsten Graf. Er besucht die Zeppelin-Realschule in Singen.
„Die überfüllten Züge sind schon lange immer wieder ein Problem, nicht erst in diesen Tagen“, äußert Benjamin Janke seinen Unmut, als der Schüler des Hegau-Gymnasiums genauso wie Thorsen Graf auf den nächsten Zug wartet. Der kommt dann pünktlich und schnell ist der Bahnhof, den noch kurz zuvor eine große Masse von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bevölkerte, wie von Zauberhand leer gefegt. Thorsten Graf nimmt eine SÜDKURIER-Seite von der Samstagsausgabe mit, auf der ein großer Artikel über vorige Bahn-Panne steht – sozusagen als Entschuldigungsschreiben für die Schule.
„Wir versuchen, die Schulen und Eltern auf eine gemeinsame Linie zu bringen, um gegen die Missstände anzugehen“, sagt der geschäftsführende Leiter der Singener Schulen, Gerhard Schlosser. Es sei durchaus möglich, dass Lehrer individuell verschieden mit den Verspätungen umgehen. „Gerade bei Prüfungen ist es enorm wichtig, dass die Schüler bei Problemen mit Bus- und Bahnverbindungen sich bestätigen lassen, wenn es zu Verspätungen oder Ausfällen kommt“, betont Schlosser. Der Gottmadinger Bahnschalter ist aber schon viele Jahre lang geschlossen. Der SÜDKURIER-Artikel hat auf der SÜDKURIER-Facebook Seite Hegau-Echo mit über 50 000 Abrufen eine riesige Resonanz mit vielen Kommentaren ausgelöst (Infokasten).
Einige der Kommentare auf der SÜDKURIER-Facebook-Seite Hegau-Echo: "Das hatten wir schon mal, wir müssen zusätzliche Busverbindungen einrichten wie früher", schreibt Max Porzig. "Ein zusätzlicher Fahrkartenautomat auf Gleis 1 wäre genauso überfällig wie ein Aufzug, der mal ein Jahr lang keine Probleme macht", ergänzt er. "Das Problem mit den überfüllten Zügen und dass Schüler ihren Anschlusszüge in Singen verpassen, gibt es schon lange. Beschwerden werden bisher ignoriert, weil es heißt, es seien nur ganz wenige", berichtet Tanja Hitzler. "Das war schon vor zehn Jahren ein Problem", so Jasmin Svegi Stengele.