Inzigkofen – Sorgfältig schneidet Meta Sieber in ihrer lichtdurchfluteten Küche mit einem scharfen Sägemesser etwa 0,5 Zentimeter dicke Scheiben vom rechteckigen Cake (Teigrechteck) und drittelt diese anschließend akkurat. Dann schiebt sie die Klinge vorsichtig unter die Teigabschnitte und positioniert die Teigstreifen auf dem Backblech. Noch mit Eigelb bestreichen, dann können die "Davoser Totenbeinli" in den Backofen.
"Auf Anraten meines HNO-Artes verbrachte ich im Alter von 19 Jahren einen Heilaufenthalt in Davos – wollte jedoch keinen Klinikaufenthalt, sondern folgte dem Rat, mir dort eine Anstellung zu suchen", erzählt Meta Sieber. Diese Anstellung fand die gebürtige Stettenerin vom Heuberg in einem gutsituierten, vornehmen Haushalt und kümmerte sich im malerischen Luftkurort eineinhalb Jahre lang um Haushalt, Küche und unternahm mit einer älteren Frau Spaziergänge. Für Weihnachten hat man zusammen mit der Verwandtschaft der Familie, die aus dem renommierten Davoser "Grandhotel Belvédère" stammte, gebacken, unter anderem die "Totenbeinli". Zugegeben, der Name dieses Weihnachtsgebäcks klingt schon etwas makaber, aber die Struktur erinnere schon ein wenig an Knochen, gibt Meta Sieber zu. Außerdem wurden die Totenbeinli einst im Kanton Graubünden zum Leichenschmaus gereicht, ist in einem Internetblog nachzulesen. Heute ist das Rezept der "Totenbeinli" in der ganzen Schweiz verbreitet.
Nach der Rückkehr aus Davos brachte die junge Frau das Rezept der "Totenbeinli" im Gepäck mit. "Weil es einfach etwas Besonderes war", wie sie sagt. Damals, vor beinahe 60 Jahren, hatten ihre Arbeitgeber die rechteckigen Plätzchen an Weihnachten zum Dessert mit Orangensalat und dem bitteren Orangenlikör Cointeau gereicht. "Es war für mich einfach beeindruckend und ich mache das heute noch", erklärt die mittlerweile 76-Jährige. Auf Wunsch ihrer Enkelinnen hat Meta Sieber ihre besten Rezepte in einem bebilderten Rezeptbuch festgehalten. Darunter sind selbstverständlich auch die "Davoser Totenbeinli". Meta Sieber bereitet immer die doppelte Teigmenge zu, weil die "Beinli" auch im Umfeld der Inzigkoferin so begehrt sind. Die Mandeln schneidet sie am Vorabend im Wohnzimmer mit einem scharfen Messer blättrig. "So haben wir es in Davos gemacht und so mache ich es auch noch heute", unterstreicht sie.
Der Teig wird nach dem Vermengen zu einem rechteckigen Cake geformt. Für die Kanten nimmt Meta Sieber Vesperbrettchen zu Hilfe. Nachdem der Cake eine Nacht im Kühlen steht, lässt er sich mit einem Sägemesser gut schneiden. "Mein Mann liebt süßes Gebäck", erzählt die lebenslustige Frau und Gatte Hermann bestätigt: "Meine Frau ist eine ausgezeichnete Köchin. Die 'Totenbeinli' sind die besten Plätzchen der Weihnachtsbäckerei, denn sie haben nicht die Süße der anderen Plätzchen."
Bereits zum ersten Advent backt Meta Sieber Lebkuchen. Dann folgen Ausstecher, Zimtsterne, Nussmakronen, bis dann etwa zehn Sorten Weihnachtsplätzchen auf dem Teller liegen. Ihre Plätzchen bewahrt Meta Sieber in Blechdosen im kühlen Keller auf.
Davoser Totenbeinli: Gut gekühlt wird der Teig geschnitten
So gelingen die „Davoser Totenbeili“ nach dem Rezept von Meta Sieber:
- Zutaten: 200 Gramm Butter, 250 Gramm Zucker, drei Eier, 250 Gramm blättrig geschnittene Mandeln, 400 Gramm Mehl, zusätzlich zwei Eigelbe zum Bestreichen.
- Zubereitung: Butter schaumig rühren, Zucker und Eier nach und nach hinzufügen. Das Mehl und die Mandeln unterheben bzw. unterkneten. Den Teig zu einem rechteckigen Cake formen und am besten über Nacht kühl stellen. Aus dem hart gewordenen Teig zunächst etwa 0,5 Zentimeter dicke Scheiben schneiden und anschließend in Stängelchen schneiden, mit Eigelb bestreichen und anschließend bei 180 Grad Celsius Ober-Unterhitze etwa zehn Minuten backen.
- Menge: Ein Rezept ergibt etwa drei Bleche a 40 „Totenbeinli“.
- Tipp: Während des Schneidens erwärmt sich der Cake und lässt sich durch die weicher werdende Butter nicht mehr gut schneiden. Dann sollte der Cake nochmals kühl gestellt werden und/oder eventuell das Messer abgewaschen werden.