Digitalisierung und Automatisierung sind in aller Munde, doch der technische Fortschritt bringt nicht nur Verbesserungen. Seit drei, vier Wochen kommen die Ansagen am Singener Bahnhof nicht mehr vom Service-Mitarbeiter in dem Häuschen an Gleis 1, sondern automatisch vom Band. Auf allen anderen Bahnhöfen im Landkreis ist diese Umstellung schon vollzogen, Singen war der letzte. Darüber freut sich nicht jeder.
Denn leider kommt es bei dieser Ansage zu Fehlern, weil sie schlecht auf kurzfristige Ereignisse und Änderungen reagieren kann. So kam neulich in der Ansage um 17.30 Uhr, der Seehas nach Konstanz fahre statt auf Gleis 2 auf Gleis 3. Auf Gleis 3 kam aber die Ansage, dass hier der IC ein- und abfahren sollte und auch die Anzeige zeigte dies an. Der IC fuhr dann aber auf Gleis 5. Verwirrung und von Bahnsteig zu Bahnsteig treppauf treppab zum anderen Gleis hastende Reisende waren die Folge.
Als Bahnreisender muss man fit sein
Über diese Neuerung ärgert sich auch Anton Kohler aus Rielasingen, der sich im Museumsbahnverein Singen-Etzwilen engagiert und in Sachen Bahn auskennt. „Gerade mit Gepäck oder für ältere Menschen wird es dann schwierig“, erklärt Kohler. Bahnreisende täten deshalb gut daran, sportlich und fit zu sein, damit sie ihre Züge rechtzeitig erreichen.
Zuvor kam die Ansage vom Service-Mitarbeiter im Häuschen an Gleis 1, der auch die Anzeigen am Bahnsteig steuern und auf Änderungen flexibel reagieren konnte. Der Service-Mitarbeiter bleibt, er hilft weiterhin Reisenden bei der Orientierung und sorgt für ein sauberes Umfeld an den Gleisen. Kohler fürchtet aber, dass außerplanmäßige Ereignisse, wie zum Beispiel die Ankunft einer Museumsbahn, nicht mehr angesagt werden. „Alles, was nicht nach Plan ist, fällt unter den Tisch“, meint er.
Ansagen polieren das Image auf
Die Umstellung ist aber auch in anderer Hinsicht schade: Die sympathischen und teilweise witzigen Durchsagen der Bahn-Mitarbeiter sind derzeit die beste Werbung für das Unternehmen und würden das angeschlagene Image aufpolieren. Diese Ansagen sind sogar schon in dem Buch „Der Lokführer hat den Zug verpasst: Kuriose Bahnansagen“ von Marc Krüger verewigt. Beispiel gefällig? „Ich würde Ihnen gerne erzählen, warum wir hier stehen. Aber mir erzählt auch keiner was.“