Seelfingen ist bekannt für die alljährliche Kuhschisslotterie. Aber natürlich gibt es hier auch geballtes Wissen rund um Kühe, Kälber und Bullen. Deshalb versammeln sich 30 Auszubildende im zweiten und dritten Lehrjahr beim Lehrlingstreffen auf dem Hof der Familie Käppeler in Seelfingen. Mindestens drei solcher Treffen muss es pro Jahr in der Ausbildung zum Landwirt geben. Die Teilnahme ist Zulassungsvoraussetzung für die Abschlussprüfung im Beruf Landwirt.
Unter den Teilnehmern befinden sich Auszubildende aus den Landkreisen Waldshut, Sigmaringen, Bodenseekreis, Tuttlingen, Konstanz und Villingen-Schwenningen. Von Franz Käppeler lernen sie, welche Kriterien sie für eine erfolgreiche Zucht berücksichtigen müssen. An oberster Stelle steht das Tierwohl. Markus Porm, Ausbildungsberater beim Amt für Landwirtschaft und zuständig für die Landwirtschafts-Lehrlinge im Kreis Konstanz, erklärt den Besamungskalender und bespricht anfallende Arbeiten, die sich aus der Besamung und der Trächtigkeit ergeben. Dass es wichtig ist, seine Tiere auch zu beobachten und nicht nur zu melken und zu züchten, gibt Simon Käppeler den jungen Leuten am Beispiel einer Kuh mit: "Man sieht es an Concil. Sie hat Vertrauen zu mir wie ich zu ihr. Deshalb kann ich sie auch einfach herausführen, ohne dass sie Schwierigkeiten macht. Wir haben das nicht extra geübt. Sie macht das, weil sie weiß, dass ich gut zu ihr bin", erklärt er.
Zeitgleich besichtigen weitere Auszubildende mit Richard Auer in Volkertshausen Felder, auf denen das Amt für Landwirtschaft Versuche zur Herbstbegrünung gemacht hat. Markus Porm sagt, er arbeite viel mit der Berufsschule Radolfzell zusammen und nehme für die Lehrlingstreffen auch Vorschläge der Schüler auf. "Die Herbstbegrünung war ein Wunsch der Lehrlinge", erläutert er.
Durch den Strukturwandel gebe es künftig viele Möglichkeiten für junge Landwirte, ist Franz Käppeler überzeugt. "Viele hören auf, andere werden größer und brauchen mehr Mitarbeiter." Maximilian Brüns aus Überlingen verbindet Kindheitserinnerungen mit dem Berufsbild. "Freunde und Verwandte haben landwirtschaftliche Betriebe. Da war ich schon als kleines Kind", erzählt er. Tobias Mayer aus Owingen will auf dem elterlichen Hof mitarbeiten und den Techniker machen. Bei Alexander Müller war es der Opa, der ihn mit seinem Nebenerwerbsbetrieb motiviert hat, selbst Landwirt zu werden. "Seit ich 15 Jahre alt war, bin ich viel für Landwirte gefahren. Nach der Ausbildung will ich erst als Lohnunternehmer arbeiten und dann meinen Meister machen", sagt der Deisendorfer. Florian Tröndle aus Birndorf im Landkreis Waldshut fasst zusammen: "Es macht Spaß, mit der Natur, dem Boden, den Tieren und Maschinen zu arbeiten. Das ist eine große Vielfalt." Markus Porm beobachtet, dass die Zahl der klassischen Nachkommen abnimmt, die den Hof der Eltern übernehmen. Es gebe immer mehr Quereinsteiger, also Auszubildende, die Landwirt werden wollen, ohne selbst direkt aus der Landwirtschaft zu kommen.
Ein Beispiel dafür ist Sandra Schönfeld. Die 31-Jährige wollte ursprünglich Schäferin werden. Damit waren ihre Eltern nicht einverstanden. Sie absolvierte daraufhin eine Ausbildung zur Rechtsanwalts-Fachangestellten und hielt sich zusammen mit einer Freundin und später mit ihrem Freund 30 Schafe. Nun wird sie Landwirtin. Sie ist im dritten Lehrjahr, findet die Jungs in ihrer Klasse super und hat als Ziel, einen eigenen Betrieb aufzubauen. Ihre Lehrzeit verbringt sie ausschließlich auf Bio-Höfen, aber sie findet es gut, dass sie in der Schule auch die konventionelle Landwirtschaft kennenlernt.
Alle Auszubildenden blicken positiv in die Zukunft, auch wenn ihnen klar ist, dass ein Landwirt keinen Acht-Stunden-Arbeitstag haben kann. "Vor Überstunden darf man sich nicht scheuen, die Tiere müssen versorgt werden", betont Franz Käppeler.
Die Ausbildung
- Erster Schritt: Die Berufsausbildung zum Landwirt erfolgt im dualen System. Neben der Ausbildung in landwirtschaftlichen Betrieben wird an ein bis zwei Tagen in der Woche berufsbegleitender Unterricht in der Berufsschule erteilt und die Ausbildung durch den Besuch überbetrieblicher Ausbildungsstätten ergänzt. Die zwei- bis dreijährige Ausbildung endet mit der Abschlussprüfung zum Landwirt.
- Weitere Schritte: Wer weiterlernen möchte, kann nach einjähriger Berufspraxis in der Landwirtschaft ein Jahr lang die Fachschule für Agrarwirtschaft – Fachrichtung Landwirtschaft besuchen. Diese wird mit dem Titel Staatlich geprüfter Wirtschafter beendet. Darauf aufbauend kann dann die Anmeldung zur Meisterprüfung erfolgen. Grundsätzlich sind die Unterrichtsinhalte der Fachschule für Landwirtschaft eng mit den Inhalten der Meisterprüfung verbunden. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, die zweijährige Fachschule zu besuchen. Diese schließt mit dem Abschluss „Staatlich geprüfter Techniker“ ab. Neben der Betriebsleiterqualifikation erwirbt der Absolvent die Berechtigung, in der Landwirtschaft auszubilden und erhält – nach erfolgreichem Besuch der entsprechenden Kurse – außerdem die Fachhochschulreife. (wig)
- Kontakt: Fragen zur Ausbildung beantwortet Markus Porm unter der Telefonnummer (0 75 31) 800 2959 oder per Mail markus.porm@lrakn.de