Es sind die vielen Facetten, die den Künstler Gero Hellmuth auszeichnen: Mal ist es die spitzbübische Karikatur, mit der er sein Publikum erfreut, mal sind es bedeutungsschwere Pinselstriche, mit denen er zum Nachdenken anregt, und hin und wieder war es der Dudelsack, mit dessen Tönen er gerne die Schüler, während seiner Lehrtätigkeit am Hegaugymnasium unterhielt.

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Jetzt feiert er seinen 80. Geburtstag. Am Dreikönigstag 1940 erblickte er im mecklenburgischen Neustrelitz das Licht der Welt und auch wenn dieser Ort nicht lange seine Heimat war, ist die Bindung nach Osten bis heute eine wichtige Achse im Leben des Pensionärs, der nicht aufhören kann, Kunst zu produzieren. 2004 wurde ihm der Kulturförderpreis in Singen überreicht. Gerade plant er eine Ausstellung in Görlitz, einer besonderen Stadt an der Grenze Sachsens zu Polen.

Der Singener Künstler Gero Hellmuth, der in der Hohentwielstadt das Projekt stemmt, in seinem Atelier.
Der Singener Künstler Gero Hellmuth, der in der Hohentwielstadt das Projekt stemmt, in seinem Atelier. | Bild: SK-Archiv

Fünfjährig erlebte er als Kriegskind nach dem 2. Weltkrieg die Flucht vor der heranrückenden Roten Armee und weiß um das Elend der Flüchtlingskinder. „Nie wieder Krieg!“, diesen Ruf der Erwachsenen hörte er als Kind immer wieder. Vor diesem Hintergrund realisierte er 2003 mit dem israelischen Komponisten Joseph Dorfman in Berlin und Singen das deutsch-jüdische Projekt „Dass sie leben“, sowie 2015 das deutsch-polnische Projekt „Dass man mit ihnen redet“ mit dem Komponisten Micha Dobrzyski aus Polen. Dieses Projekt wurde 2017 in Saarbrücken und 2018 in Berlin und Stettin fortgeführt. Dem begeisterten Dudelsackspieler liegt die Verknüpfung von Malerei und Musik ebenso am Herzen, wie die Verbindung von Kunst und Gesellschaft. „Vielleicht schafft die Kunst, was die Politk nicht schafft“, erläutert er sein Konzept, das er nimmermüde weiter verfolgt. In Stettin lobte Laudator Bogdan Twardochleb vor zwei Jahren den Künstler als einen, der sich mit den pulsierenden Problemen des modernen Alltags auseinandersetzt. Auch in Hilzingen erregte die Bilderfolge „Schrei der Kriegskinder“ zur Kirchweih 2017 angesichts des aktuellen Zustroms von Flüchtlingen nach Europa Aufsehen.

Auch in Hilzingen erhielt Hellmuth (Mitte) zur Kirchweih-Ausstellung eine große Bühne für seine Kunst. Hier mit Laudator Peter Renz (l.) ...
Auch in Hilzingen erhielt Hellmuth (Mitte) zur Kirchweih-Ausstellung eine große Bühne für seine Kunst. Hier mit Laudator Peter Renz (l.) und dem Vorsitzenden des Förderkreis Kunst und Kultur in Hilzingen, Bernhard Hertrich (r.) vor Hellmuths Bild „Kriegskinder – Schrei I“. | Bild: Trautmann, Gudrun

Von Saarbrücken bis Stettin reicht die künstlerische Landkarte, die Hellmuth mit seinen Zyklen zu Leid und Aussöhnung bespielt hat. Ein bleibendes Werk dieses Anspruchs ist das „Kreuz der Arbeitslosen“, das 1993 entstand und im Besitz der Evangelischen Arbeitnehmerschaft (EAN) zunächst in der Fußgänger-Zone aufgestellt wurde und je nach Aktualität den Standort vor verschiedenen namhaften Firmen anlässlich drohender oder durchgeführter Entlassungen wechselte. Derzeit steht es bei der Peter-und-Paul-Kirche an der Ekkehardstraße.

Das Kreuz der Arbeitslosen bei einem Ausflug nach Konstanz, wo damals der Pharmakonzern Nycomed Massenentlassungen ankündigte.
Das Kreuz der Arbeitslosen bei einem Ausflug nach Konstanz, wo damals der Pharmakonzern Nycomed Massenentlassungen ankündigte. | Bild: SK-Archiv

Sein Abitur hat Hellmuth in Stuttgart gemacht, sein Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei den Professoren Klaus Arnold, Peter Dreher, Gottfried Meyer absolviert. Daran hat sich ein Studium der Kunstwissenschaft und Philosophie in Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart angeschlossen, bevor er 1971 seine Heimat in Singen gefunden hat, wo er über Jahrzehnte als Kunsterzieher den Schülern am Hegaugymnasium die große Kunst erläuterte und immer wieder einmal mit seinem dicken, grünen Edding die Pläne durchkreuzte, noch schnell die Hausaufgaben für die nächste Schulstunde nachzuholen.

Der Singener Künstler Gero Hellmuth legt noch einmal letzte Hand an. Für den Poppele-Narrenspiegel hat er seit vielen Jahren die ...
Der Singener Künstler Gero Hellmuth legt noch einmal letzte Hand an. Für den Poppele-Narrenspiegel hat er seit vielen Jahren die Bühnenbilder gemalt. | Bild: Tesche, Sabine

In Singen hat er auch die Nähe zur Narretei entdeckt und gestaltet seit vielen Jahren nicht nur alljährlich Bühnenbilder zum Narrenspiegel, sondern hat auch Zunftschüür und -schopf mit seinen Fasnetsfiguren gestaltet. Auch die laufende Serie der Narrenplaketten hat er gestaltet.

Der Künstler bei der Arbeit: Gero Hellmuth gibt der Bronzefigur des Eierwiebs den letzten Schliff für den Singener Narrenbrunnen.
Der Künstler bei der Arbeit: Gero Hellmuth gibt der Bronzefigur des Eierwiebs den letzten Schliff für den Singener Narrenbrunnen. | Bild: Fasnachtsmuseum

Ein besonderes Geschenk konnte er sich und den Singenern vor zehn Jahren zum 70. Geburtstags machen: Damals verwirklichte er sich einen Lebenstraum und setzte den Singener Erznarren mit dem Narrenbrunnen auf dem Hohgarten ein bleibendes Denkmal. 2014 folgte die lebensgroße Skulptur des Dichters Viktor von Scheffel im Singener Stadtgarten. Weitere Pläne dürften folgen.

Singens neues Kunstwerk: Gero Hellmuth (li) schuf den Bronze-Scheffel. Spendiert wird das Dichter-Denkmal von Veronika und Emil ...
Singens neues Kunstwerk: Gero Hellmuth (li) schuf den Bronze-Scheffel. Spendiert wird das Dichter-Denkmal von Veronika und Emil Netzhammer aus Singen. | Bild: unbekannt