Unter dem Motto: „Mehr Respekt – weniger wegschauen“ fand auf dem Singener Heinrich-Weber-Platz der Aktionstag im Rahmen der sogenannten Landesarmutswoche statt. Veranstaltungen dieser Art fanden und finden im Laufe dieser Woche in ganz Baden-Württemberg an vielen Orten statt. In der Hohentwiel-Stadt war der Aktionstag von der Singener Sozialrunde organisiert worden, unter deren Dach sich die Initiativen, Vereine, kirchliche Institutionen und nicht zuletzt die Stadt selbst zusammengefunden haben, um ihre sozialen Engagements und Initiativen noch besser miteinander abzustimmen und ihre Kräfte zu bündeln.

Moderator Reinhard Zedler greift zur Gitarre

Reinhard Zedler, ehemaliger Chef der Awo und nun im Ruhestand, moderierte den Aktionstag und zeichnete sich auch für das Unterhaltungsprogramm zuständig. Mit guter Stimme und sicherer Gitarrentechnik intonierte er Pop-Klassiker der 1970er Jahre. Unter anderem sang er „In the Ghetto“, worin es um eine Mutter geht, die im Armenviertel lebt, unfreiwillig erneut schwanger wird und sich nun Gedanken macht, einen weiteren hungrigen Mund füttern zu müssen.

Thorsten Kalb, Fachbereichsleiter Jugend, Soziales und Ordnung der Stadt Singen, wies in seinen Begrüßungsworten darauf hin, dass sich ...
Thorsten Kalb, Fachbereichsleiter Jugend, Soziales und Ordnung der Stadt Singen, wies in seinen Begrüßungsworten darauf hin, dass sich die Gesellschaft in einer Phase multipler Krisen und Herausforderungen befinde. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Thorsten Kalb, Fachbereichsleiter Jugend, Soziales und Ordnung der Stadt Singen, wies in seinen Begrüßungsworten darauf hin, dass die Stadt Singen zwar gut aufgestellt sei und die Zusammenarbeit mit den sozial engagierten Institutionen und Vereinen funktioniere, doch die Herausforderungen seien groß, denn jedes fünfte Kind der Stadt sei von Armut betroffen.

Im Fokus stehe die Prävention gegen Kinderarmut, Familienberatungen gebe es an allen Kitas und auch die Jugendsozialarbeit würde großgeschrieben.

Beispiele aus dem Leben der Sozialarbeiter

Auch berührende Geschichten zum Motto des Aktionstages „Wie fühlt sich Armut an?“ waren zu hören. Eine davon erzählte Agnes Hügle vom Kinderbüro in Singen: Beispielsweise von einer 33-jährigen Mutter, die Thea genannt wurde. Alleinerziehend sei sie auf Unterstützung bei der Erziehung der Kinder angewiesen. Sie lebt mit ihren Kindern auf zu geringem Wohnraum, hat keine Rückzugsmöglichkeiten, wird von Geldsorgen geplagt, und stößt darüber hinaus auf Unverständnis in ihrem Umfeld nach dem Motto: „Wer will, schafft das auch“.

Im Kinderbüro werde solchen Frauen geholfen. Es gehe oft um Hilfe bei alle Fragen rund um das Thema Leben mit Kindern, es werden Bildungs- und Förderangebote vermittelt und es gibt Unterstützung und Beratung bei Anträgen.

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Mirja Zahirovic, die Leiterin der Kindertageseinrichtung St. Nikolaus, berichtet dann von einem Fünfjährigen, der beim Sport nicht mitmachen kann, weil er keine Turnschlappen hat und der sich auf Geburtstagen schämt, weil er sich kein Geschenk leisten kann. In ihrer Kindertagesstätte werde für Geburtstagskinder gemeinsam Kuchen gebacken und es gebe sogenannte Tauschtischtage, wo jeder vom Tisch etwas nehmen und jeder etwas darauflegen könne.

Kinder denken bei Armut meist an andere

Marc Laporte-Hoffmann, Rektor der Johann-Peter Hebel-Schule, sprach dann von einer Umfrage an seiner Schule. Die Frage an die Schüler lautete: „Wann ist jemand arm?“ Keiner der Schüler sehe sich selbst als hilfsbedürftig an, denn als arm würde erst dann jemand von den Kindern bezeichnet, der kein Dach über dem Kopf, kein sauberes Wasser zur Verfügung und nicht genug zu essen habe.

Apropos genügendes und gesundes Essen: Unter dem Dach des Netzwerks Kinderchancen Singen werden 700 Frühstücksvespertüten pro Tag unter der Leitung von Martina Kaiser frisch zubereitet und an jedem Werktag damit fünf Kitas und drei Schulen beliefert. Die nach den Richtlinien bewusster Kinderernährung (BeKi) zusammengestellten Vespertüten enthalten Körnerbrot mit Käse, Wurst, Rohkost und Obst.

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Christian Grams, Geschäftsführer beim Diakonischen Werk im evangelischen Kirchenbezirk Konstanz und Vorsitzender der Singener Sozialrunde, dankte der Stadt für die gute Zusammenarbeit und warb für ehrenamtliche Helfer, welche die Arbeit vor Ort leisteten und ohne die es nicht ginge. Auf Nachfrage bestätigte Martina Kaiser, dass das soziale Netzwerk in Singen funktioniere und sich in der Praxis täglich aufs Neue bewähre: „Wenn jemand mit einem Problem kommt, wissen wir sofort, an wen man sich im Netzwerk wenden kann.“