Knapp 53 Grad Celsius Bodentemperatur – so heiß kann es an Sommertagen in Singen werden, wie ein Test der SÜDKURIER-Redaktion Ende August dieses Jahres ergab. Und heftige Regenfälle sind auch immer wieder zu verzeichnen. Besonders schlimm wurde es im Juni dieses Jahres, als Starkregen die Unterführungen der Stadt und zahlreiche Keller volllaufen ließ und einige Schäden verursachte. Die Folgen sind teilweise jetzt noch zu spüren. Der Klimawandel hat also bereits Auswirkungen auf die Stadt Singen. Deswegen hat die Stadt ein Klimaanpassungskonzept in Auftrag gegeben, in dem aufgezählt ist, wie man die Menschen in der Stadt vor den Folgen des Klimawandels schützen kann.

Sommerhitze in Singen: Das Thermometer zeigt Ende August dieses Jahres Bodentemperaturen auf dem (von links) Herz-Jesu Platz, ...
Sommerhitze in Singen: Das Thermometer zeigt Ende August dieses Jahres Bodentemperaturen auf dem (von links) Herz-Jesu Platz, Heinrich-Weber Platz und dem Rathausplatz von 45 Grad Celsius oder mehr an. | Bild: Ben Böttcher

Vorgeschlagen werden in dem Papier unter anderem ein Konzept für die Entsiegelung von städtischen Flächen, eine Satzung für die Freiraumgestaltung, eine Starkregengefahrenkarte und mehr Information für die Bürger, wie sie sich vor Wetterereignissen schützen können. Ebenfalls auf der Liste: Management von Regenwasser, die Beschattung von Kita- und Schulhöfen und ein Hitzeaktionsplan.

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Im Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt (SBU) des Singener Gemeinderats gab es nun breite Zustimmung zu dem Konzept. Beinahe alle Ausschussmitglieder, inklusive denen der CDU, empfahlen es dem gesamten Gemeinderat zur Zustimmung bei der nächsten Sitzung am Dienstag, 26. November, ab 16 Uhr im Ratssaal des Singener Rathauses. Dabei war die CDU-Fraktion bei der ersten Beratung des Konzepts im Oktober noch skeptisch und hatte die Vertagung beantragt.

Bedenken der CDU sind nun ausgeräumt

Die Bedenken von damals waren nun aber offenbar beseitigt. Die Ausschussmitglieder der CDU würden ihre Zustimmung geben, sagte Klaus Niederberger in der Sitzung für seine Parteikollegen: „Für uns ist klar: Es geht um Bevölkerungsschutz, da müssen wir was tun.“ Die Bedenken hätten sie trotzdem beschäftigt, vor allem in einer Zeit, in der man intensiv über die städtischen Finanzen spreche.

„Für uns ist klar: Es geht um Bevölkerungsschutz, da müssen wir was tun.“ Klaus Niederberger, CDU
„Für uns ist klar: Es geht um Bevölkerungsschutz, da müssen wir was tun.“ Klaus Niederberger, CDU | Bild: Foto Wöhrstein

Ein wichtiger Bestandteil des Beschlusses ist denn auch, dass Maßnahmen, die Geld kosten oder von politischer Bedeutung sind, einzeln von Ausschüssen und Gemeinderat beschlossen werden müssen. Und Klaus Bach (CDU), im Oktober noch deutlichster Kritiker des Konzepts, sagte nun, er werde zustimmen, weil es um Bevölkerungsschutz gehe – seine Kritik hatte sich daran entzündet, dass er nicht noch mehr Vorschriften für den Klimaschutz wollte.

Trotzdem nicht nur Zustimmung im Ausschuss

Auf ungeteilte Gegenliebe im SBU stieß das Konzept nun aber trotzdem nicht. Markus Weber (Neue Linie) lehnte das Konzept ab und präzisierte auf Nachfrage seine Kritik. Er ärgere sich, dass laut dem Konzept Menschenschutz gegen Parkplätze ausgespielt werden, so Weber. Das bezieht sich auf den Vorschlag, manche Parkplätze an Straßen zu entsiegeln und dort Bäume zu pflanzen.

„Asphalt weg und Baum rein – damit ist es nicht getan.“ Markus Weber, Neue Linie
„Asphalt weg und Baum rein – damit ist es nicht getan.“ Markus Weber, Neue Linie | Bild: SK

In anderen Städten gebe es große Diskussionen, wenn man einen Parkplatz durch einen Baum ersetzen will. Und er gab zu bedenken: „Der Bürger ist bequem und will mit dem Auto möglichst nah ans Geschäft heranfahren.“ Da half auch der Hinweis von Oberbürgermeister Bernd Häusler nicht, dass in Singen zuletzt 800 bis 1000 Parkplätze zusätzlich in Parkhäusern geschaffen worden seien.

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Zum Punkt Mobilität merkte Weber an, dass kein Geld für einen engeren Takt im Busverkehr da sei. Bei der Entsiegelung von Straßenräumen müsse man ebenfalls noch sehen, was es kostet. Bei den geplanten Umbauten im Wohngebiet Masurenstraße könne man das beobachten, denn: „Asphalt weg und Baum rein – damit ist es nicht getan“. Im Untergrund könnten Überraschungen warten und man müsse das Grün nachher auch pflegen. Doch Weber blieb die einzige ablehnende Stimme gegen das Klimaanpassungskonzept, sein Fraktionskollege Robert Malek enthielt sich.

Breite Zustimmung von Kommunalpolitikern

Zustimmung gab es neben der CDU auch von Vertretern anderer Fraktionen. Walafried Schrott (SPD) sagte, es gebe in der Sache kein Erkenntnisdefizit, aber man müsse es mal umsetzen – bei allen Einschränkungen durch verfügbares Geld oder Personal. Christa Bartuschek (SPD) meinte, wenn die Innenstadt so heiß wird, dass sich dort niemand mehr aufhalten will, helfe auch der Parkplatz an der Straße nicht mehr.

„Wenn es in der Stadt so heiß ist, dass sich niemand dort aufhalten will, hilft der Parkplatz an der Straße auch nicht mehr.“ Christa ...
„Wenn es in der Stadt so heiß ist, dass sich niemand dort aufhalten will, hilft der Parkplatz an der Straße auch nicht mehr.“ Christa Bartuschek, SPD | Bild: SPD

Eberhard Röhm (Grüne) bemerkte, man hätte sich vielleicht manches sparen können, wenn man vor 40 Jahren den Klimaschutz ernster genommen hätte. Doch solche Themen zulasten kommender Generationen auf die lange Bank zu schieben, sei verantwortungslos.

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Und Hubertus Both (Freie Wähler) sagte, das Klimaanpassungskonzept sei dringend nötig: „Schade, dass es so lange verzögert wurde.“ Er lobte als Erster die Deutlichkeit, mit der Oberbürgermeister Bernd Häusler für das Klimaanpassungskonzept geworben hatte.

Oberbürgermeister wirbt eindringlich für das Konzept

Häusler hatte in der von ihm verfassten Vorlage und in der Sitzung eindringliche Worte gefunden und appelliert, sich auf den Klimawandel vorzubereiten, unter anderem mit Sätzen wie „Ich glaube, keiner ist von uns gegen sinnvolle Maßnahmen zum Erhalt unserer Wälder und Naturflächen“ – was von Markus Weber als Glaubenssätze kritisiert wurde.

„Ich glaube, keiner ist von uns gegen sinnvolle Maßnahmen zum Erhalt unserer Wälder und Naturflächen.“ Bernd Häusler, Oberbürgermeister
„Ich glaube, keiner ist von uns gegen sinnvolle Maßnahmen zum Erhalt unserer Wälder und Naturflächen.“ Bernd Häusler, Oberbürgermeister | Bild: Matthias Güntert

Häusler verteidigte die Formulierung: „Diese Sätze habe ich reingeschrieben, weil mich manches, was im Gremium diskutiert wurde, irritiert hat.“ Er warf die Frage auf, ob innerstädtische Parkplätze jetzt zum Bevölkerungsschutz gehören. Und für die Stadt gehe es um Priorisierung.

Auch die städtische Klimaschutzbeauftragte Johanna Volz betonte, es gehe bei dem Konzept darum, den Klimawandel bei Planungen und beim Bevölkerungsschutz einzubeziehen. Und: „Die Aufenthaltsqualität soll auch bei Hitze in der Stadt gut bleiben.“