Schlechte Nachrichten für junge Eltern in Singen: In der Hohentwiel-Stadt gibt es zu wenige Plätze in der Kindertagesbetreuung. Oder wie es Leonie Braun, Abteilungsleiterin Kindertagesbetreuung, beim Pressegespräch schonungslos offenlegt: „Die bestehenden Einrichtungen in Singen sind rappelvoll.“ Bürgermeisterin Ute Seifried geht sogar so weit und schildert, dass die Situation in den Kitas noch nie so angespannt war wie aktuell. „Wir tun alles, um die Situation zu entschärfen, wir wollen jedem Kind einen Kitaplatz verschaffen“, sagt sie. Durch das neue Anmeldeverfahren der Stadt wurden ab Januar für September 2022 Plätze für 155 Kinder (U3) und 258 Kinder (Ü3) vergeben.
Die Zahlen, die Bürgermeisterin Ute Seifried vorlegt, machen aber auch deutlich: Mit Stand vom Mittwoch (11. Mai) haben 68 Kinder im Alter von unter drei Jahren und 325 Kinder im Alter über drei Jahre ab September keinen Kita-Platz und stehen auf der Warteliste. Das bedeutet, dass beinahe 400 Kinder im Herbst nicht in einer Kita betreut werden können. Daran habe laut Seifried auch der Umstand, dass die Stadt Singen im vergangenen Jahr 106 neue Kita-Plätze geschaffen habe, leider nichts ändern können. „Wir sind es wirklich leid, immer hinterherrennen zu müssen“, betont sie. Aber immerhin: Ab September sollen 72 neue Plätze zur Verfügung stehen, wie Seifried schildert.
In Singen leben mehr Kinder
Die Gründe sind laut Bürgermeisterin Ute Seifried und Leonie Braun vielschichtig. Einer davon: In Singen leben mehr Kinder zwischen drei und sechs Jahren, obwohl die Gesamtbevölkerung insgesamt betrachtet stabil geblieben ist. Seifried begründet dies auch durch einen massiven Zuzug nach Singen. „Singen bietet Wohnungen an, die preislich für viele Familien passen, und zeitgleich ist Singen mit Blick auf Arbeitsplätze attraktiv“, sagt sie.
Auch hier hat Seifried Zahlen parat: 2015 lebten 1730 Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren in Singen. 2018 waren es 1856. 2021 ist diese Zahl um 248 auf 2104 Kinder nach oben geschnellt. „Wir stellen fest, dass zum Teil in kleinen Wohnungen auch viel mehr Menschen leben als dies noch früher der Fall war“, so Seifried. Auch die Flüchtlingswelle 2015 habe dazu geführt, dass mehr Kinder in Singen leben. Dies hänge laut Seifried mit dem Familienzuzug zusammen. Weniger ins Gewicht falle dabei der Krieg in der Ukraine, so Braun. „Wir haben kaum ukrainische Kinder in den Kitas“, sagt sie. Denn diese seien im Großteil schulpflichtig und würden zur Schule gehen.

Ein weiterer Umstand verschärft die aktuell schon angespannte Situation. Laut Bürgermeisterin Ute Seifried schlage der Personalmangel in Kitas deutlich zu Buche. Auch hier nennt sie ein Beispiel: „Aktuell sind 45 Plätze, die wir anbieten könnten, aufgrund von Personalmangel nicht belegbar.“ Alleine in den städtischen Betreuungseinrichtungen seien laut Leonie Braun fünf Vollzeit- und drei Teilzeitstellen nicht belegt.

Bei den freien Trägern in der Stadt seien es sieben beziehungsweise acht vakante Stellen. „Das Problem ist einfach, dass es ein Ungleichgewicht bei den Erzieherinnen gibt, die fertig mit der Ausbildung sind und die in Ruhestand gehen“, sagt Seifried. Da auch andere Städte und Kommunen extrem mit dem Personalmangel in Kitas zu kämpfen haben, würden sich die Verwaltungen sinnbildlich um den Nachwuchs prügeln, so Seifried weiter. Nicht zuletzt würden laut Seifried auch Räumlichkeiten in der Stadt und den Ortsteilen fehlen. Aktuell betreibt die Stadt Singen mit elf Kitas ein Drittel der Einrichtungen, der Rest wird von freien Trägern angeboten.
Wie es besser werden soll
Gleich mit einem ganzen Maßnahmenkatalog soll die angespannte Situation in den Singener Kitas entschärft werden. „Unser Gebäudemanagement prüft gerade, wo wir zusätzlichen Raum schaffen können“, sagt Seifried. Dies könnten kurzfristig Neubauten sein oder langfristig Vorhaben, die von Investoren umgesetzt werden. Von zwei Investoren erhoffe sich die Stadt etwa, dass bis 2023 drei neue Gruppen realisiert werden. Bereits im Juni sollen mögliche Standorte für Erweiterungs- oder Anbauten vorliegen. Diese könnten laut Seifried in Holzbaurahmenweise gebaut werden, wie etwa beim Waldorfkindergarten.
Holzmodule anstatt Container
Ein weiterer Baustein soll der Ausbau der Kindertagespflege in geeigneten Räumen sein. Seifried nennt hier das Beispiel Friedingen: Ein zusätzliches Containermodul soll im Singener Stadtteil hinter der Schlossberghalle aufgestellt werden. Ein Aber bleibt auch bei den vorgestellten Lösungsvorschlägen. „Wir haben derzeit erhebliche Schwierigkeiten, an die Module zu kommen“, schildert Leonie Braun. Dort können dann neun Kinder im Alter unter drei Jahren betreut werden. In den Räumen der bisherigen Nestgruppe soll parallel eine zusätzliche Gruppe für Kinder über drei Jahren mit mindestens 20 neuen Plätzen eingerichtet werden.
„Auch für dieses Vorgehen wie in Friedingen suchen wir nach geeigneten Räumen in der gesamten Stadt“, so Seifried. Diese Wohnungen müssten über zwei Zimmer, ein Bad, eine Küche sowie einen kleinen Garten oder eine andere Spielmöglichkeit im Freien verfügen. Aus Sicherheitsgründen sollten die Räume zudem im Erdgeschoss liegen, um Fluchtwege zu bieten. Die entstehenden Kosten für Miete, Anschaffungen und Ähnlichem würden von der Stadt bezuschusst, so Bürgermeister Seifried weiter.