Auch wenn die närrische Zeit vorbei ist, die Fasnacht ist zurück in Singen: Zum 100-jährigen Bestehen der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) eröffnete im Bürgersaal die Wanderausstellung „Narrenzeit – Kulturerbe Fasnacht im Wandel“. Die Ausstellung gibt Einblicke in die Zeit vor und nach dem 1. Weltkrieg, die Gründung der VSAN und ihre Entwicklung bis in die heutige Zeit.

Die Narretei ist zurück: Zahlreiche Gäste kamen zur Eröffnung der Wanderausstellung „Narrenzeit – Kulturerbe Fastnacht im Wandel“ der ...
Die Narretei ist zurück: Zahlreiche Gäste kamen zur Eröffnung der Wanderausstellung „Narrenzeit – Kulturerbe Fastnacht im Wandel“ der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte im Bürgersaal des Rathaus. | Bild: Christel Rossner

Auch die Singener Stadtgeschichte ist eng mit der Narretei verbunden: „Die Bürger identifizieren sich mit der Fasnacht“, bezog sich Oberbürgermeister Bernd Häusler auf eine Umfrage, an der sich mehrere hundert Personen beteiligten. Rund drei Viertel der Befragten hätten Fasnacht als wichtigste Veranstaltung des Jahres genannt. Auch zum Thema Lieder seien die ersten zehn alle Fasnachtslieder gewesen. Die Verbundenheit drücke sich auch an der Vielfalt der Vereine aus, die sich an Fasnacht einbringen, so Häusler.

Schon 1868 habe sich die erste Narrenzunft gegründet, die dann von der Poppele-Zunft abgelöst worden sei. Nach den Fastnachtsverboten in den Jahren 1919 bis 1924 habe dann ein Umdenken stattgefunden. „1928 veranstaltete die VSAN das erste Narrentreffen und da waren auch zwei Singener dabei“, hob Häusler hervor. Viele Figuren seinen wieder reaktiviert worden, Singen und die Poppele seien auch immer wieder Veranstalter von Narrentreffen gewesen.

Die Ausstellung gibt einen Einblick in die Geschichte der Fasnacht bis zurück in die schwierigen 1920er Jahre.
Die Ausstellung gibt einen Einblick in die Geschichte der Fasnacht bis zurück in die schwierigen 1920er Jahre. | Bild: Christel Rossner

Auch Präsident Roland Wehrle hatte den Weg ins Rathaus gefunden, auch wenn er beim Stil des Gebäudes dachte, er sei im Osten. Mit Stolz blickte er auf die Gründungsmitglieder der VSAN zurück. Wie Wehrle berichtete, hatten sich in Villingen 13 Zünfte und Vereine zusammengetan und 1924 den „Gauverband badischer und württembergischer althistorischer Narrenzünfte“ gegründet. „Das war eine großartige Leistung, denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wurde ein Verband gebraucht“, hob Wehrle hervor, dass daraus eine riesige Volksbewegung geworden sei. Er bemängelte, dass immer mehr Vorschriften und Auflagen die Veranstaltungen erschweren: „Die Fasnacht ist Brauchtum und muss erhalten werden“, appelliert Wehrle für den Abbau bürokratischer Hürden.

Die Figuren der verschiedenen Zünfte und Vereine zeigen die Vielfalt der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Bild: Christel Rossner
Die Figuren der verschiedenen Zünfte und Vereine zeigen die Vielfalt der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Bild: Christel Rossner

Volkskundler Werner Mezger, vor seinem Ruhestand Professor für empirische Kulturwissenschaft in Freiburg und seit 40 Jahren im Beirat der VSAN, wollte den abschließenden Umtrunk nicht verzögern und schnell zur Sache kommen. Die Vorschriften würden sich auch gegen das Ehrenamt richten, wenn auch unbeabsichtigt, so Mezger. Um dagegen anzukommen, brauche es ein kulturelles Schwergewicht wie die Anerkennung der schwäbisch-alemannischen Fastnacht zum Weltkulturerbe.

Um den Abend etwas aufzulockern, griff Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk zwischen den Reden zur Gitarre und ließ in seinen Liedtexten so manche Anekdote wieder aufleben. Er erinnerte an Begebenheiten wie die Bohlinger Wallfahrt mit Wildsauen und die Einführung der gelben Säcke, die die Radolfzeller mangels eigener Entsorgung nachts in Singen an die Straße stellten. Ob Kompostwerk oder Seehas – die Täter waren immer die Zeller.