An der Grundschule Herdwangen fand eine außergewöhnliche Projektwoche statt: Unter dem bundesweiten Bildungsprojekt „Hospiz macht Schule“ setzten sich die Schüler der 4. Klasse – liebevoll „Waschbären“ genannt – mit den großen Fragen des Lebens auseinander: Mit Werden und Vergehen, Krankheit, Sterben, Trauer und Trost.

Kindern die Ängste nehmen

Ziel der Veranstaltung war es, den Kindern ihre Ängste zum Thema Sterben, Tod, Trauer und Verlust zu nehmen beziehungsweise diese zu mindern oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Des Weiteren sollten die Kinder zu einer bewussten Auseinandersetzung mit diesen Themen angeregt werden und eine Veränderung der Gesellschaft bezüglich der Akzeptanz von Sterben, Tod und Trauer zu erreichen.

Die Kinder sind mit großem Eifer dabei, den Besuch des Bestatters vorzubereiten. Viele Fragen an ihn haben sie vorher aufgeschrieben.
Die Kinder sind mit großem Eifer dabei, den Besuch des Bestatters vorzubereiten. Viele Fragen an ihn haben sie vorher aufgeschrieben. | Bild: Robert Reschke

Jeder Projekttag hatte einen thematischen Schwerpunkt

  • Tag 1 – Vom Werden und Vergehen: Mit Wolkenbildern, Fotos und Ritualen schufen die Kinder einen vertrauensvollen Start, um in das Thema Leben und Veränderung einzusteigen.
  • Tag 2 – Krankheit und Leid: Die Allgemeinärztin Frau Dr. Dorothe Hebisch besuchte mit ihrem Arztkoffer die Gruppe. Zuvor hatten die Kinder versucht, Krankheiten pantomimisch darzustellen. Dabei sollten andere Kinder deren Krankheit erraten.
  • Tag 3 – Sterben und Tod: Die Kinder erhielten viele Informationen über den Tod, die Bestattung und die Hospizarbeit. Der Überraschungsbesuch des Bestatters bewegte die Kinder nachhaltig und setzte damit einen weiteren Höhepunkt.
  • Tag 4 – Vom Traurig-Sein: Die Kinder versuchten eigene Gefühle in Farben und Symbolen auszudrücken. Das Umtopfen einer Bohnenranke wurde zum Sinnbild für Verlust und Neubeginn.
  • Tag 5 – Trost und Feiern: Gestaltung von Troststeinen und Bohnenblättern mit mutmachenden Worten. Bei einem Abschlussfest wurde die Woche für die Eltern präsentiert.

Team „Hospiz macht Schule Bodensee“

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter vom Hospizteam aus Salem, Meersburg und Mengen von links: Klaus Cunitz, Christiane Bosch-Schrapp, Petra ...
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter vom Hospizteam aus Salem, Meersburg und Mengen von links: Klaus Cunitz, Christiane Bosch-Schrapp, Petra Galluhn, Rita Scheuing, Mary Beil und Christine Sikora. | Bild: Robert Reschke

Sechs speziell geschulte Hospizbegleiter führten die mit großer Wärme und viel Erfahrung, begleitet von den Klassenlehrerinnen Rebecca Staniszewski und Silke Reichle, durch die Woche. Die Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren begannen jeden Tag mit Gesang und öffneten einen symbolischen Koffer, dessen Inhalt in das jeweilige Thema einführte. Sie trafen sich danach in vier festen Kleingruppen, die jeweils von einer ehrenamtlichen Gruppenleitung begleitet wurden.

Kinder befragen einen Bestatter

Zum Beispiel der dritte Projekttag zum Thema „Sterben und Tod“: Es war herzerfrischend, mit welcher Unbekümmertheit die Kinder das Thema angingen. Sie bereiteten zum angekündigten Besuch eines Bestatters Fragen an ihn vor.

Beim Besuch des Bestatters konnten die Schüler mal eine Urne in die Hand nehmen und ganz genau untersuchen.
Beim Besuch des Bestatters konnten die Schüler mal eine Urne in die Hand nehmen und ganz genau untersuchen. | Bild: Robert Reschke

So wollte zum Beispiel Elias wissen: „Kann man Menschen und Tiere zusammen begraben?“ Ein anderes Kind wollte wissen: „Wie lang dauert es, bis ein Mensch im Sarg verrottet?“ oder „Was kostet eine Beerdigung?“ und „Kann man zwei Menschen in ein Grab tun?“ oder „Hast Du schon mal einen Star begraben?“ Rede und Antwort stand der langjährige Bestatter Klaus Cunitz, erschienen in Berufskleidung, mit Bestattungswagen, Sarg und Urne. Er gab Einblicke in seinen früheren Berufsalltag und beantwortete die vielen Fragen. Die Schulkinder durften selbst den Sarg öffnen, die Auspolsterung befühlen oder eine Urne in die Hand nehmen und untersuchen.

Kindgerechter Umfang mit dem schwierigen Thema

Geschichten, Filme, Lieder, Gespräche und kreative Methoden machten der Umgang mit schwierigen Themen kindgerecht möglich. Die Kinder wurden ermutigt, Fragen zu stellen, eigene Erfahrungen einzubringen oder einfach nur zuzuhören. Eine von wertschätzendem Miteinander, großer Offenheit und emotionaler Tiefe geprägte Woche. Die Resonanz der Woche war bei allen durchweg positiv. Viele wünschten sich mehrere solcher Räume, in denen Kinder über das sprechen können, was sonst oft verschwiegen wird.