Die Stimmung am Busbahnhof in Radolfzell wirkt entspannt. Kein Wunder: Der Ersatzbus nach Singen steht schon bereit – 15 Minuten vor der Abfahrt. Züge fahren schon seit Dienstagnachmittag, 3. Juni, nicht mehr in die Richtung. Ein Schaden an der Oberleitung am Bahnhof Singen hat den Verkehr lahmgelegt. Die Bahnunternehmen haben deswegen mehrere Ersatzbusse für die betroffenen Strecken eingerichtet. Nach dem anfänglichen Chaos stellt sich die Frage: Läuft der Ersatzverkehr am vierten Tag inzwischen besser?
Frust bei Pendlern
Ich mache den Selbsttest mit einem Ersatzbus, der am Freitag, 6. Juni, um 8.15 Uhr in Radolfzell abfahren soll – und bin überrascht: Auf dem Bussteig ist es ziemlich leer. Eine der wenigen, die den Bus ebenfalls nutzen möchte, ist Beatrice Gischas. Die Güttingerin muss nach Singen zur Arbeit fahren. Sie hat den Ersatzverkehr seit Dienstag schon öfter genutzt und bislang keine so guten Erfahrungen gemacht.
Gerade am Anfang sei über die Abfahrtszeiten des Schienenersatzverkehrs nicht genug kommuniziert worden. Am Donnerstag musste sie beispielsweise 40 Minuten warten, bis ein Bus kam. Frustrierend sei auch, dass bislang nicht absehbar ist, wann wieder Normalbetrieb herrscht. „Ich habe gehofft, die Situation geht schneller vorbei“, sagt die Güttingerin.
Verbesserung nach Chaos am Dienstag
Immerhin scheint sich der Schienenersatzverkehr am dritten Tag nach der Beschädigung des Strommastes deutlich verbessert zu haben. Der Ersatzbus fährt pünktlich um 8.15 Uhr ab und es gibt mehr als genug Platz für alle: Gerade einmal zehn Fahrgäste verteilen sich auf die Sitzreihen.
Am Dienstag sah die Situation kurz nach dem Unfall noch ganz anders aus. Da war der Andrang auf die Busse so groß, dass viele Reisende nicht mehr einsteigen konnten. Außerdem fehlte es auch am Mittwoch noch an einer klarer Beschilderung, wohin die Busse fahren und wann der nächste Ersatz kommt.
Die Stimmung in den Bussen hat sich seitdem ebenfalls verbessert. Während es zu Beginn eher angespannt zuging, läuft jetzt am Freitag alles ruhig ab. Busfahrer Lukas Capelli erlebt das ähnlich. Er ist seit Mittwoch für den Ersatzverkehr im Einsatz und hat beobachtet, dass es in den vergangenen Tagen voller und etwas chaotischer war.
„Heute ist es ganz entspannt, weil es sich jetzt eingependelt hat“, sagt der Busfahrer. Seiner Beobachtung nach wissen die Leute inzwischen, wie der Schienenersatzverkehr abläuft.
Noch läuft nicht alles rund
Der Bus von Radolfzell nach Singen fährt ohne Zwischenhalt durch und kommt pünktlich um 8.32 Uhr vor dem Maggi-Werk an. Mit dem Zug wäre die Fahrt etwa acht Minuten kürzer gewesen. Neben der Verbindung, die ich genutzt habe, gibt es auch Ersatzbusse von Radolfzell nach Singen, die in Böhringen und im Singener Industriegebiet einen Zwischenstopp machen. Pendlerin Gabi Weihrauch sagt dazu, ihre Verbindung sei heute zwar ein bisschen verspätet gewesen, „aber ansonsten kann ich mich nicht beklagen“.
Vor Ort zeigt sich jedoch, dass noch nicht alle Ersatzverbindungen gut funktionieren: Der Bus nach Engen ist offenbar verspätet. Stefanie Pächter ärgert das: „Das ist scheiße. Die Ersatzverbindung hat bisher immer schlecht funktioniert.“
Sie sei deswegen in dieser Woche schon häufiger zu spät zu ihrer Arbeit in Mühlhausen-Ehingen gekommen. Zudem ärgere sie, dass niemand vor Ort ist, den sie bei Fragen zum Schienenersatzverkehr ansprechen kann.
Bahnchaos bis in die Pfingstferien
Pendler wie Stefanie Pächter müssen noch einige Tage Geduld haben. Die Deutsche Bahn schreibt in ihrer App inzwischen, dass Fahrgäste voraussichtlich bis Dienstag, 10. Juni, mit Einschränkungen rechnen müssen. Auf der Internetseite der SBB ist von mindestens Montag, 9. Juni, die Rede, bis der Zugverkehr wieder normal rollen kann.
Für das Pfingstwochenende hat die SBB weitere Busse eingerichtet, wie dem Ersatzfahrplan auf der Internetseite zu entnehmen ist. Für den Rhyhas zwischen Singen und Schaffhausen setzt die SBB ebenfalls Ersatzbusse ein, die zwischen Singen und Gottmadingen nötig sind. Auch für Fernverkehr wie die Schwarzwaldbahn und die Gäubahn gibt es Ersatzverkehr – allerdings müssen Fahrgäste generell mehr Zeit einplanen.
