Der Filmtitel „Das Leben ist eine Baustelle“ trifft auf Isabella und Chris Fuchs aus Steißlingen wortwörtlich zu. Sie haben sogar eine Großbaustelle: Im Mai 2022 kauften sich die Inhaber des gleichnamigen Abschleppunternehmens in Radolfzell-Böhringen für 501 Euro die Porzellanmanufaktur Weiss, Kühnert und Co. in Gräfental in Thüringen. Mehrere Gebäude mit Fabrik, Schlosserei und Verwalterhaus stehen auf dem 13.000 Quadratmeter großen Gelände. Im ersten Jahr waren das Ehepaar und ihre Helfer damit beschäftigt, das Gelände teilweise zu entrümpeln, zu sichern und die Dächer abzudichten.
2023 haben Isabella und Chris Fuchs das erste Dach auf dem ältesten Teil des Gebäudes erneuert, wie sie nun berichten. Es ist ein Backsteinbau aus dem Jahr 1891, das Dach mit einer Fläche von 380 Quadratmetern musste komplett neu aufgebaut werden. Zuvor musste aber das Stockwerk darunter vom Bauschutt befreit werden. Für das Dach wurden Stahlträger eingesetzt, die in luftiger Höhe zusammengeschweißt werden mussten. „Wir hatten zum Glück einen großen, 25 Meter hohen Baukran. Sonst hätten wir es nicht geschafft“, erklärt Isabella Fuchs.
Ehepaar pendelt jede Woche
Um ihr Projekt zu verwirklichen, pendelt das Ehepaar zwischen ihrem Abschleppunternehmen und der Fabrik. Eine Woche sind sie in Thüringen, eine Woche in Steißlingen. Im Sommer seien sie aber vier Wochen am Stück in Gräfenthal gewesen, um das Dach zu bauen. „Für das Dach selbst hat mein Mann zwölf Tage gebraucht“, erklärt die Unternehmerin. Doch bei so einem Projekt käme immer mal was dazwischen, womit man nicht gerechnet habe. Bei einem Sturm seien zwei Bäume auf das Verwalterhaus gefallen und mussten erstmal entfernt werden.

„Viele haben ja gedacht, wir sind verrückt, dass wir das machen und haben auch nicht so recht geglaubt, dass wir es schaffen“, erinnert sich Isabella Fuchs. Doch die Fertigstellung des neuen Dachs habe einige Skeptiker überzeugt, dass die Familie es packen kann. Weitere Fortschritte am Bau stimmen die Bauherrin zuversichtlich. So habe sie zum Beispiel die Terrasse gemauert und gefliest.

Inzwischen gebe es eine kleine Kaffeestube mit Holzofen und es sei ein Campingplatz mit Toilette eingerichtet. Außerdem hat die Fabrik jetzt einen Stromanschluss und es wurde eine Solaranlage aufs Dach gebaut. Um auch für größere Veranstaltungen gerüstet zu sein, hat das Ehepaar eine Feldküche gekauft. Die meisten Arbeiten erledigen die Fuchsens allein. Doch es gebe auch immer mal wieder Unterstützung: „Wir haben eine kleine, nette Truppe von zehn Helfern und nennen uns ‚Die Durchgeknallten von Gräfental‘“, berichtet Isabella Fuchs.
Spuknächte und Kaffeestube in der Fabrik
Viele Veranstaltungen hätten in diesem Jahr in der Fabrik, die bei Anhängern der Lostplace-Szene sehr beliebt sei, schon stattfinden können: Das Ehepaar hat Spuknächte veranstaltet und an zwei Tagen Halloween gefeiert. Für die Spuknächte wurden nicht nur die Räume gruselig geschmückt, sondern auch Schausteller engagiert, die die Gäste erschreckten.

Es habe ein Live-Konzert und ein Modeshooting gegeben. Gäste seien auf dem Gelände willkommen – wenn sie sich vorher ankündigen. „Wir hatten wieder einige Einbrüche, das ist natürlich ärgerlich, denn man kann mich ja anrufen oder eine Nachricht schicken und dann schließt jemand auf“, sagt die Fabrik-Besitzerin.
Einbrüche sind ärgerlich: Klingeln reicht
Auf Dauer bewohnbar werde die Fabrik nicht werden, erklärt Isabella Fuchs. Dafür müssten zahlreiche Auflagen zum Beispiel zum Brandschutz erfüllt werden und das könnten sie nicht leisten. Die Familie hat schon vor drei Jahren im Rahmen der Fernsehsendung „Die Schnäppchenhäuser“ ein Haus im benachbarten Ort Lichte gekauft und renoviert und wohnt dort. Jetzt hat sie auch das benachbarte Haus für 15.000 Euro erworben und möchte dort drei Ferienwohnungen einrichten, um Gäste unterzubringen.

Die 501 Euro, die die alte Porzellanfabrik gekostet hat, sind längst der kleinste Teil der Investition. Es seien vor allem die Materialkosten, die zu Buche schlagen: Material und Maschinen für das neue Dach hätten rund 50.000 bis 60.000 Euro gekostet. Das Geld erwirtschafteten sie hauptsächlich über die Gage, die sie für das Mitwirken an Fernsehsendungen bekommen.
„Wir haben mit der Fabrik wieder bei der Vox-Sendung ‚Traumhaus oder Luftschloss‘, bei der Doku-Soap-Reihe ‚We are family‘ und bei ‚Titanen aus Stahl‘ mitgewirkt“, berichtet Isabella Fuchs. Außerdem wurden sie für der ARD-Dokureihe „Alles Liebe!“ interviewt, bei der ungewöhnliche Paare über ihre Beziehung sprechen. Dabei sei der Altersunterschied zwischen ihr und ihrem Mann, der 16 Jahre jünger ist, Thema gewesen.
30 Drehtage fürs Fernsehen absolviert
Rund 30 Drehtage hat das Ehepaar im vergangenen Jahr absolviert. Anstrengend fände sie das nicht, erklärt Isabella Fuchs. Die Fernsehteams würden dann so mitlaufen. Die Teams würden an ihr und ihrer Familie schätzen, dass sie locker, spontan und lustig seien. Isabella Fuchs‘ Ziel ist es, statt in vielen verschiedenen Fernsehformaten mitzuwirken, eine eigene Sendung zu haben.
Die nächste große Herausforderung wartet im nächsten Jahr auf die Familie: Der größere Teil des Daches soll gemacht werden. „Das wird vor allem finanziell eine Herausforderung und ich weiß noch nicht, wie wir das schaffen sollen“, erklärt die Unternehmerin. Nach dem Kauf hatte sich das Ehepaar vorgenommen, dass die Renovierungsarbeiten in zehn Jahren abgeschlossen sein sollen. „Ein Jahr ist jetzt um, dann haben wir ja noch neun“, erklärt die Fabrikbesitzerin. Silvester wird jedenfalls in Thüringen gefeiert.