Hanne Pföst kann die Frage manchmal nicht mehr hören. Dabei ist sie doch nur ein Beweis dafür, wie sehr die Menschen im Hegau am Hohentwiel interessiert sind. Immer wieder fragen die Besucher: „Was macht der Schafstall? Wann bekommt ihr endlich einen neuen?“

Hanne Pföst zuckt mit den Schultern. Eine genaue Antwort kann sie nicht geben. Zusammen mit dem Schäfer Michael Thonnet betreibt sie die Domäne auf dem Hohentwiel. Dazu gehören aktuell 600 Mutterschafe mit einer Nachzucht von 120 Tieren sowie Ziegen und 20 Rinder in Mutterkuhhaltung.

Die Pächter Michael Thonnet und Hanne Pföst warten auf Entscheidungen. Vier Planvarianten für einen Ersatz des abgebrannten Schafstalls ...
Die Pächter Michael Thonnet und Hanne Pföst warten auf Entscheidungen. Vier Planvarianten für einen Ersatz des abgebrannten Schafstalls sind jetzt in der engeren Wahl. | Bild: Sabine Tesche

Für den Landschaftsschutz am Hohentwiel sind die Schafe und Ziegen essentiell. Während die Schafe die größeren Flächen pflegen, kümmern sich die Ziegen um die Gebiete in den steilen Lagen. Doch die Schafe sind seit einem Großbrand im Sommer vergangenen Jahres ohne Obdach.

Viele Singener erinnern sich an die gigantische schwarze Rauchsäule über dem Hausberg. In einem beispiellosen Einsatz verlegte die Feuerwehr eine mehrere Kilometer lange Schlauchleitung auf den Berg, um Löschwasser aus der Aach zum brennenden Schafstall fördern zu können. Zum Glück kamen keine Tiere in den Flammen um. Aber Maschinen und 800 Ballen Heu und Stroh wurden vernichtet.

Gesamter Futtervorrat verbrannte

Für die Pächter ein Schock und eine Existenzbedrohung. Auch nachdem der Brand gelöscht war, musste noch Feuerwache gehalten werden. „Zehn Wochen später, als wir die Ballen vorsichtig auseinander gezogen haben, hätten wir uns beinahe noch verbrannt“, erinnert sich Thonnet. „Da war immer noch Hitze im Kern.“

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Fast der gesamte Futtervorrat war verbrannt. Hilfe kam in Form von Futter- und Geldspenden aus der Bevölkerung. Dafür sind Hanne Pföst und Michael Thonnet sehr dankbar. Jetzt wünschen sie sich, dass es auch mit dem Ersatzneubau für den abgebrannten Schafstall voran geht.

Der Schäfer mit seinen Tieren, die im Naturschutzgebiet als Rasenmäher arbeiten.
Der Schäfer mit seinen Tieren, die im Naturschutzgebiet als Rasenmäher arbeiten. | Bild: Sabine Tesche

Eine Nachfrage beim Amt für Vermögen und Bau macht jedoch klar, dass sich die Pächter noch gedulden müssen. „Wegen Corona sind wir in unserem Entscheidungsprozess zwei Monate zurückgefallen“, erklärt die für den Hohentwiel zuständige Architektin Ela Dünkelsbühler. Immerhin habe man unter 15 Planvarianten vier in die engere Wahl genommen.

Der Entscheidungsprozess zieht sich jedoch hin, weil in dem sensiblen Landschafts- und Naturschutzgebiet Hohentwiel zahlreiche Belange abgestimmt werden müssen. „Sechs Ämter sprechen mit“, hat Hanne Pföst nachgerechnet. Da muss nicht nur der Schäfer zustimmen, sondern auch das Baurechtsamt, die Naturschutzbehörden, die Denkmalbehörde und die Vertreter der staatlichen Schlösser und Gärten. Auch der Brandschutz und das Landwirtschaftsamt sprechen mit.

Neuer Stall wird deutlich größer

Über allem steht jedoch das Tierwohl. Michael Thonnet begrüßt die neuen Richtlinien, die den Tieren mehr Platz einräumen. 1460 Quadratmeter groß soll der neue Schafstall werden. Das ist etwa ein Drittel mehr Fläche als in dem abgebrannten Stall, der vor 22 Jahren zu den modernsten gehörte.

„Wir freuen uns über die neuen Tierwohl-Bestimmungen“, sagt Hanne Pföst. „So haben die Tiere mehr Platz zum Laufen.“ Die alten Futterraufen werden durch lange Gang-Raufen ersetzt. Dadurch können die Tiere im Stall entspannter fressen.

Winterweiden statt Dach über dem Kopf

Ein Dreivierteljahr nach dem Brand sagen die Pächter: „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen.“ Das Gebäude war vom Land versichert. Den Inhalt hatten die Pächter versichert. Einen Verlust haben sie trotzdem zu verkraften.

Schon im vergangenen Winter musste Thonnet mit seiner Herde durch den Hegau ziehen. Das wird auch im kommenden Winter wieder so sein. Dann zieht er jeden Tag ein Stückchen weiter. Und so wird das Blöken auf den Wiesen in Hausen, Aach, Steißlingen, Friedingen, Volkertshausen, Moos oder Welschen zu hören sein.

Die Winterweiden kann er von den Gemeinden pachten. Thonnet habe nicht nur ein Händchen für seine Schafe, sondern auch ein fotografisches Gedächtnis, erzählt seine Mitpächterin. „Er kann die Tiere ganz genau unterscheiden.“ Jede Menge Idealismus gehört zu diesem aussterbenden Beruf dazu.