von Günther Töpfer

Wegen unerlaubter Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln an Minderjährige hat das Schöffengericht Sigmaringen einen 59-jährigen Mann zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung (zwei Jahre) verurteilt. Der arbeitslose Angeklagte hatte drei Jugendliche bei sich übernachten lassen und auf deren Wunsch am 23. Mai 2015 zwei Joints für sie besorgt. Eine als Zeugin geladene 15-jährige Schülerin berichtete dem Gericht detailliert, dass der Angeklagte die Drogen telefonisch bestellt habe, die dann ein junger Mann gegen Barzahlung angeliefert habe. Der Angeklagte habe zuvor auch gefragt, wie alt sie seien und daher ganz genau gewusst, dass sie alle noch Jugendliche seien.
 

Eine 16-jährige Auszubildende schilderte dem Gericht die Wirkung der Drogen. Als sie mit dem Rauchen begonnen habe, habe sie gedacht, dass es sich um eine Kräutermischung handelt. Die Rede sei auch von türkischen Kräutern gewesen. Sie gab freimütig zu, dass sie sich mit „Gras“ auskenne, doch nach zwei bis drei Zügen habe sie Konzentrationsstörungen und eine Drogen-Psychose bekommen, die sie heute noch bekomme, wenn sie nur daran denke. Um sie herum sei einfach alles nicht mehr klar gewesen, so wie wenn man träumt. Darum habe sie ihren Freund darum gebeten, ihre Mutter anzurufen. Die sei dann zusammen mit der Polizei gekommen. Die Zeugin berichtete weiter, dass sie nicht darüber nachgedacht habe, ob Kräuter legal oder nicht legal seien, vertrat jedoch die Ansicht, dass Kräuter normalerweise legal seien. Staatsanwältin Nicole Luther korrigierte diese Feststellung sofort mit dem Hinweis, dass dies so nicht stimme.
 

Der Freund der 16-Jährigen sagte aus, dass er schon bei der telefonischen Bestellung der Drogen gehört habe, wie der Angeklagte zum Lieferanten gesagt habe, „er solle etwas Starkes bringen“. Er habe ebenfalls zwei bis drei Züge geraucht und dann auf einmal so starke Ängste bekommen, dass er geglaubt habe, sterben zu müssen. Er habe die Droge bis dahin noch nie probiert, doch von Freunden gewusst, dass diese Kräutermischung über das Internet erhältlich sei. Aus dem Zentralregister ging hervor, dass der geständige Angeklagte bereits fünf Mal wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Diebstahl, Sachbeschädigung und Unterhaltspflichtverletzung mit dem Amtsgericht Sigmaringen Bekanntschaft gemacht hatte. Nach seiner Einreise aus der Türkei im Jahre 1979 hatte der 59-Jährige in unregelmäßigen Abständen gearbeitet. Seine aktuellen Schulden bezifferte er auf 20 000 Euro. In ihrem Plädoyer wies die Staatsanwältin darauf hin, dass der Angeklagte genau gewusst habe, dass die drei jungen Leute alle unter 18 Jahre alt gewesen seien. Deshalb werde die Überlassung der Drogen vom Gesetzgeber auch als Verbrechen eingestuft. Er hätte ebenso damit rechnen müssen, dass die synthetische Droge unter das Betäubungsmittelgesetz falle. Sie beantragte, den Angeklagten zu fünf Monaten Freiheitsstrafe (Bewährung sei möglich) und 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit zu verurteilen. Der Verteidiger des Angeklagten bezeichnete die Ereignisse als schicksalhaft. Dies sei den jungen Leuten zum Verhängnis geworden. Am 23. Mai 2015 habe der Angeklagte nicht gewusst, dass die Droge verboten sei.

Wer jedoch in der Szene sei, wisse sehr wohl Bescheid. Den Jugendlichen sei es völlig egal gewesen, was sie bekommen. Der Verteidiger hielt drei Monate Gefängnis zur Bewährung für angemessen. In seiner Urteilsbegründung verwies Richter Jürgen Dorner darauf, dass das Gericht das Geständnis zugunsten des Angeklagten bewertet habe. Berücksichtigt habe das Gericht auch, dass die Droge am Tat-Tag verboten worden sei. Das Urteil wurde noch im Gericht rechtskräftig, weil der Angeklagte Rechtsmittelverzicht protokollieren ließen.