Während manche aus frischen Früchten einen Saft pressen, brennt Andrea Koch aus Wahlwies einen Edelbrand daraus. Mit dem Obsthof ihrer Familie und der eigenen Brennerei hat sie alles, was sie dazu benötigt. Seit Generationen besitzt ihre Familie das Brennrecht und dadurch hat sie schon relativ früh den Bezug zu der Kunst des Brennens gehabt. Aber entfacht ist die Brennlust, so auch der Name ihres Unternehmens, erst richtig, als sie nach ihrem Studium 2012 einen Beruf im Eventmanagement in Stuttgart begonnen hat. "Im Büro hat mir immer etwas gefehlt. Es hat mich schon immer nach Hause und in die Natur gezogen", sagt Andrea Koch.
Schon früh war das Interesse am Brennhandwerk also geweckt, und so habe sie ihren Vater gebeten, es ihr beizubringen. Da sie die wissenschaftlichen Aspekte und chemischen Vorgänge sehr interessiert haben, habe sie dann ihr Wissen vertieft, zum Beispiel mit einem Kurs im Allgäu und einer nebenberuflichen Ausbildung zur staatlich geprüften Fachkraft für Brennereiwesen an der Fachschule für Landwirtschaft in Offenburg. Nach der eineinhalbjährigen Ausbildung hat die 30-Jährige eine weitere Prüfung erfolgreich abgelegt, was die Berufsausbildung zur Brennerin abgeschlossen hat.
Schon während der Ausbildung hat sie mit einer mobilen Destillerie immer wieder an eigenen Rezepten experimentiert und diese nach und nach verfeinert. Sie sei eine der wenigen, die die Erlaubnis für so eine mobile Destillerie besitze, erzählt sie stolz. Angefangen habe sie mit Gin, da dieser momentan im Trend sei. Knapp zwei Jahre später habe sie dann zwei Gin-Rezepte entwickelt, die ihren eigenen Ansprüchen entsprechen. "Es musste ein eigenes fertiges Rezept sein, das pur genossen werden kann. Zudem musste es ein London Dry Gin sein, der nach dem Destillieren nicht mehr aromatisiert wird", erklärt die Brennerin, "denn was die Natur uns gibt, ist perfekt, so wie es ist." Mit diesen zwei Rezepten habe sie sich dann an die große Brennanlage gemacht und es sei eins zum anderen gekommen. Unter dem Namen Brennlust habe sie 2016 ein Einzelunternehmen angemeldet. "Einen konkreten Plan hatte ich nicht. Es hat sich einfach entwickelt", sagt die junge Unternehmerin.
Mittlerweile habe sie 15 bis 20 Rezepte in ihrem Angebot, die allerdings saisonabhängig seien. Denn zum Beispiel Rhabarber wachse nur im Frühjahr und Sommer. Deshalb könne sie im Winter keinen Rhabarberlikör machen, erzählt Andrea Koch. Sofern es ihr möglich ist, nimmt sie Obst aus dem eigenen Anbau. Aber zum Beispiel Kaffee und Orangen, für einen Kaffee-Orangen Geist, kaufe sie beim Händler. Rund 150 Flaschen könne sie pro Batch, also einem Brennvorgang, brennen. Sie mache aber auch viele kleinere für Liköre, erklärt sie. Die Flaschen werden dann von Hand abgefüllt und etikettiert.
Aber um davon leben zu können, reiche es nicht, denn sonst müsste sie auf Nähe zur Produktion und möglicherweise auf Qualität verzichten, um genug herstellen zu können: "Und das möchte ich auf keinen Fall", sagt Andrea Koch. Deshalb arbeitet sie mit einer 80 Prozent-Anstellung in einem Betrieb in Konstanz, damit sie sich Freitag und Samstag ganz der Brennkunst widmen kann. Dabei stehen ihr ihre Familie und der Freundeskreis tatkräftig zur Seite. Beispielsweise beim Schälen von Orangen und beim Abfüllen der Flaschen. "Meine Mutter hat eine sehr gute Nase für neue Rezepte und mein Vater hat jahrelange Brennerfahrung. Mein Lebensgefährte schmeißt nebenher den Haushalt", erklärt die 30-Jährige.
Um die Freude des Brennens zu teilen, bietet Andrea Koch buchbare Brennabende an. Mit ihrer mobilen Destillerie können Kunden dann unter Anleitung ihren ganz persönlichen Gin oder Geist brennen. Dabei erklärt sie alles rund um das Brennhandwerk.
Person und Serie
- Zur Person: Andrea Koch hat in Kufstein in Österreich unter anderem Veranstaltungsmanagement studiert. Bis Herbst 2015 arbeitete sie in Stuttgart in diesem Bereich, bevor es sie wieder in die Heimat zog. Seitdem geht sie an zwei Tagen in der Woche ihrer Leidenschaft nach.
- Zur Serie: Wir haben uns auf die Suche nach Frauen gemacht, die als Selbstständige arbeiten und dabei mitunter außergewöhnliche Geschäftsideen entwickelt haben. Sie arbeiten in Bereichen, die traditionell männlich geprägt sind, oder bringen neue Impulse in Traditionsbranchen. (mgr/eph)