Zweimal soll ein 62 Jahre alter Mann aus Singen seine Nachbarn verletzt haben – erst mit einer Schreckschusspistole, dann mit einem Messer. Jedes Mal ging es um Eifersucht, weil er den Männern eine Liebelei mit seiner Ehefrau nachsagte. Drei Tage lang verhandelte nun das Landgericht Konstanz gegen den Mann, der wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt war. Doch zu einem Urteil kam es nur in einem der beiden Vorfälle, denn zu Beginn des letzten Verhandlungstages gab es zunächst eine gute Nachricht für den Angeklagten und die Verteidigung.

Wie Richter Arno Hornstein erklärte, sei es den Behörden nicht gelungen, den 22-jährigen Geschädigten, der vom Angeklagten im vergangenen Jahr mit einer Schreckschusspistole attackiert worden war, an seiner gemeldeten Adresse in Niedersachsen aufzufinden. Da somit auch am dritten Prozesstag keine Aussagen des Geschädigten aufgenommen werden konnten, stellte Richter Hornstein das Verfahren nach Antrag der Staatsanwaltschaft für jene Tat ein.

Gefährliche Messerstiche werden weiter verhandelt

Davon unberührt blieb allerdings die schwerwiegendere Tat. Der Angeklagte habe einem weiteren Nachbarn am Anfang des Jahres aufgelauert, um ihn mit Pfefferspray und einigen Messerstichen brutalst zu attackieren. Hierzu äußerte sich ein Kriminalpolizist, welcher den Tathergang nochmals ausführlich erklärte.

Auch diesen Nachbarn soll der 62-Jährige berichtet haben, dass er ein sexuelles Verhältnis zwischen dem Geschädigten und seiner Ehefrau vermute. Weiter soll der Angeklagte behauptet haben, er sei vom Geschädigten zuvor provoziert und geschlagen worden, sodass er sich aus Notwehr mit dem Messer und Pfefferspray verteidigen wollte, sagte der Polizist.

Doch wie am vorherigen Prozesstag bereits deutlich wurde, war für Richter Arno Hornstein sowie die Staatsanwaltschaft klar, dass der Angeklagte der Aggressor jener Auseinandersetzung gewesen sein muss. Nun musste am finalen Verhandlungstag die Frage der Schuldfähigkeit beantwortet werden.

Konnte der Angeklagte seine Handlungen kontrollieren?

Die zuständige Sachverständige und Fachärztin für Psychiatrie hat in ihrem Gutachten ausgeführt, dass der Angeklagte unter massiven wahnhaften und paranoiden Störungen leide. Die Sachverständige berichtete weiter, dass der Mann wohl seinen eigenen Wahnvorstellungen zum Opfer gefallen sei.

Das könnte Sie auch interessieren

Für die beiden Verteidiger Jens Janssen und Toralf Duve war das eine nicht unerhebliche Einschätzung, denn wie die Sachverständige sagte, sei dem 62-jährigen Mann eine erhebliche Milderung der Schuldfähigkeit zuzusprechen. Das Strafgesetzbuch sieht in solchen Fällen eine Milderung der eigentlichen Strafe vor, insofern der Beschuldigte das Unrecht der Tat aufgrund seiner Krankheit nicht einsehen kann oder keine Steuerungsfähigkeit während der Tat besessen habe.

Die Plädoyers zwischen langer Haftstrafe und Freispruch

Von einem milderen Strafmaß aufgrund des Krankheitsbildes war beim Plädoyer der Staatsanwaltschaft allerdings keine Spur. Zwar erkenne man, dass der Angeklagte aufgrund seiner Krankheit erheblich beeinträchtigt sei, dennoch sei man sich sicher, dass die Attacke des Angeklagten hinterlistig geplant war und er sich auch gewissermaßen steuern konnte.

Das könnte Sie auch interessieren

Ob der Mann mit Tötungsvorsatz gehandelt habe, sei nicht eindeutig. Die Staatsanwaltschaft gehe jedoch davon aus, dass sich der 62-Jährige in seinem Wahn rächen wollte. Aufgrund der gefährlichen Stiche im Schulter-, Gesäß- und Dammbereich plädierte die Staatsanwältin für eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Ebenfalls beantragte sie eine Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt, da der Mann eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle, so die Staatsanwältin.

Das könnte Sie auch interessieren

„In meinen Augen ist die Tat einzig und alleine dem Wahn des Angeklagten geschuldet“, erklärte Verteidiger Janssen zu Beginn seines Plädoyers. Denn wie Janssen weiter ausführte, habe der Mann bereits mehrfach geäußert, sich in einem schwierigen psychischen Zustand zu befinden. Weiter stellte der Rechtsanwalt fest, dass der Angeklagte den geschädigten Mann niemals hätte töten wollen. „Als er Blut gesehen hat, hat er sofort aufgehört zuzustechen“, so Janssen. Er forderte daraufhin den Freispruch für den Angeklagten und ihn stattdessen in einer psychiatrischen Klinik zu behandeln.

Richter setzt Einweisung in Psychiatrie fest

Der Mann wurde wegen schwerer gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Strafe wurde gemildert, da der Richter von einer geringen Steuerungsfähigkeit ausgegangen ist. Für Richter Hornstein sei der 62-jährige Mann zur Tatzeit zumindest eingeschränkt steuerungsfähig gewesen. „Die Kammer ist absolut davon überzeugt, dass der Angriff von dem Angeklagten ausgegangen ist und er zumindest geringfügig die Kontrolle über sich hatte“, so Hornstein.

Folglich verurteilte ihn Hornstein zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten nebst einer Einweisung in eine psychiatrische Anstalt. „Sie müssen diese Eifersuchtsgeschichte mithilfe der Ärzte in den Griff bekommen“, so der Richter final.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig