Eines Samstags 2018 stand der Bagger vor dem Grundstück, um die Terrasse der Baurs entscheidend umzugestalten. Was da passieren sollte? Die Familie wollte einen Teich. Keinen gewöhnlichen, sondern einen Koi-Teich. Andere Leute lassen sich einen Pool in den Garten bauen.

Kurzfristig Koi-gerecht

„Aber wir sind in Bräunlingen, da haben wir von einem ganzjährigen Teich mehr“, berichtet Michaela Baur von den damaligen Überlegungen. Das Koi-Fieber grassierte schon am Galgenberg. Etliche „Juwelen im Teich“, so die respektvolle Bezeichnung der anmutigen japanischen Zierfische, schwammen bereits in Teich-Variante zwei.

Buntes Allerlei mit beruhigender Wirkung. Koi sind Friedfische. Sie kommen gut miteinander aus.
Buntes Allerlei mit beruhigender Wirkung. Koi sind Friedfische. Sie kommen gut miteinander aus. | Bild: Wursthorn, Jens

Zeit also, größer zu denken. Nicht viel Zeit indes, dies in eine Planung zu betten. „In der Nacht, bevor unser Schwager kurzfristig angekündigt mit dem Bagger kam, habe ich den Teich konzipiert“, sagt Michaela Baur.

Naturnah ins Gelände eingepasst, acht Quadratmeter Wasserfläche, bis 1,50 Meter tief und mit einem Fassungsvermögen von 35.000 Litern beherbergt er 35 Fische in verschiedenen Varietäten, also Kois mit unterschiedlichen Farben, Mustern und Beschuppungen.

Kommt ein Koi-Karpfenteich geflogen. Anlieferung und Einbau bei Familie Baur 2018.
Kommt ein Koi-Karpfenteich geflogen. Anlieferung und Einbau bei Familie Baur 2018. | Bild: Michaela Baur
Das könnte Sie auch interessieren

Zutrauliche Edelfische

Lebhaft wird es, wenn Michaela Baur kleine Pelletts in den Teich streut. Ein bisschen wie Buntwäsche, die sich in der Waschmaschine dreht, ist es, wenn die Kois das aus Fischmehl und Eiweißnahrung bestehende Futter aufschnappen. Ein unaufgeregter Wirbel, kein Streit. „Kois sind Friedfische“, sagt Baur. Und sie haben keine Scheu. Sie lassen sich aus der Hand füttern und streicheln und spielen bereitwillig Aufzug.

Vorstellungsrunde im Koi-Teich Video: Wursthorn, Jens

Ein Spaß, den sich insbesondere der mittlere der drei Baur-Buben, der zwölfjährige Jan, macht. Ganz langsam, so erzählt seine Mutter, hebe er einen Koi kurz aus dem Wasser , um ihn dann wieder ins Becken zu setzen. Ganz ohne bleibende Schäden und Schrecken. „Der Koi kommt gleich wieder angeschwommen“, sagt Michaela Baur mit einem Lachen.

Keine Scheu. Die Koi-Karpfen lassen sich aus der Hand füttern.
Keine Scheu. Die Koi-Karpfen lassen sich aus der Hand füttern. | Bild: Wursthorn, Jens

Der Teich bringt die Familie zusammen

Für sie ist es schön, mit ihrem Mann ein gemeinsames Hobby zu betreiben – wenngleich die Vorsitzende der Bräunlinger Landfrauen die Angel-Leidenschaft ihrer vier Männer nicht teilt.

Manuel Baur ist Zimmerermeister und leitet in Bräunlingen einen eigenen Handwerksbetrieb mit fünf Mitarbeitern. Da ist Stress berufsbegleitend und die Gedanken über Projekte lassen sich beim Eintritt ins Haus nicht schlagartig abschalten.

Auf der Terrasse geht das dennoch. „Die Kois strahlen so eine Ruhe aus, dass mein Mann nach dem Arbeitstag schnell runterkommt“.

Aufgeregtes Geblubber: Fütterung am Koi-Pool Video: Wursthorn, Jens
Das könnte Sie auch interessieren

Es waren sechs Kois aus dem Zoofachhandel, die mit ihrer Vielseitigkeit begeisterten und neugierig machten auf die über Jahrhunderte verfeinerten Zucht in Japan, wo Kois (japanisch: Karpfen) faszinieren, inspirieren und einen festen Platz haben in Mythologie, Kultur und Geschichte.

Der Kogane Ryu von Myatora heißt „Opa“, weil er die Ruhe weg hat, immer chillt und das Leben genießt. Manuel Baur hat ihn in Japan ...
Der Kogane Ryu von Myatora heißt „Opa“, weil er die Ruhe weg hat, immer chillt und das Leben genießt. Manuel Baur hat ihn in Japan selbst ausgesucht. | Bild: Wursthorn, Jens

Das Hobby führt bis nach Japan

Was die Population im Teich anbelangt, hat sich das Koi-begeisterte Paar längst vom im Zoofachhandel angebotenen Fisch-Bestand verabschiedet. 2024 war es soweit. Manuel Baur flog mit seinem befreundeten Koi-Halter nach Japan.

Mit ihm besuchte er verschiedene Züchter, verguckte sich in zehn dreijährige Fische und ließ die dann mit dem Flugzeug nachkommen. Drei Wochen nach ihm landeten die Fische, verpackt in Beuteln und Kartons, ebenfalls in Frankfurt.

Der Doitsu Hariwake heißt Milwaukee.
Der Doitsu Hariwake heißt Milwaukee. | Bild: Wursthorn, Jens

Um das Einschleppen von Bakterien, Parasiten oder des gefährlichen Koi-Herpes-Virus zu verhindern, müssen die Fische in Quarantäne. Konkret in einen von zwei abdeckbaren Zubern, die im Baur‘schen Gartenhaus stehen. Dort schwimmen aktuell zwei Kois, die Mitte Mai angekommen sind.

Auch der Familienhund hilft mit

Die Haltung von Koi-Karpfen ist nicht einfach, wenngleich Labrador-Hündin Mira als gewissenhafter Schutz gegen Reiherangriffe auf den im Teich schwimmenden Gegenwert eines gar nicht so kleinen Kleinwagens eine nicht zu verachtende Hilfe darstellt.

Labrador Mira wehrt Angriffe auf den Koi-Bestand aus der Luft ab.
Labrador Mira wehrt Angriffe auf den Koi-Bestand aus der Luft ab. | Bild: Wursthorn, Jens

Das fängt beim Wasser an. Dafür, für die Filteranlage und die dazu gehörige Dokumentation der Parameter ist Manuel Baur zuständig. Eingefüllt wird Leitungswasser. Jede Woche wird ein Fünftel der Füllmenge ersetzt. Weder zu kalt noch zu warm sollte es sein. An diesem Tag kurz nach Pfingsten sind es 18,2 Grad, knapp unter dem Optimum.

Im Winter fehlt zeitweise der Kontakt

Kois sind wechselwarme Tiere. Ihr Organismus arbeitet bei Wärme schneller. Da werden gerne mal fünf kleinere Fütterungen am Tag fällig. Diese Aufteilung ist gesünder für die Fische, die kein Sättigungsgefühl haben und bei optimalen Bedingungen über 50 Jahre alt und fast einen Meter lang werden können. Wie etwa die schnell wachsende Sunny, drei Jahre alt, wie die meisten Kois im Teich und eine Riesin im Becken.

Der Torazo Ginrin Karashigoi (gelb) mit Namen Karashi ist super handzahm.
Der Torazo Ginrin Karashigoi (gelb) mit Namen Karashi ist super handzahm. | Bild: Wursthorn, Jens

Doch nach dem Sommer, in dem Michaela Baur durchaus mal erwägen möchte, selbst in den Teich zu steigen, kommt wieder der Winter. Was passierte mit den japanischen Fischen im Schwarzwälder Winter? Die Kois werden weder in ein Innenbecken gebracht, noch bekommen sie eine Heizung. Sie gehen im tiefen Bereich in eine Art Winterstarre. Vier Wochen nichts von ihren Fischen zu sehen sei im ersten Winter überaus beunruhigend gewesen, räumt Michaela Baur ein.

Das könnte Sie auch interessieren

Wer Koi-Karpfen halten möchte, benötigt zwar keine formale Befähigung, aber umfassende Kenntnisse über die artgerechte Haltung, Wasserchemie, Teichtechnik und Gesundheitsvorsorge der Tiere.

Gute Halter müssen geschult sein

Manuel und Michaela Baur sehen es als Teil einer verantwortungsvollen Haltung, bei regelmäßiger Beobachtung der Tiere auf Krankheitszeichen richtig zu reagieren und gegebenenfalls einen Tierarzt hinzuzuziehen. Da ist es – auch Teil einer absolvierten Schulung – hilfreich, wenn man selbst einen Kiemenabstrich nehmen und unter dem Mikroskop analysieren kann.

Händler müssen sich umfassend auskennen

Das Hobby Koi-Karpfen steht vor der nächsten Stufe. Die Baurs werden zu Händlern für aus Japan importierte Fische und Zubehör wie Futter, Wannen, Kescher oder Umsetzschläuche.

Die in Japan geknüpften Kontakte sind bereits so tragfähig, dass sie sich zu Handelsbeziehungen verstetigen lassen. Zwar lassen sich die Kois auf Bestellung aus Japan schicken. Manuel Baur kauft aber lieber nach Augenschein. Bestellwünsche, auch zu ganz speziellen Varietäten, nimmt er mit auf die vermutlich im Winter anstehende Japanreise.

Als Händler unterliegen die Baurs besonderen rechtlichen Bestimmungen. Sie müssen sich mit Einfuhrbestimmungen, Herkunftsnachweisen, tierärztlichen Untersuchungen, Zollpapieren und Transport-Bescheinigungen auskennen.

Ein kurzer Blick in die Quarantänestation.
Ein kurzer Blick in die Quarantänestation. | Bild: Wursthorn, Jens

Ein dicker Ordner fasste die später abgeprüften Bestimmungen aus einem auf dem Tierschutzgesetz basierenden Intensivseminar zum Thema Kaltwasserfische und Koi. „Das war ganz schön happig, aber wichtig“, so Michaela Baur. Regelmäßige tierärztliche Kontrollen und Gesundheitsnachweise begleiten das Nebengewerbe. Den Teich hatte damals die Kreisveterinärin selbst abgenommen.

Nächstes Projekt ohne Bagger

Derweil steht das nächste Projekt im Raum. Die Umsetzung wird im Spätsommer zusammen mit einem Teichfest gefeiert. Etwas mit Pflanzen, wie es zu einer Landfrau passt. „Ich plane einen Bonsai-Garten“, sagt sie. Dazu muss kein Bagger kommen.