Der Druck auf die Kommunen mit Blick auf die Kinderbetreuung ist nicht nur seit Jahren hoch, sie wächst von Jahr zu Jahr weiter an. Davor ist auch Singen nicht gefeit. Oberbürgermeister Bernd Häusler sprach in der jüngsten Sitzung der beiden Ausschüsse für Verwaltung und Finanzen sowie für Familien, Soziales und Ordnung gar von einem „eklatanten Druck für Singen“. Die Stadtverwaltung will nun reagieren – und zwar schnell und effektiv: Beide Ausschlüsse haben einstimmig ihr Einverständnis für den Bau eines neuen Kindergartens an der Radolfzeller erteilt.
Platz für 75 Kita-Kinder geplant
Laut OB Bernd Häusler sollen in dem Gebäude künftig drei Gruppen für Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt entstehen. Die Einrichtung soll künftig Platz für 75 Kinder bieten. Sie sollen dort im Rahmen von verlängerten Öffnungszeiten – also bis 14 Uhr – betreut werden.

Die Verwaltung geht von Kosten in Höhe von rund 2,1 Millionen Euro aus. 500.000 Euro an Planungskosten sollen bereits in den Haushaltsplan dieses Jahres eingestellt werden. Die Mittel für die Außenanlagen und die Innenausstattung sind noch in keinem Finanzplan vorgesehen.
Neubau soll 2,1 Millionen Euro kosten
Laut Christian Kezic, Leiter des städtischen Gebäudemanagements, orientiere man sich bei den Baukosten auch an den Kosten der Einrichtung im Lindenhain. Diese habe rund 1,6 Millionen Euro gekostet. Preissteigerungen würden aber auch hier voll zum Tragen kommen und die Kosten auf rund 2,1 Millionen Euro ansteigen lassen.
Angesichts der weiterhin stark angespannten Lage auf dem Baumarkt sei ein Nachtraghaushalt im Sommer durchaus möglich, warnte der Oberbürgermeister vor, weil auch die Kosten für den Kita-Neubau höher ausfallen könnten.
Mehr Raum für Bewegung und Familienberatung
Laut dem Singener Rathauschef solle der Neubau in ähnlicher, modularer Bauweise wie die neue Einrichtung im Lindenhain gebaut werden. Die Verwaltung bezeichnet ihn als architektonisch, energetisch, bedarfsorientiert und betriebswirtschaftlich sehr gelungen. Lediglich der Bewegungsraum solle größer gestaltet werden und es sollen zusätzliche Zimmer für eine Familienberatung entstehen.
Dies hänge laut Leonie Braun, Abteilungsleiterin Kindertagesbetreuung, damit zusammen, dass die neue Kita an der Radolfzeller Straße keine U3-Betreuung anbieten werde. „Deshalb gibt es etwa auch keinen Schlafraum, sondern nur einen Ruheraum“, so Braun weiter.
„Der Standort ist ideal. Er ist auch aus der westlicher Innen- und der Nordstadt gut mit dem Rad oder zu Fuß zu erreichen“, betont der Oberbürgermeister. Und es soll schnell gehen: Häusler kündigte an, dass zügig mit dem Bau gestartet werden solle. Ziel sei es, die Einrichtung zum Kindergartenjahr 2024/25, also im September 2024, fertig zu haben.

Im Gremium ist die Meinung eindeutig
Laut Regina Brütsch (SPD) brauche es die neue Einrichtung in Singen – und zwar besser heute als morgen. „Die Nordstadt braucht die Einrichtung dringend, damit andere Einrichtungen entlastet werden. Der Platz ist für einen Solidarbau wie geschaffen“ Allerdings betonte sie auch, dass die Stadt bei der Betreuung von U3-Kindern nicht nur auf Einrichtungen in anderen, geeigneten Räumen setzen dürfe.

Kirsten Brößke (FDP) bezeichnete die Lösung als konstruktiv. „Sie wird für Entschärfung sorgen“, sagte sie. Den Bau und den Betrieb einer Kita in solch einem Tempo bezeichnete sie als Champions-League-Lösung. Angelika Berner-Assfalg (CDU) betonte, dass viele Kommunen mit dem Rücken zur Wand stehen. „Wir müssen an die Kinderbetreuung ran“, so die Stadträtin.
Wolfgang Heintschel als beratendes Ausschussmitglied sprach sich für den Neubau aus, appellierte aber auch dafür, die bestehenden Einrichtungen nicht aus den Augen zu verlieren. Dadurch solle ein Neidfaktor vermieden werden. Isabelle Büren-Brauch (Grüne) schlug vor, im Rahmen des Kita-Neubaus auch darüber nachzudenken, ob die Radolfzeller Straße künftig nach der Eröffnung der Kita zu einer Tempo30-Zone umgewandelt werden solle.
Die Sache mit den Fachkräften
Auf Nachfrage aus dem Gremium, ob die Stadtverwaltung angesichts des weiterhin herrschenden Fachkräftemangels Sorge trage, dass die neue Kita nicht genügend Erzieherinnen erhalten könnte, entgegnete Bürgermeisterin Ute Seifried: „Ich habe durchaus den Eindruck, dass Erzieherinnen gerne nach Singen kommen.“
Auch Leonie Braun erklärte, dass neue Kitas oft ein Magnet für Fachkräfte seien. „Aber es könnten dadurch Lücken in anderen Kitas entstehen“, so Braun weiter. Es sei zudem noch nicht sicher, dass die neue Kita gleich mit allen drei Gruppen starten könne. Auch dies sei dem Fachkräftemangel geschuldet.
Freie Träger könnten Betreuung organisieren
An Trägern wird es voraussichtlich nicht fehlen: Nachdem kirchliche und freie Träger bereits 20 von insgesamt 31 Kitas in Singen betreiben, soll deren Interesse auch für die neue Einrichtung abgefragt werden, wie Bürgermeisterin Ute Seifried erklärte. In der Ausschusssitzung wurde auch deutlich, dass es schon erste Bekundungen gibt: Neben der Caritas hätten sich weitere Träger gemeldet, die bisher noch nicht in Singen auftreten.