Die Fasnacht ist eigentlich vorbei – zumindest das, was in der Corona-Pandemie von ihr stattfinden konnte. Doch wer am Bahnhofplatz über die Straße geht, der kann nun jeden Tag ein kleines bisschen Fasnacht erleben. Denn dort regeln Ampelmännchen in Form des Singener Erznarren Poppele den Fußgängerverkehr.
Die Stadtverwaltung schickt auch gleich noch ein paar Informationen mit. Zustande gekommen sei die närrische Ampel nämlich auf Anregung von FDP-Gemeinderätin Kirsten Brößke, die Fachbereiche Bauen und Kultur der Stadtverwaltung hätten mitgewirkt und der Entwurf stamme von Gero Hellmuth. Der Mann ist eine feste Größe, wenn es um das Zusammenspiel von Kunst und Fasnacht geht. Weitere Ampeln im Stadtgebiet sollen mit Poppele-Motiven ausgestattet werden. So weit, so gut.
Doch beim weiteren Nachdenken fällt dem unbefangenen Beobachter noch mehr auf. Einer der Impulse hinter der Fasnacht ist ja eigentlich, bestehende Regeln umzukehren: Knechte werden für ein paar Tage im Jahr zu Herren und die Obrigkeit wird abgesetzt, so will es die Tradition. Und das kommt auch jetzt noch bei den regelmäßigen Rathauserstürmungen durch die Fasnachtsnarren zum Ausdruck. Sogar in Corona-Zeiten wurden Rathausschlüssel eingesammelt.
Wie passt das nun mit Verkehrsregeln zusammen? Das Feld ist offen für Spekulationen. Entweder: Die Singener Narren haben erfolgreich die Stadtverwaltung unterwandert und arbeiten an der Übernahme der weltlichen Macht auch außerhalb der Fasnacht – die Verkehrsampeln sind ein erster Schritt. Oder: An Singener Ampeln zieht der närrische Frohsinn ein und das Ordnungsamt schaut an den Poppele-Ampeln nicht mehr allzu genau auf Verstöße. Oder: Den Singener Narren kann man auch die Fußgänger anvertrauen.
Doch egal, was man in die rot-grünen Umrisse hineingeheimnissen will: Am Ende bleiben sie eine schöne Erinnerung an die Fasnacht – und an ihr Kulturerbe, das weiter gepflegt sein will.