Das Wetter hat den Bauern aus der Region in diesem Jahr gehörig zu schaffen gemacht. Erst herrscht im Frühjahr Trockenheit, dann zeigt sich der Juli von seiner nassen Seite. Und die Auswirkungen werden wohl bis ins kommende Jahr spürbar sein, sagen Landwirte, die im Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) organisiert sind, bei einem Erntegespräch.
Wobei Stefan Leichenauer sagt, die Trockenheit habe es den Landwirten nicht leicht gemacht, das große Problem sei aber die Nässe im Sommer gewesen. Leichenauer ist als Landwirt aus Tengen nicht nur selbst betroffen. Als Vorsitzender des Kreisverbands Konstanz des BLHV weiß er auch, wie es anderen Landwirten aus der Region geht. Er sagt hinsichtlich der diesjährigen Ernte: „Es gibt sehr viel Material, aber die Qualität lässt zu wünschen übrig.“
Regen hindert Landwirte am Ernten
Zwar gehe es nicht jedem Betrieb gleich, aber der Tenor sei durchweg, dass man sich von der diesjährigen Ernte mehr erhofft habe, ergänzt Martin Joos, Leiter der Lindenwirts aus Orsingen-Nenzingen. Schuld an der ernüchternden Ernte sei der langanhaltende Regen. Denn durch diesen hätten viele Landwirte ihre Produkte lange nicht ernten können.
Martin Joos sagt: „Wir mussten dabei zusehen, wie uns der Acker überschwemmt.“ Das Problem: Wird etwa Getreide nass geerntet, muss es getrocknet werden, was den Landwirt viel Geld kostet. Also wird auf eine Trockenperiode gewartet. Das führte zu einem weiteren Problem. Wird das Getreide lange nicht geerntet, wächst es aus, was sich letztlich in der Qualität widerspiegelt, erklärt Leichenauer.
„Arbeiten nicht einmal kostendeckend“
Karl-Heinz Mayer ist Vorsitzender des BLHV-Kreisverbands Überlingen-Pfullendorf und sagt: „Das Problem ist, dass die Verbraucher Backqualität wollen, aber die ist keine Selbstverständlichkeit.“ Weizen etwa eigne sich bei vielen Betrieben nach der diesjährigen Ernte nur noch als Futtermittel oder komme in die Biogasanlage.
Letztlich schlage sich die diesjährige Problematik auch im Marktpreis nieder. Gibt es viel Material in schlechter Qualität, drückt das den Preis. Leichenauer sagt: „Mit dem aktuellen Getreidepreis arbeiten wir nicht einmal kostendeckend. Uns fehlen beim Dinkel alleine 10.000 Euro.“ Dabei habe er noch Glück gehabt und einen Großteil der diesjährigen Ernte vor dem vielen Regen einholen können.
Die Belastung steigt
Damit das noch klappt, habe er teils bis 3 Uhr morgens arbeiten müssen. Das sei eine große Belastung, die durch die zunehmend unsicheren Wetterbedingungen noch verstärkt werde. Und nicht nur ihm gehe das so. Viele Landwirte seien aufgrund dieser großen Belastung am Ende.
Leichenauer betont: „Wenn mehrere Jahre wie diese kommen, wissen wir nicht, wie es weitergeht.“ Und Andreas Deyer, Vorsitzender des Kreisverbands Stockach, ergänzt: „Das Risiko nimmt zu.“ Dabei hänge von der Ernte das Jahresgehalt eines Landwirts ab, wie Holger Streich als Geschäftsführer des Bezirks Stockach betont. Dadurch gehe jeder Landwirt ein hohes Risiko ein.
Deshalb sei es unerlässlich, sich hinsichtlich der Wetterextreme gut zu versichern. Wobei die Versicherung nur bei einem kompletten Ernteausfall aufgrund von Starkregen oder Hagel zahle, nicht aber bei anhaltendem Regen, betont Martin Joos.
Landwirte müssen kreativ bleiben
Um das Risiko eines Ernteausfalls zu minimieren, setzten viele Landwirte inzwischen auf mehrere Kulturen, fügt Leichenauer hinzu. Man müsse auch Neues probieren. Als Beispiel nennt er Soja, das inzwischen vermehrt in Deutschland angebaut werde. Gleichzeitig sagt Deyer: „Wir können keine großen Sprünge mehr machen.“ Rücklagen zu bilden, sei immer schwerer.
Auch der Blick auf das kommende Jahr ist schon eingetrübt, denn Saatgut könnte knapp werden. „Wenn Getreide zu lange draußen steht, ist es nicht mehr saatgut-fähig“, erläutert Leichenauer. Und das sei in diesem Jahr vielfach der Fall gewesen.
Die Situation beim Obstbau
Wie beim Getreide gibt es auch beim Obstbau zwei große Unsicherheiten: das Wetter und den Markt, weiß Obstbauer Alexander Buhl aus Wahlwies. Um das Risiko eines Ernteausfalls zu verringern, setzten viele Landwirte inzwischen auf Schutzsysteme, wie Hagelnetze. Dennoch hat das Wetter Auswirkungen auf die Ernte. So gebe es aufgrund der Trockenheit etwas weniger Äpfel am Bodensee als sonst und sie seien etwas kleiner, dafür aber knackig.
Geerntet werden diese aber erst im Herbst, sodass Buhl noch nichts über den Preis sagen können. Nur so viel: „Wir sind gespannt.“ Eine Entwicklung macht Buhl Sorgen: Dass inzwischen nur noch 20 Prozent der in Deutschland verkauften Äpfel aus Deutschland selbst kämen. Das hänge auch damit zusammen, dass sie im Ausland billiger produziert werden können. Daher appellieren die Landwirte an die Bürger: „Die Verbraucher müssen viel mehr regional kaufen, damit wir überleben können.“
Landwirte wollen für Problematik sensibilisieren
Den Landwirten gehe es trotz der ganzen Probleme nicht darum, zu jammern. Vielmehr sei es das Anliegen, die Verbraucher für die Probleme zu sensibilisieren, mit denen die Bauern konfrontiert sind. „Es ist nicht selbstverständlich, dass die Regale im Supermarkt voll sind“, sagt Andreas Deyer. Zudem mache die Landwirtschaft die Region auch aus. „Ohne uns Landwirte gäbe es hier keine Sonnenblumen oder blühende Rapsfelder“, verdeutlicht Karl-Heinz Mayer.
Trotz vieler Unsicherheiten sei er gerne Landwirt. Damit sei er nicht nur sein eigener Herr, sondern arbeite viel in der Natur und sei im Familienbetrieb stets mit der Familie zusammen, was er genieße. Zudem empfinde er seine Arbeit als sinnstiftend, schließlich bringe der Landwirt das Essen auf den Tisch.