Der Supersommer mit vielen heißen, sonnigen Tagen lässt vermuten, dass sich Bienen da besonders wohl gefühlt haben. Imker bewerten die Honigernte für 2022 insgesamt als gut, aber es gab auch schon bessere Jahre. Darüber und über die Bienenzucht allgemein sprachen wir mit dem Vorsitzenden des Bienenzuchtvereins Hohentwiel Singen, Helmut Mayer.

Der SÜDKURIER trifft Helmut Mayer am Lehrbienenstand nahe Hausen an der Aach. Dort hat der Verein 18 Völker stehen und hält hier auch die Neuimkerkurse ab. Die Bienen sind aufgrund der kühleren Temperaturen schon etwas träger und schwirren nicht mehr so herum, als Helmut Mayer eine Zarge herausnimmt. Er hält seine Hand ganz dicht dran und fühlt die Wärme, die sie ausstrahlen. Unter den Zargen, auf denen sich die Bienen befinden, ist noch eine Lage, die mit geölten Küchenpapier bedeckt ist, um den Bestand mit der Varroamilbe zu kontrollieren.

Die richtige Schutzausrüstung gehört dazu, wenn man einem Imker über die Schulter schaut. Hier zeigt Artur Ostermaier die Königin eines ...
Die richtige Schutzausrüstung gehört dazu, wenn man einem Imker über die Schulter schaut. Hier zeigt Artur Ostermaier die Königin eines Volkes. Das Foto entstand bei einer Veranstaltung im Rahmen des Bee-Deals der Stadt Singen im Juni 2021. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Die Varroamilbe, die als Parasit an den Bienen lebt, ist nach wie vor ein Problem. Eingeschleppt wurde sie vor vielen Jahren aus Asien. In Asien kämen die Bienen damit zurecht, in Deutschland aber nicht. Mit der so genannten Gemülldiagnose können die Hobbyimker sehen, wie viele Milben da sind. „Wir nutzen auch Ameisensäure, die wir im Volk verdunsten, um die Varroamilbe zum Absterben zu bringen“, so Mayer.

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Kürzlich war Helmut Mayer vom SWR für eine Radiosendung gefragt worden, ob dieses Jahr ein gutes Honigjahr war. Dies konnte er bejahen, doch es gab auch schon bessere, wie 2018, erinnert er sich. Helmut Mayer hat unter anderem zusammen mit Artur Ostermaier vier Bienenvölker, die auf dem Dach der Sparkasse in Singen leben. Die Völker dort bestehen aus je 50000 bis 60000 Bienen. „Wir haben da beim 2. Schleudern im Frühsommer dieses Jahr von einem Volk 40 Kilogramm Honig geerntet“, so Mayer. Das sei schon rekordverdächtig, denn sonst lägen die Erträge beim Schleudern bei rund 20 Kilogramm pro Volk und Schleudern. „Die Bienen auf dem Dach der Sparkasse finden rundherum in den Parks bis hin zum Hohentwiel sehr viel Nahrung“, sagt Artur Ostermaier. Vier weitere Bienenvölker des Vereins stehen seit diesem Jahr auch auf dem Gelände der Spedition Ansorge im Industriegebiet.

Die Bienenvölker leben auf zwei oder drei Zargen. „Wir ernten aber nur den Honig von der obersten Zarge“, erklärt Mayer. Die Honigernte ist in diesem Jahr so gut, weil auch das Frühjahr und natürlich der Sommer warm waren. 2021 seien die Bienen zur Trachtzeit verhungert, weil es im Frühjahr zu kalt und regnerisch war. Doch die Pflanzen brauchen auch genug Wasser, um Nektar in ihren Blüten zu produzieren. Da habe 2022 natürlich der Regen gefehlt. Sonst wäre der Honigertrag noch höher gewesen.

Auf diese Weise kontrollieren die Hobby-Imker den Befall mit Varroamilben, wie Helmut Mayer hier zeigt.
Auf diese Weise kontrollieren die Hobby-Imker den Befall mit Varroamilben, wie Helmut Mayer hier zeigt. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Das Imkerjahr beginne in den letzten Jahren immer früher, weil es im Frühjahr oft schon sehr früh sehr warm ist. „Dann blüht alles gleichzeitig, so dass es immer schwieriger wird, sortenreinen Honig, zum Beispiel aus Raps, zu gewinnen“, sagt Mayer. Beim ersten Schleudern im Mai ergab sich schon dunkler Honig, was zeige, dass Honigtau von Läusen dabei ist. Ab der Sommersonnenwende geht die Zahl im Bienenvolk auf 30000 bis 35000 Bienen zurück. Etwa in dieser Größe überwintern sie dann.

Die Neuimkerkurse des Vereins boomen seit einiger Zeit. Für 2023 ist der Kurs ausgebucht und es gibt eine Warteliste für 2024. „Ich habe vor 17 Jahren meinen Imkerkurs bei Karl Max Schönenberger, meinem Vorgänger als Vorsitzender, gemacht“, erzählt Mayer. Die 25 Teilnehmer eines Neuimkerkurses bekommen Einblick über ein ganzes Bienenjahr. „Es ist wichtig, dass sie erfahren, worauf sie sich einlassen, wenn sie sich Bienenvölker zulegen“, sagt Mayer. Nach drei Theorieabenden gehen die Kursteilnehmer ab April bis Mitte Juni einmal pro Woche an den Lehrbienenstand. Die Hobbyimker des Vereins züchten vor allem die Art „Apis melifera carnica“, kurz als Carnica bezeichnet. Sie sei sanftmütig, habe einen hohen Honigertrag und einen guten Wabensitz, was heißt, dass sie nicht extrem herumschwirren, wenn man die Zarge raus nimmt.

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Vor kurzem hat der Verein in Kooperation mit der Stadtverwaltung eine Fläche auf dem ehemaligen Landesgartenschaugelände umgebrochen. Die rund 1000 Quadratmeter große Fläche wird im nächsten Jahr eine Blühwiese sein, denn die Aussaat erfolgt noch in diesem Herbst.

Der Bienenzuchtverein Hohentwiel Singen feiert übrigens im nächsten Jahr sein 100-jähriges Bestehen. „Wir machen am 23. September 2023 eine Festveranstaltung im Curana in Beuren an der Aach“, so Helmut Mayer. An diesem Abend sind zwei Vorträge geplant. Anschließend werden die Kisten-Rocker aus Wahlwies spielen.