Was für eine Duplizität der Ereignisse: Im November 2014 stürmten Dutzende Einsatzkräfte gegen 5.50 Uhr ein Wohnhaus in Hausen a.A. Grund für die spektakuläre Aktion war eine Anordnung, mehrere Dutzend im Haus befindliche Katzen zu beschlagnahmen. Und gestern vermeldeten die Staatsanwaltschaft Hechingen und das Polizeipräsidium Konstanz, dass in der Nacht auf Donnerstag im selben Haus mit richterlichem Durchsuchungsbeschluss ein 32-Jähriger verhaftet werden sollte. Wieder waren neben Polizisten auch eine Gruppe eines Sondereinsatzkommandos sowie Hundeführer vor Ort, die um 4 Uhr in das Haus eindrangen. Die Spuren des Einsatzes sind noch deutlich sichtbar. An der Eingangstür ist zu sehen, wie sie mit einem Hebelwerkzeug geöffnet wurde. Zeitgleich wurde auch die zum Garten führende Küchentür gewaltsam geöffnet. Der Rolle wurde halb runtergerissen und die Scheibe eingeschlagen. Gestern meldete Hauseigentümerin Angelika Mentolo in der SÜDKURIER-Redaktion und schilderte aufgeregt und aufgebracht die nächtlichen Ereignisse. Während der rund 2,5-stündigen Aktion hätte die Polizei ihre beiden Söhne gefesselt, wobei ein Sohn behindert sei. Und ihr Untermieter sei verhaftet und erkennungsdienstlich behandelt worden.

In der gestrigen gemeinsamen Presseerklärung von Staatsanwaltschaft und Polizei werden das massive Polizeiaufgebot und der nächtliche Einsatz damit begründet, dass es bei Einsätzen in der zurückliegenden Zeit zu massiven Widerstandshandlungen und Gefährdungen für die eingesetzten Beamten gekommen war. Nach Angaben der Behörden ist der Aktion "ruhig und geordnet abgelaufen." Ganz anders schildert Angelika Mentolo das Geschehen. Die Polizei habe ohne Vorwarnung die Türen aufgebrochen und im Anschluss auch die Wohnung verwüstet und wer nun diese Schäden bezahlen würde?

Der leitende Staatsanwalt Jens Gruhl nannte gestern auf Anfrage des SÜDKURIER Details zu der Aktion in dem Haus, wobei die Organisation, Ablauf und die Einsatzstärke im Ermessen der Polizei liege, wobei es selbstverständlich auch um den Eigenschutz der Beamten gehe. Die Staatsanwaltschaft prüfe zu Beginn, ob ein Anfangsverdacht vorliege und "und dieser Einsatz war rechtmäßig." Als konkrete Anlässe nannte er Verfahren wegen Waffen- und Munitionsbesitz sowie Bedrohung. Außerdem sollte ein richterlicher Haftbefehl gegen einen 32-jährigen Bewohner vollstreckt werden. Die Frage, ob es sich dabei um den Sohn der Hausbesitzerin handle, gegen den vor geraumer Zeit ein Haftbefehl vom Amtsgericht Sigmaringen erlassen worden war, weil er nicht zu einer Verhandlung erschienen war, kann Gruhl nicht beantworten. Er kenne die Vorgeschichte des Jahres 2014 nicht, da er erst vor einem Monat sein Amt übernommen habe und er bei der Aktion nicht selbst dabei war. Angelika Mentolo erklärte gegenüber dem SÜDKURIER, dass dies nicht der Grund für die Aktion gewesen sein könne, da sich ihr Sohn in der Schweiz aufhalte und dieser Umstand den Behörden durch einen Schriftwechsel auch bekannt sei.

Nach Angaben von Mentolo befinden sowohl sie wie auch ihre Söhne in psychiatrischer Betreuung, wobei ihr Sohn sehr große Angst vor den Behörden habe, was auch ärztlich attestiert sei. Wenn diese Angst überwunden sei, würde er den Gang zum Amtsgericht antreten. Die mehrfache Mutter bestätigt auch, dass in dem Gesamtkomplex von ihrer Familie beziehungsweise den einzelnen Mitgliedern mehrere Anwälte mit der Wahrnehmung ihrer Rechte betraut sind.

Bezüglich des Verdachts auf Waffen- und Munitionsbesitz, sei nach Angaben von Angelika Mentolo beim nächtlichen Einsatz von einer Drohung gesprochen worden, wonach ihr Untermietereinen Gastank in die Luft sprengen wolle. "Das ist doch völliger Quatsch", bezeichnet sie die nächtliche Aktion als weitere Schikane in ihrem Kampf gegen die Behörden. Mittlerweile nehme die Auseinandersetzung die Formen einer "Hetzjagd" gegen ihre Familie an. Von dem ganzen Geschehen hat übrigens die Nachbarschaft wenig mitgenommen. Ein Mann, der ungenannt bleiben will, wachte gegen 4 Uhr auf und spähte nach draußen: "Dort sah ich etliche Polizeiautos und Beamte, die zum Haus gingen. Mehr habe ich nicht gesehen!"

Seit etlichen Jahren liegt die Familie Mentolo mit vielen Behörden wie beispielsweise dem Landratsamt Sigmaringen im Clinch und wandte sich auch mehrfach an die Presse. Im November 2014 eskalierte die Situation mit einem Einsatz des Sondereinsatzkommandos, um mehrere Dutzend Katzen zu beschlagnahmen. Die Polizei wollte damit eine Anordnung des Landratsamtes Sigmaringen durchsetzen, das nach vergeblichen Gesprächs- und Vermittlungsversuchen, zu diesem Mittel gegriffen hatte. Mehrere Bewohner wurden damals auf dem Polizeirevier erkennungsdienstlich behandelt sowie 42 Katzen und ein Schäferhund beschlagnahmt. Die Familie erstattete im Anschluss Strafanzeige gegen den Polizeieinsatz. Auch nach der gestrigen Aktion behält man sich Schadenersatzforderungen und Anzeigen vor.