Elektrisch unterstützte Tretroller – neudeutsch auch E-Scooter genannt – sind ein vergleichsweise neuer Trend in der Mobilität. Und seit April gibt es auch in Singen ein Leihsystem für E-Scooter. Die Fahrzeuge mit der markanten orangenen Farbe, die von der Firma Zeus bereitgestellt werden, sind im Straßenbild mittlerweile auffällig. Derzeit läuft eine einjährige Testphase, an deren Ende darüber entschieden wird, ob das Unternehmen seinen Dienst weiterhin in Singen anbieten darf.
Wie ist es in den ersten Monaten der Testphase gelaufen? Der städtische Mobilitätsbeauftragte Axel Huber gab den Mitgliedern des Gemeinderatsausschusses für Stadtplanung, Bauen und Umwelt (SBU) kürzlich einen Überblick. 100 Fahrzeuge des Unternehmens sind demnach in Singen verfügbar.
Strenge Regeln für die Nutzung der Leihfahrzeuge
Die von manchen befürchtete Masse an Beschwerden und Verstößen ist indes offenbar ausgeblieben. Auf Hubers Übersicht ist zu sehen, dass 22 Beschwerden in einem Monat, nämlich im Juli 2024, das Höchstmaß waren. Während der Sommerferien ging die Zahl der Beschwerden stark zurück – auf acht im August und elf im September, der noch bis Sonntag, 8. September, schulfrei war.
Für die Nutzung der Leihscooter gelten auch strenge Regeln, wie Huber ebenfalls erläuterte. Denn die Stadt ist in Zonen eingeteilt. In manchen Zonen schalten sich die Fahrzeuge automatisch ab, etwa in der Fußgängerzone. Das funktioniert über eine GPS-Steuerung. In manchen Bereichen kann man die Scooter nicht abstellen, etwa am Bahnhofsvorplatz, im Stadtgarten oder am Krankenhaus. Außerdem sind bevorzugte Abstellgebiete ausgewiesen, etwa vor dem Rathaus in der Alpenstraße oder neben dem Karstadt-Warenhaus. Stelle ein Kunde den Scooter in einer dieser Zonen ab, werde er mit einem Rabatt belohnt, informiert die Stadt.

Trotzdem kommt es laut Hubers Bericht zu Fehlverhalten auf dem Scooter – in den meisten Fällen allerdings nicht auf Leih-Fahrzeugen, sondern auf privaten Scootern. So habe der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) schon 102 Mal Menschen erwischt, die auf dem E-Scooter in der Fußgängerzone herumfuhren – was auf einem Leihfahrzeug nicht möglich ist. In diesem Fall gebe es keine Beratung mehr durch den KOD, sondern gleich ein Bußgeld, schilderte Huber. Und: Bei den Leihscootern seien die Nutzer durch die Datenerhebung des Unternehmens greifbar und können auch belangt werden.
In Konstanz müssen Anbieter extra zahlen
Zurückgelegt würden übrigens kurze Strecken von im Schnitt etwa 1,6 Kilometern, so Huber. Für die letzte Meile eines Weges seien die Geräte auch gedacht, sagte Oberbürgermeister Bernd Häusler in der Ausschusssitzung dazu. Und er ergänzte, dass die Fahrzeuge relativ gesittet abgestellt werden: „So gruselig wie in anderen Städten sieht es hier nicht aus.“ Man habe nur wenige E-Roller aus der Aach gezogen.
Bei den Ausschussmitgliedern kam der Zwischenbericht gut an, es gab aber auch einige Fragen. Klaus Niederberger (CDU) etwa wollte wissen, wie es mit Unfällen, Diebstählen oder Beschädigungen an den Leihscootern aussehe. Eine solche Statistik gebe es nicht, entgegnete Huber. Und Diebstahl sei nicht möglich, weil die Fahrzeuge per GPS geortet würden.
Markus Weber (Neue Linie) bemerkte, dass die Roller anfangs vor allem in der Südstadt in Einfahrten gestellt worden seien. Huber bestätigte, dass es dieses Problem gab, mittlerweile sei es nicht mehr so präsent. Hans-Peter Storz (SPD) fragte nach, ob man ähnlich wie in Konstanz auch in Singen eine Sondernutzungsregel für E-Scooter einführen könne.
Nach Informationen der Konstanzer Stadtverwaltung ist der Verleih von E-Scootern dort seit Januar 2024 nur noch mit Sondernutzungserlaubnis möglich. Und für jedes Fahrzeug werde eine Sondernutzungsgebühr von 120 Euro jährlich von den Unternehmen erhoben. Axel Huber empfahl dem Singener Gremium, eine ähnliche Regelung einzuführen, wenn es nach der Testphase weitergehe.
Und was ist mit dem Winterdienst?
Hubertus Both (Freie Wähler) wies darauf hin, dass E-Scooter, die mitten auf einem Gehweg abgestellt werden, für Menschen mit Sehbehinderung „manchmal eine Katastrophe“ seien. Und Robert Malek (Neue Linie) gab zu bedenken, dass das auch zu einem Problem beim Winterdienst werden könnte. OB Häusler entgegnete darauf, dass die Stadt für die Räumung der Radwege zuständig sei, bei Fußwegen gelte Räum- und Streupflicht für Anlieger. Und: „Ein verantwortungsvoller Bürger soll das Fahrzeug so abstellen, dass es nicht im Weg ist.“ Auf die Behindertenbeauftragten werde man zugehen.