Für die Anwohner am Nellenburger Hang muss die Nachricht wie eine Erlösung klingen: Die Stadt Stockach möchte dort nun Immissionsmessungen vornehmen, um die Feinstaubbelastung zu bestimmen. Denn seit Jahren beklagen sich die Menschen dort über einen unangenehmen Gestank und Abgaswolken sowie deren gesundheitliche Folgen.

Und die Messungen sind nicht einzige positive Nachricht. Denn die Anwohner vermuteten die Aluminium GmbH als vermeintlichen Übeltäter – und die plant nun eine Modernisierung ihrer Anlagen, die ebenfalls helfen könnte.

Anwohner beklagen sich bereits seit Jahren

Bereits 2018 berichtete der SÜDKURIER über Geruchsbeeinträchtigung durch das Aluminiumwerk. So war es im Spätsommer 2017 zu starken Luftverunreinigungen gekommen. Der Geschäftsführer der Alu-Werke, Markus Wild, sagte damals, technische Probleme seien die Ursache gewesen und rasch behoben worden. Doch die Probleme hielten an, immer wieder stank es am Nellenburger Hang. Anfang 2020 hatte daher eine private Initiative von Anwohnern begonnen, mit eigenen Feinstaubsensoren die Luftbelastung messen.

Ausstoß der Kamine der Stockach Alu-Werke am 25. November 2021, als die Feinstaub am Nellenburger Hang besonders groß gewesen sein soll.
Ausstoß der Kamine der Stockach Alu-Werke am 25. November 2021, als die Feinstaub am Nellenburger Hang besonders groß gewesen sein soll. | Bild: Löffler, Ramona

Laut deren Internetseite zeigten die Sensoren „Werte an, die phasenweise besorgniserregend hoch sind.“ So sei beispielsweise am 19. November 2021 ein Höchststand von 400 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter gemessen worden. Zudem gehe die Feinstaubluft laut der Initiative mit einer „übelriechenden grau-bläulichen Nebelschwade einher.“ Der Zustand war aus Sicht der Anwohner nicht mehr hinnehmbar.

Feinstaub und Grenzwerte

Werner Hammon ist einer betroffenen Anwohner und kennt sich selbst in der Alu-Branche aus. Er vermutete vor zwei Jahren, dass zwei Dinge in der Luft enthalten sind: Komponenten, die beim Gießprozess des Aluminiums entstehen und Partikel der übrigbleibenden Schlacke. So entstehe die Staubfracht in der Luft, die sie bläulich färbe.

Tägliche Feinstaubmessungen über sechs Monate

Anfang des vergangenen Jahres kündigte die Stadt schließlich Schadstoffmessungen am Nellenburger Hang an. Nun möchte die Stadt dem Problem tatsächlich auf den Grund gehen. Denn der Planungsausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig Immissionsmessungen am Nellenburg Hang an die Firma Dekra vergeben. Die Kosten dafür liegen bei 48.350 Euro netto.

Ordnungsamtsleiter Carsten Tilsner bestätigt, dass die Beschwerden der Anwohner die Stadt zu den Messungen veranlasst haben.
Ordnungsamtsleiter Carsten Tilsner bestätigt, dass die Beschwerden der Anwohner die Stadt zu den Messungen veranlasst haben. | Bild: Dominique Hahn

Das Angebot der Firma beinhaltet kontinuierliche Feinstaubmessungen über einen Zeitraum von sechs Monaten, sowie die Möglichkeit, nachträglich den Inhalt einzelner Tagesmessungen zu analysieren. Dadurch könnten nämlich Rückschlüsse auf den Verursacher gezogen werden. Der genaue Orte für die Messungen steht zwar noch nicht fest. Aber auf Anregung einiger Ausschussmitglieder sollen die Messungen vermutlich bereits im Herbst oder Winter stattfinden, wenn die Immissionen erfahrungsgemäß besonders hoch sind.

Bild 3: Haben Gestank und Feinstaub am Nellenburger Hang bald ein Ende?
Bild: SK

Carsten Tilsner, Leiter des Baurechts- und Ordnungsamtes, bestätigt auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass die Beschwerden der Anwohner die Stadt zu den Messungen veranlasst haben. „Dabei sind die Beschwerden wegen Geruchsbeeinträchtigungen nur das eine. Daneben steht, auch insbesondere bei den Anwohnern am Nellenburger Hang, die Sorge im Raum, dass Menschen in Stockach Feinstaub in einer Menge und Konzentration ausgesetzt sind, die ihre Gesundheit gefährdet“, erklärt Tilsner weiter.

Alu-Werk plant, das Hallendach zu sanieren

Doch womöglich erledigt sich das Problem künftig ohnehin von alleine. Denn Daniel Gimpel, Produktionsleiter bei der Aluminium GmbH, stellte in der selben Ausschusssitzung geplante Sanierungen und Neubauten auf dem Standortgelände vor. So sollen die bestehenden Anlagen auf den neuesten Stand der Technik gebracht sowie neue gebaut werden.

„Wenn man das alles schon modernisiert, dann muss das Dach dicht sein, sodass kein Gestank mehr rauskommt. Alle Abluft muss ...
„Wenn man das alles schon modernisiert, dann muss das Dach dicht sein, sodass kein Gestank mehr rauskommt. Alle Abluft muss künftig durch die neue Filteranlage gehen“, sagt Bürgermeister Rainer Stolz. | Bild: Annemarie Jucha

Konkret plant das Unternehmen drei Vorhaben: Erstens eine Hallenerhöhung für die Giesanlage Strangguss, zweitens eine Hallenerhöhung und den Neubau einer Halle für die Aufstellung eines Schmelzofen und zwei Warmhalteöfen, sowie drittens den Neubau einer Rangierhalle.

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Dazu möchte die Firma den Platz vor der bisherigen Halle nutzen und die bestehenden nebenbei nach und nach sanieren. Im Zuge dessen soll am Dach gearbeitet werden, was möglich die Geruchsprobleme lösen könnte. Zudem habe die Firma bereits eine neue Filteranlage installiert.

Hallenbau dauert bis 2026

Bürgermeister Rainer Stolz merkte in der Sitzung an: „Wenn man das alles schon modernisiert, dann muss das Dach dicht sein, sodass kein Gestank mehr rauskommt. Alle Abluft muss künftig durch die neue Filteranlage gehen.“ Auch Alice Engelhardt von den Grünen äußerte ihre Hoffnung, dass die Geruchsprobleme im Wohngebiet dadurch besser werden – wenn sie denn tatsächlich durch das Alu-Werk verursacht werden.

Bis es so weit ist, wird allerdings in jedem Fall noch etwas Zeit vergehen. Laut Daniel Gimpel soll die neue Halle erst Anfang 2026 in Betrieb gehen.

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