Wer einen Spaziergang entlang der Aach macht, kann an so manchen Stellen angeknabberte Baumstämme entdecken – da war der Biber am Werk. In Singen und den umliegenden Ortsteilen ist er nach Angaben der Stadt Singen ein immer häufiger sichtbares Tier. Aber auch in den Hegau-Gemeinden kommt es immer häufiger zu Bibersichtungen. Gerade im Winter fällt der Biber Gehölze, weil er sich zu dieser Jahreszeit vor allem von Baumrinde ernährt.
Aber nicht nur der Biber und seine Bissspuren sind zu finden, sondern auch seine Dämme. Diese sollen den Wasserspiegel erhöhen, damit der Biber sich einen sicheren Zugang zu seiner sogenannten Burg verschaffen kann, so die Pressestelle Singen. Denn der Eingang der Wohnhöhle müsse unterhalb der Wasserlinie liegen, wie Marlene Pellhammer vom Landratsamt Konstanz mitteilt. „Einerseits schützt das Wasser seinen Bau gegen kalte Luft und andererseits gegen Fressfeinde“, so die Pressesprecherin. Deshalb befinde sich der Lebensraum des Bibers immer am Gewässer.
Wo der Biber zu finden ist
Im Landkreis Konstanz ist der Biber flächendeckend vertreten, sagt das Landratsamt Konstanz. Was die Region um Singen angeht, könne generell davon ausgegangen werden, dass der Biber die gesamte Radolfzeller Aach und angrenzende Gewässer besiedelt. Vor allem entlang des Aachwegs zwischen Singen und Beuren seien zahlreiche Bissspuren zu entdecken, ergänzt die Stadt Singen. Der Pressesprecher Stefan Mohr betont allerdings: „Genaue Ortsangaben und Karten werden von uns aus Gründen des Landschafts- und Artenschutzes nicht herausgegeben.“
Seit der Rückkehr des Bibers in den 80er Jahren nehme die Zahl der Biber im Landkreis zu, so das Landratsamt Konstanz. Vor allem in den vergangenen Jahren sei die Anzahl an bekannten Biberrevieren stetig gestiegen. Eine genaue Zahl der Individuen sei jedoch nicht bekannt.
Der Biber ist nützlich und problematisch zugleich
Dass es immer mehr Biber in der Region gibt, kommt der Umwelt zugute. Denn die kleinen Nager könnten dem Landratsamt Konstanz zufolge Bachläufe so verändern, dass die Landschaft bei Starkregen mehr Wasser zurückhalten könne als künstliche und teilweise noch betonierte Gräben. „Außerdem können Feuchtbiotope entstehen, die nach wenigen Jahren eine enorme Artenvielfalt aufweisen können. So stellen sie einen Gewinn für Natur und Landschaft dar“, heißt es weiter.
Aber gleichzeitig sorgt der Biber auch für Probleme. Laut Pressesprecherin Marlene Pellhammer würden durch Biberdämme Gewässer aufgestaut. Das könne Auswirkungen auf die Infrastruktur von Straßen, Bahndämmen und Trinkwassereinrichtungen haben. Und auch landwirtschaftliche Flächen können betroffen sein: Insbesondere in den Aachniederungen führen Biberdämme immer wieder zu Vernässungen, so Pellhammer.
Biber gefährden temperaturempfindliche Fischarten
Als Gewässerwart hat Sergej Ullmann am Aachufer in Bohlingen schon häufiger Probleme mit Bibern gehabt. Seiner Ansicht nach breite sich der Nager sehr stark und unkontrolliert weiter aus. Und das habe Folgen, wie er erzählt: „Biber knabbern an den Bäumen und fügen ihnen somit einen enormen Schaden zu. Die Bäume am Gewässer sind ein wichtiger Schutz gegen Sonneneinstrahlung und Uferstabilität.“ Ohne Schattenplätze steige die Wassertemperatur. Temperaturempfindliche Fischarten wie Forelle, Äsche und Saibling würden sehr darunter leiden und schlimmstenfalls sogar daran sterben. Ehrenamtlich versucht Ullmann mit seinen Kollegen möglichst viele Bäume zu retten und neu zu pflanzen, um den Schatten zu erhalten. Doch er macht sich Sorgen: „Wenn die Ausbreitung vom Biber nicht bald gestoppt wird, verlieren wir die zuvor genannten Fischarten ganz aus unserem Gewässer.“

Wenn Mensch und Tier sich begegnen
Doch es ist schwer, etwas gegen den Biber zu unternehmen. „Der Biber ist ein sehr scheues Tier, welches in der Regel die Flucht ergreift. Dennoch sollte ein Aufeinandertreffen vorsorglich vermieden werden“, sagt Marlene Pellhammer. In den vergangenen Monaten käme es allerdings zu ungenehmigten Eingriffen an Biberdämmen, bei denen teils ganze Dämme entfernt worden seien, wie die Stadt Singen mitteilt.
Das Landratsamt Konstanz weist deshalb darauf hin, dass der Biber und sein Lebensraum gesetzlich geschützt sind: „Demnach ist es verboten, dem Biber nachzustellen, zu fangen, zu töten oder in seinen Lebensraum einzugreifen, in dem Biberdämme entnommen werden oder eine Biberburg zerstört wird.“ Bei einem solchen Eingriff handle es sich um eine Straftat, das Strafmaß bemesse sich am Einzelfall. Generell sei aber mit hohen Bußgeldern zu rechnen, ergänzt die Stadt Singen.
Das macht das Bibermanagement
Um solche Konflikte zwischen Mensch und Tier zu verhindern, hat der Landkreis Konstanz ein Bibermanagement aufgebaut. Darum kümmern sich laut dem Landratsamt acht ehrenamtliche, geschulte Biberberater. Auch Bauhofmitarbeiter würden den Umgang mit potenziell auftretenden Konflikten erlernen. Darüber hinaus bietet der Landkreis kostenloses Material für Baumschutz gegen Biberverbiss an. Wer davon betroffen ist, sollte sich frühzeitig an die Kontaktstelle (Biber@LRAKN.de) wenden, die 2023 von der Unteren Naturschutzbehörde eingerichtet wurde. „Auch bei Vernässungen durch Biberbauwerke erhalten Betroffene Hilfe durch Biberberater sowie durch Behörden“, teilt das Landratsamt mit. Die Stadt Singen unterstützt das Bibermanagement bei der Umsetzung der Maßnahmen – beispielsweise beim Anbringen von Gittern und künstlichen Abflüssen, sogenannten Dammdrainagen.