Wie vielfältig die Aktivitäten des Hegau-Geschichtsvereins (HGV) gestreut sind, zeigte die Auflistung bei der Mitgliederversammlung in der Stadthalle. „Dank der großen Zahl aktiver Mitglieder konnten wir für das Jahr 2019 wieder ein reichhaltiges Programm zusammenstellen“, nannte Vorsitzender Wolfgang Kramer 59 Veranstaltungen zum Themenschwerpunkt „Kulturlandschaft Hegau“. Darunter waren Vorträge, Burgführungen, Wanderungen und Fahrten zu historischen Stätten.

„Deutschland ist Einwanderungsland“

Nah am Zeitgeschehen hat sich der HGV für 2020 den Themenschwerpunkt „Menschen in Bewegung – Migration“ gesetzt. Was dieser Begriff beinhaltet, machte Mathias Beer, Geschäftsführer des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen, in seinem Vortrag „Baden-Württemberg – Eine Zuwanderungsgeschichte“ im Anschluss an die Versammlung deutlich.

Auch wenn es politisch in Abrede gestellt werde: „Deutschland ist ein Einwanderungsland schlechthin“, bekräftigte Beer. Dabei zeichnet sich gerade der deutsche Südwesten durch eine reiche Migrationsgeschichte aus. Besonders in der Zeit nach Kriegsende 1945 kamen durch Zwangswanderungen Millionen Menschen nach Deutschland.

Zahlreiche Zuwanderer seit dem Krieg

Zu den Zwangsarbeitern, die nach Gründung der Bundesrepublik in Baden-Württemberg blieben, mussten nach Kriegsende 1945 rund 12,5 Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene aufgenommen werden. Davon kam der größte Teil mit etwa acht Millionen Menschen in die westlichen Besatzungszonen.

Ihnen folgten seit den 1950er Jahren die als Arbeitsmigranten angeworbenen Gastarbeiter, im Jahr 1970 wurde in Stuttgart der 500 000ste begrüßt. Durch den Nachzug ihrer Familien stieg die Zahl. Zudem kamen von 1950 bis 2012 gesamt 4,5 Millionen Aussiedler zurück nach Deutschland. 1956 wurden Flüchtlinge aus Ungarn aufgenommen, 1994 brachten die Kriege in Jugoslawien zahlreiche Menschen in die Bundesrepublik.

Trotzdem sinkt die Bevölkerungszahl

Trotz dieser Zuwanderungen verzeichnete das Statistische Bundesamt 2009 mit unter 82 Millionen Einwohnern einen Rückgang der Gesamtbevölkerung. Dazu trage auch das Ungleichgewicht Tod und Geburt bei, so Beer. Auch mit der Aufnahme von 1,5 Millionen Flüchtlingen 2015 hat sich die Zahl nicht verändert. Die Statistik weist für das Jahr 2018 eine Gesamtbevölkerung von 81,6 Millionen aus, darunter 25,5 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund.

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In Baden-Württemberg sind es fast 70 Prozent. Für Beer eine Größe, die nicht viel aussagt: „Wir müssen alle Gruppen im Blick haben, die Vertriebenen nach dem Krieg sind als Zuwanderer in der Statistik nicht aufgeführt.“ Zählte man sie dazu, würde der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund über die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.