Zwei Männer fahren Bus: an sich noch keine Nachricht, die einen Artikel im SÜDKURIER rechtfertigen würde. Anders gestaltet sich die Sache, wenn man erfährt, dass sich die Beiden zum Ziel gesetzt haben, an einem Vormittag möglichst viele der zehn Singener Buslinien abzufahren und auf Verbesserungsbedarf hin zu überprüfen. Genau das haben Eberhard Röhm und Roland Schlatter getan.

Röhm sitzt für die Grünen im Gemeinderat. Für den Fall, dass ihm bei seinem Bustest etwas entgehen könnte, habe er sich einen Experten mit an Bord geholt, erklärt er dem SÜDKURIER. Seine Wahl fiel auf den pensionierten Nahverkehrsplaner Roland Schlatter, der in der Vergangenheit selbst Fahrpläne für die SGB konzipiert hat.

Was läuft gut?

Die wichtigste Nachricht zuerst: Auch wenn die selbsternannten Tester bewusst nach Problemen geschaut haben, konnten sie gar nicht so viele entdecken. Trotz der Ferienzeit seien die Busse gut genutzt worden, blickt Roland Schlatter zurück. Nicht verwunderlich: „Das Netz ist so aufgebaut, dass man aus allen Ecken Singens vergleichsweise schnell in die Innenstadt kommt.“ Da die Busse zwischen Nord- und Südstadt in einer Achterschleife verkehren, sei es sogar möglich, ohne Umsteigen eine komplette Stadtrundfahrt zu machen – ein klares Plus!

Noch kommt es aufgrund der Baumaßnahmen in der Innenstadt regelmäßig zu Verspätungen.
Noch kommt es aufgrund der Baumaßnahmen in der Innenstadt regelmäßig zu Verspätungen. | Bild: Tesche, Sabine

Auch für den Zustand der mit moderner Klimatechnik und W-Lan ausgestatteten Fahrzeuge haben Röhm und Schlatter nur Lob übrig. Erhöhte Trottoirs würde problemloses Einsteigen ermöglichen. „Und im Inneren hat es genug Platz, auch für Fahrgäste mit Rollatoren“, betont Schlatter.

Hier hakt es noch

Aufgrund der Cano-Arbeiten und der Umbaumaßnahmen am Busbahnhof käme es derzeit zu – aus Röhms Sicht – unvermeidlichen Verspätungen. Eher vermeidlich finden die beiden Tester dagegen, dass die Linie 7 nur einmal pro Stunde am Bahnhof Industriegebiet haltmacht. Eberhard Röhm erinnert daran, dass täglich 17.000 Einpendler nach Singen kommen. Denjenigen, die den Seehas nutzen, um dann vom Bahnhof Industriegebiet ihre Arbeit bei einem der großen Singener Betriebe anzusteuern, müsse man eine bessere Bustaktung anbieten.

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Das aus Röhms Sicht vielleicht wichtigste Testfazit lautet aber: „Das Busangebot ist bereits attraktiv, wir müssen es nur stärker bewerben.“ Röhm und Schlatter schwebt vor, interessierten Singenern eine Gratis-Testwoche zu ermöglichen, um so die Vorzüge des Bussystems wirklich erfahrbar zu machen.

Der Blick voraus

Zunächst gelte es, die Ergebnisse des in Auftrag gegebenen Mobilitätskonzepts abzuwarten, betont Röhm. Er geht aber davon aus, dass die Stadtverwaltung einen Vorschlag machen wird, was ein Schwachlast-Ticket angeht. Gemeint ist damit, dass man den Einzelfahrschein in Zeiten, in denen der Bus nicht ganz so stark ausgelastet ist, verbilligt anbietet.

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Den ÖPNV in Singen komplett kostenfrei zu gestalten, hält Röhm für nicht sinnvoll. Ziel könne es nicht sein, Menschen, die sonst zu Fuß gehen oder Radfahren in die Busse zu bringen: „Besser finde ich es, Zeitfahrkarten schrittweise weiter zu verbilligen.“

Parken könnte teuer werden

Was eine Busnutzung bald noch interessanter machen könnte: Röhm geht davon aus, dass es statt zweier Parktarife in absehbarer Zeit zu einer Vereinheitlichung kommen wird. Dass es sich dabei nicht um den billigeren der beiden Tarife handeln wird, dürfte außer Frage stehen.

Nicht die einzigen Testfahrer: Weitere Ideen für den Busverkehr

Grünen-Politiker sind nicht die einzigen, die sich in Singen Gedanken über die Zukunft des städtischen Busverkehrs machen.

  • Positives Echo: „Auch wir haben im Rahmen des Wahlkampfs eine Bustour gemacht“, berichtet SPD-Stadtrat Hans-Peter Storz. Verschiedene Kandidaten hätten die Linien abgefahren und bewusst das Gespräch mit Pendlern gesucht. „Das Echo war relativ positiv“, blickt Storz zurück. „Natürlich gab es Einzelne, die mit der Umbausituation am Busbahnhof unzufrieden waren, weil es zu Verspätungen kommt und nicht immer klar ist, wo einzelne Busse abfahren.“ Positiv hätten die Fahrgäste allerdings die erhöhten Trottoirs und das damit verbundene barrierefreie Einsteigen bewertet.
  • Tickets noch preiswerter: Auch in den Ortsteilen hätten sich Buskunden zufrieden mit der Taktung gezeigt. „Natürlich ist mehr immer wünschenswert. Insgesamt sehen die Leute aber, dass es in Singen beim Thema Busverkehr voran geht.“ Als Partei wünsche man sich, dass das im Hinblick auf den Klimaschutz auch so bleibt. Für Storz wäre es nur konsequent, den Busverkehr auf lange Sicht noch kostengünstiger zu machen. „Man sieht am Beispiel anderer Städte, dass Menschen den Nahverkehr stärker annehmen, wenn die Preise billiger werden.“ Der SPD-Stadtrat glaubt, dass eine Mehrheit im Gemeinderat offen dafür wäre, Einzeltickets zum Preis von einem Euro zumindest zu testen, sobald der neue Busbahnhof steht. „Das wird etwas sein, das wir als Gemeinderat diskutieren müssen“, betont Storz.