Nicht nur als wichtiger Handelsplatz und Produktionsstandort hat sich Singen weit über die Region hinaus einen Namen gemacht, sondern mehr und mehr auch als Drehkreuz für den Warenumschlag. „Singen ist ein internationaler Logistikknotenpunkt, der sowohl gut an die Straße als auch mit dem HUPAC-Terminal an die Schiene angebunden ist“, betont Geschäftsführerin Claudia Kessler-Franzen vom Standortmarketingverein Singen aktiv, der auch für das Thema Wirtschaftsförderung in der Stadt verantwortlich zeichnet. Über 1000 Mitarbeiter seien in den mehr als 20 Singener Logistikunternehmen beschäftigt.
Aber nicht nur als Wirtschaftsfaktor im Arbeitsmarkt seien die Logistikunternehmen bedeutend. „Sie sind nicht nur Arbeitgeber und Steuerzahler, sondern stärken durch ihre vielfältigen Leistungen die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Wirtschaft insgesamt“, so Kessler Franzen. In vielen Fällen werde die Lagerleistung aus den Betrieben auf die Logistikunternehmen übertragen und mache sie so unentbehrlich.
Mit dem traditionsreichen Ulmer Logistik-Unternehmen Noerpel tritt jetzt ein weiterer Wettbewerber auf den Platz. „Mit der neuen Anlage in Singen bauen wir unsere Präsenz in Süddeutschland weiter aus“, betont Stefan Noerpel-Schneider als geschäftsführender Gesellschafter der Noerpel-Gruppe. „Gleichzeitig tragen wir damit der ständig steigenden Nachfrage nach unseren Logistikdienstleistungen Rechnung und schaffen rund 30 neue Arbeitsplätze in der Region.“ Logistik – so Noerpel-Schneider – sei heute ein wichtiger Partner sowohl für den Mittelstand als auch die Industrie.
Logistik bedeutet längst nicht mehr nur Transport
Während es früher um reine Transportleistungen gegangen sei, seien Logistikbetriebe heute Dienstleister mit einem breiten Leistungsportfolio, die oft frühere Arbeitsbereiche ihrer Kunden übernehmen, damit diese sich auf ihre Kernkompetenzen wie Entwicklung, Produktion und Marketing konzentrieren können. Beispiele für das Leistungsportfolio moderner Logistiker seien Lagerleistung, Konfektionierung, Qualitätskontrollen, Distribution, Versendung und Lagerung von temperaturgeführten Gütern ebenso wie pünktliche Lieferketten, Bestandsmanagement, Vormontage und Retourenmanagement bis hin zu Call-Center-Aufgaben, Fakturierung und Inkasso.

Auch deshalb sei Präsenz wichtig. Noerpel investiere nicht zuletzt aus diesem Grund in ein neues Logistikterminal mit 13.500 Quadratmetern in Singen um die Standorte in Süddeutschland zu stärken. „Nach Abschluss der Bauarbeiten verfügt die Noerpel-Gruppe über insgesamt 18 Speditions- und Logistikstandorte in Deutschland und der Schweiz, elf davon in Baden-Württemberg und Bayern“, erläutert Noerpel-Schneider in einer Mitteilung des Logistikunternehmens zum Bauvorhaben.
Gemeinderat nahm Projekt im Juni zur Kenntnis
Der Plan war schon im Juni Gegenstand im Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt des Singener Gemeinderats. Patrick Wacker, Leiter der Abteilung Baurecht bei der Stadtverwaltung, erklärte damals, dass die Zufahrt zur neuen Lagerhalle über die Verbindungsstraße nach Friedingen erfolgen soll. Ein Teil des Daches solle begrünt werden, der Rest solle für eine Solaranlage zur Stromerzeugung genutzt werden. Die Naturschutzbehörde habe das Vorhaben begleitet und bestimmte Tierarten in Ersatzlebensräume umgesiedelt.
Obwohl die Vorlage nur zur Kenntnisnahme, nicht zur Zustimmung im Gremium war, entspann sich damals doch eine kleine Aussprache. Walafried Schrott (SPD) sagte, wenn der Ausschuss hätte abstimmen müssen, hätte es bestimmt eine spannende Diskussion gegeben. Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler gab dazu zu bedenken, dass Singen eben ein Wirtschaftsstandort mit Industrie sei. Deren Waren müssten auch transportiert werden, weshalb Logistikbetriebe eben ein Bestandteil von Industriestandorten seien. Die Wichtigkeit der Branche erkenne man beispielsweise dann, wenn ein Frachter im Suezkanal querstehe.

Nachhaltigkeit will das Unternehmen bei dem Vorhaben, das im Sommer fertiggestellt werden soll, groß schreiben. „Im Sommer gehen wir mit einem neuen Team in den operativen Betrieb“, blickt Stefan Noerpel-Schneider voraus. Das Gebäude entspreche dem Gold-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. Die Dachflächen werden zur Stromerzeugen durch Sonnenenergie genutzt und begrünt. Dies könne durch Bindung von Kohlenstoffdioxid aus der Luft sowie als natürliche Klimaanlage einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Was genau entstehen soll – und für wen
Das Logistikterminal mit rund 13.500 Quadratmetern Nutzfläche entsteht auf einem knapp 30.000 Quadratmeter großen, seit langem brachliegenden Grundstück am Stadtrand hinter dem Einkaufszentrum von Edeka und Media Markt. Der Neubau umfasst rund 12.000 Quadratmeter Hallenfläche, 500 Quadratmeter Büro- und Sozialflächen sowie zirka 2.300 Quadratmeter so genannte Mezzanine, Lagerflächen mit reduzierter Deckenhöhe. Die Immobilie soll ansonsten über eine Innenhöhe von über zwölf Metern sowie 17 Ladetore verfügen. Damit biete sie ideale Voraussetzungen für die umfassenden Logistik- und weiteren Dienstleistungen, die Noerpel vor Ort realisieren wird.
Ein Großteil der neuen Logistikfläche sei – wie das Unternehmen erklärt – bereits fest für einen langjährigen Bestandskunden der Noerpel-Gruppe eingeplant, dessen Namen jedoch nicht verraten wird. Das Unternehmen produziere vor allem Verpackungsmaterial für die Lebensmittel-, Gesundheits- und Pflegebranche.
Die Branche
- Die Wettbewerber: In Singen gibt es laut Standortmarketingverein Singen aktiv über 20 Logistik-Betriebe. Die bedeutenderen sind Ansorge, Birsner, Böhm & Besold, Broziat, Dachser, Deutsche Post, Grieshaber Logistik, HUPAC, Multisped, Okle, Spedition Meier, TLI Translog und Transco.
- Der Investor: Die im Jahr 1881 gegründete Noerpel-Gruppe ist mit zurzeit 17 Standorten in Deutschland und der Schweizheute einer der führenden Logistikdienstleister in Süddeutschland. Die Noerpel-Gruppe erwirtschaftete nach eigenen Angaben im Geschäftsjahr 2020 einen Umsatz von rund 500 Millionen Euro. (bie)