Die Musiker der Stadtmusik Stockach kommen schwarz gekleidet auf die Bühne der Jahnhalle. Viele haben ein rotes Accessoire dabei – eine rote Krawatte oder Fliege, ein Einstecktuch, rote Socken oder rote Schuhe.
Sie wirken hochkonzentriert und motiviert, denn das Oktoberkonzert ist auch für sie ein besonderes Ereignis mit einem virtuosen Solisten: Thomas Gansch aus Niederösterreich steht bei drei ihrer acht Stücke im Mittelpunkt. Der lässig angezogene Künstler gewinnt schon beim Betreten der Bühne die Sympathie der Zuhörer und fasziniert sie mit seiner perfekten Darbietung.
Gelungener Auftakt
Nadine Heinzle führte durch das Programm. Sie kündigt das erste Werk als sehr dynamisch und mitreißend an. Es ist eine Fusion des Schlussmotivs von Beethovens neunter Symphonie, der Ode an die Freude, mit Elementen des Stücks Short Ride in A Fast Machine des zeitgenössischen Komponisten John Adams. Nach dem letzten Ton strahlt Dirigent Helmut Hubov sein Orchester an: Der Auftakt ist gelungen, das Lampenfieber legt sich.
Zum zweiten Stück empfiehlt Nadine Heinzle, gedanklich in der linken Hand einen Whisky, in der rechten eine Zigarre zu halten, und die Musik von Frank Tichely zu genießen.
Er hat in Blue Shades seine Liebe zu Jazz und Blues mit seinem eigenen zeitgenössischen Stil verbunden. Ungewohnte Klänge folgen beim Blues für eine getötete Katze, wie das Stück von Jack End auf deutsch heißt. Das Publikum kann seine Trauer durch die sentimentale Musik förmlich spüren.

Dann ist es soweit: Thomas Gansch kommt auf die Bühne. Seinen inzwischen ziemlich langen Bart rasiere er erst ab, wenn er wieder ohne Einschränkungen spielen könne, klärt Heinzle die Gäste auf.
Das Stück Fancy Vienna war der Auslöser für das Konzert mit dem österreichischen Star, wie Helmut Hubov im Nachgang erzählt: Er kenne den Komponisten Thomas Doss, der die Musik für Gansch geschrieben hat, sehr gut. „Deshalb kam bei mir die Idee auf, dieses Werk mit Thomas Gansch aufzuführen.“ Die anderen Stücke habe er aus einer Liste aussuchen dürfen, so Hubov weiter.

Nach der Pause setzt das Orchester neben den Instrumenten auch die eigenen Stimmen ein – als rhythmischen Sprechgesang. Es folgen La Malaguena, eines der bekanntesten Lieder der lateinamerikanischen Musik, und der spanische Klassiker La Virgin de Macarena.
Dieser beschreibt klangfarbenreich eine Marienprozession in der spanischen Stadt Sevilla. Natürlich dürfen die Musiker nicht ohne Zugabe von der Bühne gehen: Das Stück Bird Land krönt den Abend – der Solist setzt noch einmal weitere Glanzpunkte.
Trotz Corona so gut wie eh und je
Zum Abschluss sprach Bürgermeister Rainer Stolz dem Orchester seinen Dank aus. Es sei so gut wie eh und je. Und er dankt Stadtmusikdirektor Helmut Hubov, der seine Mannschaft auf den Punkt fit gemacht habe. Die Stadtmusik habe es geschafft, das Publikum in die Welt zu führen. Besonders beeindruckt zeigte sich der Bürgermeister von Thomas Gansch und dem „Feuerwerk der originellen Trompete“.
Nach dem Konzert nutzen viele Orchestermitglieder die Gelegenheit für ein Foto mit dem Weltklasse-Trompeter. Der gibt sich nahbar und plaudert mit allen. Er erzählt, dass er seit Juli wieder gut beschäftigt sei, viele verschobene Auftritte würden jetzt nachgeholt. Sein Abstecher nach Stockach sei mit langen Fahrten verbunden gewesen, so Gansch.
Voller Terminkalender
Nach einer kurzen Anspielprobe am Freitag ging es für ihn zu einem Konzert nach Dornbirn, am Samstag fand eine einstündige Probe mit der Stadtmusik statt. Außerdem gab er einen Workshop für 25 Personen.
„Der fing sehr früh an. Ich frage immer, was die Leute wissen wollen. Dann schauen sie erst mal. Ich erzähle dann aus dem Leben.“ Von Stockach habe er daher nicht viel gesehen.
„Aber den Tennisplatz kenne ich jetzt. Ich war heute morgen eine Stunde mit Helmut Tennis spielen“, verrät er. Auch die Frage nach seinem Bart beantwortet er mit einem Lächeln: „An Silvester habe ich Geburtstag. Ich spiele im Wiener Konzerthaus und da kommt der Bart live ab. Vielleicht. Nix ist fix.“ Noch am Abend reist der Künstler nach Wien zurück.
Konzert wirkt wohl lange nach
Bei den Stockacher Musikern wird das Konzert lange nachwirken. Helmut Hubov sagt: „Es war eine sehr tolle Erfahrung. Die Musiker sind auch diese Herausforderung sehr positiv angegangen. Da ein Blasorchester keine Big Band ist, ist es natürlich auch sehr schwierig, gewisse Sachen musikalisch umzusetzen – das haben die Musiker aber hervorragend gemacht.“