Barbara Dintinger wuchs mit sechs Geschwistern auf. Sie war acht oder neun Jahre alt – so genau weiß die heute 68-Jährige es nicht mehr -, als der jüngste Bruder ihr das Walzertanzen beibrachte. „Er war zehn Jahre älter als ich“, erzählt sie, weshalb ihr Bruder diesen Gesellschaftstanz damals schon beherrscht habe. Das mag der Moment gewesen sein, in dem Barbara Dintinger das Tanzen lieben lernte und für sie die Bewegung zu Rhythmus und Musik wie zu einer zweiten Haut wurden.
Ausbildung zur Tanzpädagogin
Nach der Schule war für die junge Frau klar, dass sie in ihrem Berufsleben mit Musik, Sprache und Bewegung zu tun haben wollte. Sie ließ sich zur Tanzpädagogin ausbilden, unterrichtete später die anthroposophische Bewegungskunst Eurythmie und wurde schließlich Lehrerin für Heilpädagogik. Immer stand dabei die Bewegung im Mittelpunkt. Heute sagt sie: „Ich habe 36 Berufsjahre mit Kindern und Jugendlichen verbracht und mich mit Tanzen und Rhythmik befasst. Mein größter Teil der Beschäftigung war die Arbeit mit Kindern in der Bewegung.“ Sie erklärt: „Man muss nur tanzenden Kindern zusehen, um deren Persönlichkeit zu entdecken und sich mit ihnen zu verständigen. Musik bietet den intensivsten Zugang zu einem Kind.“
Das Unmittelbare faszinierte die Tänzerin
Doch nicht nur beruflich, auch privat spielte das Tanzen und die Bewegung für Barbara Dintinger eine überragende Rolle. 1998 fragte ein Überlinger Waldorfschüler sie und ihren Mann ob sie Lust hätten, an einem Tanzprojekt der Waldorfschule teilzunehmen. „Sie brauchten zehn Leute für Ausdruckstanz, Jazz und Modern. Und es ging um Tango Argentino. Das Paar sagte zu und von da an zog der Tango sie in seinen Bann: „Tango ist eine Facette des Tanzens, eine große und schöne“, sagt sie. Der Tanz besäße eine besondere Bewegungsqualität.

„Alle anderen Paartänze folgen vorgeschriebenen Mustern. Nicht so der Tango Argentino: „Beim Tango ist das anders, er ist ein im Moment entstehendes Gespräch zwischen den Tanzpartnern, er ist immer Improvisation.“ Dieses Unmittelbare faszinierte die Tänzerin. Jenseits der Klischees, die vom Tango Argentino bekannt sind, sei es vielmehr das Besondere, dass sich die Tanzpartner ohne Vorurteil aufeinander einließen, beide das aufnähmen, was ihnen beim Tanz gemeinsam zugänglich sei. Und dies sei, abgesehen von der Bewegung, die Musik.
Begeisterung ist auf den Sohn übergesprungen
Das spürte auch ihr Sohn Rupert, dem sie ihre Begeisterung für den Tango Argentino weitergereicht hat. Der studierte Streicher spielt in Hamburg in einem Barockensemble. „Er hat uns rasant an Musikalität und Tanztechnik überholt“, zeigt sie stolz auf ihn. Der Musiker sei heute mit seinem eigenen Tango Sexteto Christal unterwegs.
Tangostunden bei einer argentinischen Lehrerin
Zurück zu Barbara Dintinger. Als eine argentinische Lehrerin in Wahlwies Ende der 90er Jahre Tangostunden anbot, überlegte das Paar nicht lange. Es war nicht nur für sie der Einstieg in eine Leidenschaft. Zahlreiche Mitschüler aus dem Kurs der Argentinierin bildeten bald eine Tango-Gemeinschaft. Rund um den Bodensee entwickelte sich eine aktive Tangoszene. Barbara Dintinger hat später für 15 Jahre an der Volkshochschule in Überlingen Tango-Stunden angeboten und veranstaltete mit ihrem Mann Tanzabende, sogenannte Milongas, im Lagerhäusle in Altheim. In der Pandemie war an Tanzen zu denken, eine Milonga konnten sie nicht anbieten. Heute sieht das wieder anders aus: Das Paar bildet mit Freunden das Tangoteam Föhrenbühl in der Camphill Schulgemeinschaft Frickingen. Ab Herbst wollen sie dort Milongas anbieten.
Zur Person und Serie
- Barbara Dintinger fasziniert die besondere Bewegungsqualität beim Tango Argentino, das Improvisieren zur Musik, das Tanzen im Moment. Schon als Kind bewegte sie sich gerne. Der Beruf des Vaters, er war Sportlehrer, mag eine Rolle gespielt haben.
- Viele Menschen begeistern sich so sehr für eine Sache, dass sie beinahe ihr ganzes Leben ausfüllt. Vom Fußball bis zur Schallplattensammlung, von der Musik bis zum Oldtimer. Die SÜDKURIER-Redaktion hat sich in unserer Region auf die Suche nach Menschen begeben, die für eine spezielle Sache besonders brennen. Die Redaktion stellt sie in den kommenden Wochen in der Serie „Mein Leben ist..“ vor.