Jetzt ist es sicher: Die Gemeinde Herdwangen-Schönach schafft die unechte Teilortswahl ab. Die Einwände von Gemeinderat Berthold Baumann gegen den im Juni getroffenen Beschluss wurden bei der jüngsten Sitzung am Dienstagabend von Cornelia Fischer, die seitens der Verwaltung für Wahlangelegenheiten zuständig ist, allesamt entkräftet.
Mehrheit stimmt für Abschaffung
Ein Rückblick: Im Juni hatte zunächst der Ortschaftsrat Oberndorf gegen die unechte Teilortswahl gestimmt. Der Gemeinderat schloss sich diesem Beschluss nicht an und votierte am 20. Juni mit sieben zu drei Stimmen dafür, die unechte Teilortswahl abzuschaffen. Berthold Baumann hatte in der darauffolgenden Sitzung im Juli für einen Paukenschlag gesorgt, denn er hatte gefordert, dass dieser Beschluss überprüft werden müsse. Seiner Meinung nach gab es gleich mehrere Gründe, die dafür sprachen, dass diese Entscheidung eventuell keinen Bestand haben könnte.
Sieben Stimmen sind ausreichend für Beschluss
Zum einen hatte Baumann angeführt, dass das Abstimmungsergebnis mit sieben Stimmen für die Abschaffung und drei Stimmen dagegen die geforderte qualifizierte Mehrheit für eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung bezüglich der unechten Teilortswahl nicht erfülle. Diesen Einwand hat Cornelia Fischer überprüft. „Eine qualifizierte Mehrheit sind sieben Stimmen. Das stimmt so“, stellte sie klar.
Rechtsaufsichtsbehörde gibt der Verwaltung Recht
Gerechnet werde folgendermaßen: Zu den zwölf Stimmen der Gemeinderäte wird die Stimme von Alexandra Kipp, die als Bürgermeisterin die Vorsitzende des Gremiums ist, dazugezählt. Diese dreizehn Stimmen werden durch zwei geteilt, was 6,5 Stimmen ergibt. Sieben Stimmen seien also eine qualifizierte Mehrheit, betonte Fischer. „Das ist auch abgeklärt mit der Rechtsaufsichtsbehörde“, erläuterte sie.
Weiterer Punkt war, dass Berthold Baumann der Ansicht war, dass erst bei der übernächsten Kommunalwahl eine Änderung des Wahlsystems möglich sei. Er bezog sich dabei auf die Gemeindeordnung Baden-Württemberg. Dort heißt es: „Ist die unechte Teilortswahl (...) auf unbestimmte Zeit eingeführt worden, kann sie durch Änderung der Hauptsatzung aufgehoben werden, frühestens jedoch zur übernächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte nach ihrer erstmaligen Anwendung“.
Fristen sind schon lange abgelaufen
Die erste Anwendung war im Jahr 1974. „Dann sind diese Fristen schon lange vorbei“, meinte Fischer. Sie zitierte zusätzlich aus einem aktuellen Rundschreiben des Landkreistags. Dort wird konkret auf die Eingliederungsvereinbarung der Siebziger Jahre hingewiesen und klargestellt, dass der Bestandsschutz bezüglich der unechten Teilortswahl nicht mehr relevant sei, da die Fristen abgelaufen seien.
Muss der Vertrag aufgehoben werden?
Das dritte Argument dafür, dass der Beschluss vom Juni ungültig sein könnte, war, dass Berthold Baumann die Vereinbarung anlässlich der Gemeindereform als einen rechtsgültigen Vertrag ansieht. Dieser kann seiner Rechtsauffassung zufolge nicht einfach so durch das Votum des Gemeinderats aufgehoben werden, da in Deutschland das Prinzip der Vertragstreue gilt („Verträge sind einzuhalten“). Vielmehr müssten Vertreter der drei beteiligten Orte eine Auflösung befürworten. Dies sei nicht der Fall gewesen. „Das Kommunalamt sagt auch hier, dass wir alles richtig gemacht haben“, betonte Cornelia Fischer.
Sitzverteilung ist seit Jahrzehnten geändert
Der Vertrag von 1974 habe in eine erste Hauptsatzung für die Gemeinde gemündet, in welcher die unechte Teilortswahl festgehalten worden sei mit fünf Sitzen im Gemeinderat für Herdwangen, fünf Sitzen für Schönach und zwei für Oberndorf. Eine erste Änderung der Hauptsatzung habe es 1984 gegeben, bei der auch die Anzahl der Sitze verändert wurde: Fortan – und das blieb bislang so – hatte Herdwangen fünf Sitze, Schönach sechs Sitze und Oberndorf einen Sitz, wie Cornelia Fischer aus den Dokumenten zitierte.
Alte Vereinbarung ist nicht mehr gültig
Anschließend nahm sie wieder das aktuelle Rundschreiben des Landkreistags zur Hand, in dem ganz klar festgehalten ist, dass eine Änderung der Sitz-Verteilung „die Bindungswirkung von Eingliederungsvereinbarungen“ aufhebt. Mit der Neuverteilung der Anzahl der Sitze sei demnach die alte Vereinbarung nicht mehr gültig.
Demokratisch gefassten Beschluss durchführen
„Die Verwaltung sieht also keinen Grund, den Beschluss, den wir gefasst haben, anzuzweifeln. Er ist rechtsgültig, das sieht auch die Rechtsaufsicht so“, meinte Fischer. Gemeinderätin Melanie Boos (Freie Wähler) machte sich dafür stark, den Beschluss jetzt zu akzeptieren. „Wir haben das so entschieden. Wir sind eine Demokratie und jetzt müssen wir auch durchführen, was wir beschlossen haben“, sagte sie. Die Bürger würden einen Kandidaten oder eine Kandidatin als Person wählen. „Wir stehen als Gemeinderäte nicht nur für einen Teilort da, sondern als Ansprechpartner für alle Orte der Gemeinde“, sagte Boos abschließend.