Notwehr oder versuchte Tötung? Das war letztlich die zentrale Frage im Wessenberg-Prozess vor dem Landgericht Konstanz. Der 28-jährige Beschuldigte hatte bereits am ersten Verhandlungstag zugegeben, das Messer geführt zu haben, mit dem am 2. Februar 2025 drei junge Männer verletzt wurden. Die Nebenklage forderte eine Gesamtstrafe von siebeneinhalb Jahren, die Staatsanwältin fünfeinhalb Jahre, während die Pflichtverteidigerin für Freispruch plädierte.
Wie genau es zu der tätlichen Auseinandersetzung gekommen war, konnte bis zum Schluss der viertägigen Verhandlung nicht komplett aufgeklärt werden. Zu viele Fragen waren offengeblieben, sodass die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Arno Hornstein „im Zweifel für den Angeklagten“ geurteilt und den Beschuldigten freigesprochen hatte.
Neben der Staatsanwaltschaft hat im Rahmen der gesetzlichen Frist noch einer der beiden Nebenkläger Revision gegen das Urteil eingelegt, teilt Karoline Krüger, stellvertretende Pressesprecherin des Landgerichts Konstanz, auf SÜDKURIER-Anfrage mit. Damit ist das Urteil, das das Landgericht gefällt hat, nicht rechtskräftig.
„Gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts ist ausschließlich das Rechtsmittel der Revision statthaft“, schreibt die Pressestelle des Landgerichts. Das ist gesetzlich nach § 333 Strafprozessordnung (StPO) so geregelt. Bei einer Revision wird das Urteil der vorherigen Instanz auf Rechtsfehler überprüft. Das heißt im Wessenberg-Prozess: Der Bundesgerichtshof ist jetzt die entscheidende Instanz.
Wie geht es jetzt weiter?
„Zunächst müssen die schriftlichen Urteilsgründe abgesetzt werden“, erläutert Karoline Krüger. Hierfür sehe die StPO angesichts der Dauer der vorliegenden Hauptverhandlung eine Frist von sieben Wochen ab Verkündung des Urteils vor. „Anschließend werden die schriftlichen Urteilsgründe an die Verfahrensbeteiligten zugestellt und die Revisionsführer haben ab dem Zeitpunkt der Zustellung einen Monat Zeit, ihre Revision zu begründen“, führt Krüger aus. Erst dann kämen die Akten zum Bundesgerichtshof, der das Urteil sodann auf Rechtsfehler überprüft.
Was bedeutet dies für den freigesprochenen 28-Jährigen? „Der Haftbefehl gegen den Angeklagten im vorliegenden Verfahren wurde in der Hauptverhandlung – angesichts des Freispruchs – aufgehoben“, antwortet Karoline Krüger. „Der Angeklagte bleibt daher auf freiem Fuß.“