Von der großen Show hält Michael Brauch wenig. "Ich brauche keine Gummi-Drachen auf der Bühne", sagt er und lacht. Wichtiger ist ihm Ehrlichkeit. Der großgewachsene Mann möchte sich über seine Musik authentisch ausdrücken. Er bezeichnet sie als einen Rettungsanker in seinem Leben.

Im Besonderen gilt das für Rockmusik. Sie begleitet den Singener Songschmied schon seit fast drei Jahrzehnten. Und mit seinem langjährigen Bandprojekt Off & Init hat Michael Brauch ihre Bandbreite von Alternative Rock über Funkrock bis hin zu Nu Metal und Progressive Rock beinahe komplett erkundet. In den vergangenen Jahren konnte er dann als Frontman von Acoustical South Rockstars wie Uriah Heep oder Whitesnake persönlich kennenlernen. Fünf Mal schon spielte der Sänger und Songschreiber beim Hohentwiel-Festival mit den ganz Großen mit.

Begonnen hat die Musikkarriere von Michael Brauch, den Freunde und Fans "Rezzo" nennen, aber fernab der Festung: im eigenen Kinderzimmer. "Mit neun hatte ich zum ersten Mal eine Gitarre in der Hand", blickt Brauch zurück. Als frisch gebackener Teenager, spürte er mit 13 Jahren, dass es ihm half, seine Gefühle in Liedform zu fassen. "Erst zwei Jahre später habe ich mich dann getraut, auch in der Öffentlichkeit zu singen", erinnert er sich. Heute ist Brauch 42 Jahre alt, verheiratet und selbst Vater von zwei Kindern. Noch immer hilft ihm die Musik dabei, zu verarbeiten, was ihn bewegt.

Der Musikstil seiner Wahl: Grunge – jene Spielart des Rock, die Anfang der 1990er Jahre Bands wie Nirvana an die Spitze der Charts hiefte. Bis heute ist Brauch nicht nur Musiker sondern auch Fan. Seine Augen leuchten, wenn er von dem Konzert in Amsterdam erzählt, bei dem er Pearl Jam Sänger Eddie Vedder live erleben durfte. Auch an die Anfänge seiner eigenen Grunge-Geschichte erinnert er sich genau. "Mein Bruder ist fünf Jahre älter", erzählt er. "Als ich noch jünger war, arbeitete er in einem Radiogeschäft und brachte regelmäßig Promo-Platten und CDs mit nach Hause." Der junge Michael durfte mithören, wenn auf dem Plattenspieler der Familie Songs von AC/DC, Kiss und Konsorten die Runde machten. Eines Tages hatte sein Bruder dann eine besondere Scheibe im Gepäck. "Ich lag auf dem Bett, als er mir das Pearl Jam Debütalbum, "Ten", zuwarf", erinnert sich Brauch. "Ich weiß noch genau, wie ich den Titelsong zum ersten Mal abgespielt habe – ein magischer Moment!"

Der reduzierte Klang des Grunge, der verzerrte Gitarrensounds mit schonungslos ehrlichen Texten kombiniert, inspiriert den Songwriter nach wie vor. Viele der Lieder von Acoustical South, die, wie Brauch sagt, meist "beim Rumklimpern" im Wohnzimmer entstehen, können eine klangliche Verwandtschaft zu denen der Grunge-Größen Pearl Jam oder Soundgarden nicht verleugnen. Brauch beobachtet, dass diese Art Musik im Hegau von einer ganz bestimmten Zielgruppe gefeiert wird. "Oft sind unserer Zuhörer um die 40. Es sind Menschen, die sich darüber freuen, dass jemand eigene Musik macht und nicht nur das Standard Spektrum abspult."

Meistens begrenzt sich die Zuschauerzahl an einem solchen Abend auf etwa 100 Zuschauer. Brauch stört das nicht. Es würde ihm zwar gefallen, wenn er seine Lieder mit den musikalischen Mitstreitern von Acoustical South über die Grenzen der Region hinaus in die Welt tragen könnte. Wichtiger ist es ihm aber, mit seinen Texten und Melodien Menschen anzusprechen und zu bewegen. "Da ist es mir dann auch egal, ob da zehn Nasen vor der Bühne stehen oder 10.000", meint er mit einem Augenzwinkern.

Natürlich registriert er, dass sich der kommerzielle Erfolg seiner Gruppe vergrößern würde, wenn man sich auf das Nachspielen bekannter Festzeltklassiker verlagern würde. Doch davor graut es Michael Brauch. "Mit meiner Vorstellung von Musik hat das nichts zu tun. Es geht doch darum, kreativ zu sein und etwas eigenes entstehen zu lassen." Daran arbeitet er auch im Moment, mit gewohnter Intensität. Parallel zu den letzten Auftritten der Konzertsaison bereiten Acoustical South die Aufnahme einer neuen CD vor. Die Lieder dazu sind bereits fertig. Wie immer sind es typische Brauch-Kompositionen: Energiegeladen und vor allen Dingen: ehrlich.

Die Serie

Der SÜDKURIER erkundet, welche Musik unsere Region prägt. Dazu haben wir die unterschiedlichsten Künstler in Singen und Umgebung besucht. Wir haben sie gefragt, was sie inspiriert und welchen Einfluss ihre Heimat auf die Klänge hat, die sie ihren Instrumenten entlocken – vom Alphorn bis zur E-Gitarre. Damit Sie tatsächlich hören können, wie der Hegau klingt, haben wir diese Erkundungsreise mit einer Videokamera begleitet. Nach Panflötist Mathias Klingler stellen wir heute Sänger Michael Brauch vor. Mehr Infos zu ihm unter: www.acousticalsouth.de.

Im ersten Teil der Serie erzählt Mathias Klingler wie er zu seinem Panflöten-Studium kam und was ihn an dem Instrument so sehr fasziniert.