Nudeln zählen neben Kartoffeln und Reis zu den beliebtetsten Sättigungsbeilagen der Menschen in Süddeutschland. Pro Kopf werden laut dem Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) bundesweit nahezu zehn Kilogramm Nudeln im Jahr verspeist – das sind 200 Gramm pro Woche. Knapp eine Million Tonnen Teigwaren landen so auf bundesdeutschen Tellern, davon wurden 537.500 Tonnen importiert – der Großteil aus Italien mit 406.000 Tonnen. Etwa 420.000 Tonnen Teigwaren werden in Deutschland produziert. Ein Teil davon auch im Hegau.

Jede Woche steht dafür beispielsweise Claus Bucher mit seinem Bruder Edwin in einer ehemaligen Werkstatt auf dem Berghof der Buchers im Hilzinger Ortsteil Riedheim. Die Räume wurden für die Produktion und Lagerung von Nudeln umgebaut. „Bei Bedarf kann es auch zweimal pro Woche sein“, erzählt er. Von 7 bis 13 Uhr werde dann gearbeitet. Bucher stellt elf Sorten Nudeln aus Hartweizen- und neun aus Dinkelgrieß her und verwendet dafür pro Arbeitstag 600 Eier. Denn nachdem Sohn Lukas 2016 sein Studium der Agrarwirtschaft abgeschlossen hatte, wurde der Hof umstrukturiert: Neben der regionalen Ochsenmast werden seit März 2020 Hühner im Freiland gehalten.

Ideale Verwertung für kleine Eier

Von der deutschen Nudel-Produktion werden laut VGMS etwa 160.000 Tonnen ohne Eier hergestellt. Ganz anders im Hegau, denn ohne Eier geht hier nichts. Doch meist werden Eier aus der sogenannten B-Ware verarbeitet. „Nicht alle Eier können in den Verkauf, beispielsweise die kleinen oder angepickten“, erklärt Claus Bucher.

Zunächst habe man nach der Hofumstellung einen Abnehmer für die B-Ware gesucht. „Nachdem wir niemanden gefunden haben, der uns aus unserer B-Ware bei den Eiern Nudeln herstellt, die wir vermarkten können, beschlossen wir, das selbst zu machen. Ich habe es zuerst mit einer kleineren Maschine ausprobiert und nach zwei Wochen bereits nachgerüstet“, erzählt Bucher.

So werden die Nudeln hergestellt

Wenige Kilometer weiter wird auch auf Eierteig gesetzt: „Bei uns sind es nicht nur Eier der B-Ware, wenn wir zu viel A-Ware haben, werden diese Eier ebenso aufgeschlagen, püriert und mit Hartweizen oder Dinkel verarbeitet,“ berichtet Rita Maier. Sie lebt mit ihrem Mann Stefan, Sohn Florian, Oma Marianne und mehreren tausend Hühnern in artgerechter Haltung auf dem Talhof bei Steißlingen.

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Maiers Hofstelle war früher im Ort, seit 2010 befindet sich der landwirtschaftliche Betrieb mit Hühnerhaltung, Nudelproduktion und Automaten-Hofladen am Ortsrand von Steißlingen in Richtung Orsingen und nennt sich seit wenigen Wochen offiziell „Talhof“. Unterstützt wird der Betrieb „Maier Eier“ von einigen Beschäftigten. In der Nudelproduktion sind das Simone Luibrand und Ulrike Schwarz. Sie fertigen zweimal pro Woche mit 700 Eiern je 100 Kilogramm Nudeln, wobei pro Arbeitstag zwei Sorten hergestellt werden. Beim Besuch des SÜDKURIER waren es Drachenhörnchen und Spaghetti, die von Hand geschnitten und in die Körbe gelegt werden müssen.

Wasser wird dem Teig nicht zugefügt. So macht es auch Claus Bucher: „Die Kunden bekommen ein hochwertiges gutes Produkt aus Voll-Ei und Hartweizen beziehungsweise Dinkelgries. Das heißt, es wird beim Teig kein Wasser beigegeben, dennoch muss das Flüssigkeitsverhältnis zum Gries stimmen“, erklärt er.

Claus und Edwin Bucher füllen die Boxen für den Trockenschrank
Claus und Edwin Bucher füllen die Boxen für den Trockenschrank | Bild: Elisabeth Stauder

Zur Trocknung verwendet er einen Schrank und trotz Programmierung muss kontrolliert werden. „Die Sorten müssen unterschiedlich lange getrocknet werden. Damit die Nudeln haltbar sind, dürfen sie nur einen gewissen Feuchtigkeitsgehalt haben,“ erklärt er. Während man zur Nudelherstellung eine Maschine und zur Trocknung einen Schrank hat, sind das Abpacken, Etikettieren und Verschließen der Beutel reine Handarbeit.

Was die Nudeln kosten

„Der Preis ist für unsere Kundschaft kein Thema“, sagt Bucher. Regionale Ware wird zu einem Preis zwischen 2,50 Euro und 3,50 Euro je 500 Gramm verkauft – so das Ergebnis der SÜDKURIER-Recherche auf dem Berghof Bucher in Riedheim, bei der Familie Maier in Steißlingen und bei Armin Brütsch in Murbach.

Verpackt werden die Nudeln, hier Spaghetti, in Handarbeit
Verpackt werden die Nudeln, hier Spaghetti, in Handarbeit | Bild: Elisabeth Stauder

Hier bekommt man Nudeln aus regionaler Produktion

Bekommen kann man Maiers Nudeln neben vielen weiteren regionalen Produkten vor Ort im Automaten-Laden sowie bei Lebensmitteileinzelhändler in der Region, zu denen auch Metzgereien, Bäckereien und Hofläden zählen. Ebenfalls Kunde bei Maiers ist die Gastronomie aus Steißlingen und Radolfzell.

Simone Luibrand, Rita Maier und Ulrike Schwarz (von links) bei der Herstellung von Spaghetti
Simone Luibrand, Rita Maier und Ulrike Schwarz (von links) bei der Herstellung von Spaghetti | Bild: Elisabeth Stauder

„Unsere Nudeln sind mittlerweile auf den Wochenmärkten in Überlingen am See, in Aach und in Gottmadingen und in den verschiedenen Automaten der Familie Bucher zu bekommen“, so Claus Bucher.

Armin Brütsch kontrolliert den Nudelteig.
Armin Brütsch kontrolliert den Nudelteig. | Bild: Elisabeth Stauder

Bei Armin Brütsch in Murbach verhält es sich etwas anders, er produziert seine Murbacher Volleinudeln seit über 30 Jahren im Nebenerwerb und hat sich für die Lufttrocknung entschieden. Aufgrund behördlicher Vorgaben muss er deshalb seine Nudeln zu zwei Drittel selbst vermarkten. „Die Lufttrocknung ist arbeitsintensiver. Man muss wegen der Verkeimung stärker aufpassen“, erläutert der gelernte Bäcker, der eine Hartweizen-Dunst Mischung und ausschließlich Urdinkel verarbeitet.

Während der Woche arbeitet er im Schichtbetrieb in der Maggi, samstags produziert er seine 25 Sorten Nudeln mit Eiern. Dafür verwendet er pro Arbeitstag 700 Eier vom Geflügelhof Ruh in Gottmadingen.

Armin Brütsch mit seiner Mutter Josefine vor der Ape, mit der die Nudeln ausgefahren werden.
Armin Brütsch mit seiner Mutter Josefine vor der Ape, mit der die Nudeln ausgefahren werden. | Bild: Elisabeth Stauder

„Ich habe überwiegend Stammkundschaft bis in die Gegend von Waldshut, die von mir mit meiner Ape beliefert wird.“ Beim Verkauf wird er zudem von seiner 93-jährigen Mutter Josefine unterstützt. Sie hat Mittwoch und Samstag das Lädele beim Wohnhaus im Gottmadinger Weiler Murbach nahe der Schweizer Grenze geöffnet. Auf die Nudel-Preise angesprochen meint Brütsch: „Eine normale Familie soll es sich leisten können, jeden Tag hochwertige Nudeln zu essen.“