Der Wahltag am 11. Juli ist zwar noch ein bisschen hin, doch ein Bewerber steht schon fest: Amtsinhaber Bernd Häusler will das Amt für die nächsten acht Jahre verteidigen. Wie blickt er auf seine erste Amtszeit zurück und wohin würde die Reise mit ihm im Falle einer Wiederwahl gehen? Häusler kann Projekte, Vorhaben und Themen aus dem Stegreif aufzählen.
Abgeschlossen ist zum Beispiel der Bau des Einkaufszentrums Cano samt Neugestaltung von Bahnhofsvorplatz und Busbahnhof. Die Integrationsarbeit nach dem verstärkten Zuzug von Flüchtlingen im Jahr 2015 laufe mit großem Engagement von Bürgern, sagt Häusler. Die Aufwertung der Innenstadt und den Wohnungsbau habe man massiv vorangetrieben. Das Hohentwielstadion sei umgebaut. Bei der Kinderbetreuung werde die Stadt in den nächsten Monaten etwa 3,5 Millionen Euro für 100 neue Plätze ausgeben.

Häusler argumentiert dabei auch ökonomisch. Seit 1994 arbeitet er in der Singener Stadtverwaltung, war seit 2003 für die städtischen Finanzen zuständig und seit 2006 Erster Bürgermeister. Er lenkt den Blick auf die Zahlen: Die lange gewünschte Nordstadt-Kita, für die der Spatenstich etwa jetzt hätte sein sollen, wurde aufgrund des Corona-bedingt klammen Haushalts aufgeschoben. Doch für die veranschlagten 7 Millionen Euro, die diese gekostet hätte, wären nur 40 zusätzliche Plätze entstanden, so Häusler. Und politische Weggefährten nennen auch die juristisch saubere Abwicklung der insolvent gegangenen städtischen Wohnungsbaugesellschaft GVV als eine seiner Leistungen. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Es gibt auch Projekte, die noch nicht Wirklichkeit wurden
Häusler kennt aber natürlich auch die Projekte, die schon länger auf der Wunschliste stehen: das neue Feuerwehrhaus, eine neue dreiteilige Sporthalle und die Sanierung des Hallenbads. Wann dies verwirklicht wird? Dazu gibt er keine Prognose ab. „Das wäre derzeit ein Blick in die Glaskugel“, begründet er – zu ungewiss ist angesichts der Corona-Pandemie die Entwicklung der städtischen Finanzen.
Beim Feuerwehrhaus habe die Stadtverwaltung zwar bereits eine Vorstellung für einen neuen Standort, doch der Gemeinderat habe noch nicht entschieden, sagt Häusler – und diesem Entscheid greift er im Gespräch auch nicht vor. Bei Hallenbad und Sporthalle stehe das Konzept und es gebe einen Gemeinderatsbeschluss.
Und noch einen Punkt gibt es, bei dem Häusler vorsichtig agiert: bei der Versicherungssumme, die die Stadt für die abgebrannte Scheffelhalle zu erwarten hat. Ein Wert von um die 2 Millionen Euro kursiert in der Stadt. Häusler bleibt aber bei seiner bereits getroffenen Aussage, dass es um einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag gehe. Eine präzise Summe könne er erst nennen, wenn diese sicher sei, der Verlässlichkeit halber.
Häusler hat auch Beispiele für umstrittene Themen parat, die in seine Amtszeit fielen. Am augenfälligsten: der Bau des Einkaufszentrums Cano mitten in der Innenstadt. Die ganze Stadt diskutierte über das Projekt, der Prozess war heftig und langwierig. Doch er sei stolz darauf, dass die Entscheidung auch mit einem Bürgerentscheid in großer Transparenz und am Ende im guten Miteinander gefallen sei. Auch bei der Bebauung des Herz-Jesu-Platzes habe es unterschiedliche Auffassungen im Rat und „im positiven Sinne heftige Diskussionen“ gegeben. Am Ende habe es eine Stimme Mehrheit für das Projekt gegeben, aber kein Nachtreten.
Die Arbeit läuft geräuschlos
Aktuell nimmt die Corona-Pandemie viel Raum ein. Häuslers Einschätzung ist, dass man lernen müsse, damit umzugehen: „Das wird uns noch die nächsten Jahre begleiten.“ Man müsse Perspektiven für eine Öffnung schaffen, denn: „Wenn es weitergeht wie jetzt, erreicht man die Menschen nicht mehr.“ Und zu Beginn des Jahres hat Häusler ein weiteres Thema besetzt, den Klimaschutz. Bis 2035 solle die Stadt klimaneutral werden, hatte er in seiner Neujahrsansprache gesagt. Der Gemeinderat beschäftigt sich damit.
Überhaupt, der Gemeinderat: Häusler ist es offenbar gelungen, zu allen Fraktionen einen guten Draht aufzubauen, was sich im Gespräch mit den Fraktionschefs bestätigt. Wie klappt diese Geräuschlosigkeit? Immer wieder Schlüsselworte: Transparenz und Verlässlichkeit. Die pflege er mit Rat, Verwaltungsmitarbeitern und Bürgern, sagt Häusler.
Doch es gibt auch Themen, bei denen er weniger transparent wirkt. Bei den Finanzen für den Wahlkampf zum Beispiel. Welches Budget hat er eingeplant, was sind die Geldquellen, wer gehört zu seinem Team? Ein Wahlkampfteam, das habe er natürlich. Derzeit seien es nur ein paar Leute, das Team werde aber noch wachsen. Und man wisse im Vorhinein nie, wie teuer ein Wahlkampf werde, sagt Häusler – denn das komme auch darauf an, ob es Gegenkandidaten gebe und wenn ja, welche. 20.000 oder 50.000 Euro seien möglich, sagt er. Ob er das alles selbst finanzieren könne, müsse man sehen. Ein Spendenaufruf wie bei seiner ersten Wahl vor acht Jahren sei nicht ausgeschlossen. Damals hätten ihn etwa 200 Einzelpersonen unterstützt mit Spenden in Größenordnungen von bis zu 2000 oder 3000 Euro.
Die Wahl vor acht Jahren ging denkbar knapp aus
Vor acht Jahren war Häuslers Wahl ein spektakulärer Coup, mit dem ein ebenso spektakulärer Wahlkampf zu Ende ging. Er trat damals gegen seinen Chef und Vorgänger auf dem OB-Sessel, Oliver Ehret, an, der ebenfalls die Wiederwahl anstrebte. Beide Kandidaten segelten unter der Flagge der CDU, auch in der Partei gab es Unterstützer für die eine oder andere Seite.
Der Wahlkampf war intensiv – oder weniger schmeichelhaft ausgedrückt: Er hatte Züge einer Schlammschlacht. Am Ende entschieden am 14. Juli 2013 im zweiten Wahlgang 72 Stimmen über den Wechsel im Rathaus und ein politisches Erdbeben. Heute ist bei den Ratsfraktionen von den damaligen Querelen nichts mehr zu spüren.
Warum ist Häusler damals angetreten? Das Risiko war hoch. Dass er sich im Falle einer Niederlage einen anderen Job hätte suchen müssen, sei ihm von Anfang an klar gewesen, sagt Häusler heute. Die Macht sei nie sein Ziel gewesen, ist einer der bemerkenswerteren Sätze, die dabei fallen: „Aber so, wie es damals gelaufen ist, wollte ich etwas verändern.“
Diese Veränderung ist aus seiner Sicht gelungen, die Entwicklung der Stadt werde sehr positiv wahrgenommen. „Singen kann mehr“ war damals ein Slogan, mit dem Häusler für sich warb. Das Versprechen habe er eingelöst, sagt er rückblickend. Ob das der Mehrheit der Bürger gefalle, werde sich erst am Wahltag zeigen.