Völlig verwahrloste Tiere wurden bei einer Zwangsräumung am Samstag auf einem Bauernhof am Ortsrand von Mengen beschlagnahmt. „Ich bin fast in Schockstarre verfallen, als ich die Zustände auf diesem Hof gesehen habe“, sagt Tierschützer Horst Fallenbeck vom Tier-Service-Zentrum aus Bad Waldsee (TSZ) gegenüber dem SÜDKURIER. Er sei vom Hofbesitzer um Hilfe gebeten worden, der ihm von den Zuständen auf dem Hof berichtet hatte. Hintergrund ist wohl, dass der Hofbesitzer einen Räumungstitel gegen die Beschuldigte erwirkt hat. Weil diese den Hof nicht räumte, wandte sich der Besitzer an das Tier-Service-Zentrum.
Ponys, Pferde, Emus, Ziegen und Schweine geben ein schreckliches Bild ab
Das Bild, das sich den beiden Tierschützern am Samstagnachmittag bot, sei grausam gewesen. Hängebauchschweine, die tief im Dreck standen, ausgemergelte Ponys und Pferde, Ziegen und Hasen, sieben Kadaver von Schweinen und etwa 40 Katzen fanden die beiden Tierschützer auf dem Hof vor. Das gesamte landwirtschaftliche Anwesen sei verdreckt gewesen und in einem desolaten Zustand. „Mir war sofort klar, dass wir hier nicht mehr wegfahren, bevor nicht was passiert“, sagt der Tierschützer.
Amtsveterinär spricht Tierhalteverbot gegen Mieterin und Hofbesitzer aus
Die Polizeibeamten aus Bad Saulgau seien nach ihrer Ankunft ebenfalls entsetzt gewesen, berichtete Fallenbeck. Danach habe man gemeinsam versucht, einen Amtsveterinär zu erreichen. Dieser sei auch gekommen und habe sofort ein Tierhalteverbot gegen die Mieterin des Anwesens, aber auch gegen den Hofbesitzer ausgesprochen.
Noch keine Räumung am Samstag
Nach Informationen des SÜDKURIER befanden sich auf dem Hof auch Tiere des Hofbesitzers. Der Amtstierarzt sei mit seinen Gummistiefeln im Dreck versunken, berichtet Horst Fallenbeck weiter. Auf dem Hof fand er sieben Kadaver von Schweinen und 30 bis 35 lebende Schweine. Diese sollen der Mieterin des Anwesens gehören. Der Hof sei am Samstag noch nicht geräumt worden. „Ich gehe davon aus, dass einige Tiere gerettet werden können“, sagt Horst Fallenbeck. Das sei jedoch nur sein persönlicher Eindruck gewesen.
Vorwürfe gegenüber dem Veterinäramt
Die Frage, warum es so weit gekommen ist, beschäftigt die beiden Tierschützer. „Aus meiner Sicht hat die Frau die Tiere als Schutzschild benutzt“, sagt Horst Fallenbeck. Der Hofbesitzer soll laut Fallenbeck einen Räumungstitel gegen seine Mieterin erwirkt haben. Fallenbeck vermutet gegenüber dem SÜDKURIER, dass die Frau so viele Tiere hatte, um eine Räumung zu verhindern. „Ich frage mich allerdings auch, warum das Veterinäramt nichts gemacht hat“, klagt Horst Fallenbeck. Seines Wissens nach hätten mehrere Menschen Anzeige beim Veterinäramt Sigmaringen erstattet. Außerdem soll das Landratsamt Biberach bereits ein Tierhalteverbot gegenüber der Frau ausgesprochen haben.
Veterinäramt lässt den Hof räumen
Das Veterinäramt Sigmaringen ist seit Montag dabei, die gut 70 Nutztiere anderweitig unterzubringen, informiert das Landratsamt Sigmaringen. Man sei vor Ort, um die Umstände detaillierter zu untersuchen, teilt Pressesprecher Tobias Kolbeck mit.
Etwa 135 Tiere befinden sich auf dem Hof
Nach Angaben des Veterinäramts leben 38 Hängebauchschweine, 14 Schafe, zwei Ziegen, drei Pferde, zwei Emus, sechs Hühner, drei Gänse und fünf Kaninchen auf dem Hof, außerdem etwa 40 Katzen, fünf Kanarienvögel, zehn Zebrafinken, drei Nymphensittiche, zwei Boas und vier Hunde. Das Gelände um den Hof sei sehr schlammig, die Schweinestallung sei teils nicht begehbar.

Sieben tote Schweine wurden entdeckt
Nach Angaben des Veterinäramtes wurden 31 lebende und sieben tote Schweine aufgefunden. Die Nutztiere werden nun alle anderweitig untergebracht. Aufgrund der großen Anzahl und der vielen Tierarten sei es nicht einfach, die Tiere rasch zu vermitteln. Wie das Veterinäramt erklärt, werde man wohl auf Einrichtungen im Umkreis von 100 Kilometern zurückgreifen müssen. Die Veterinäre haben dabei Landwirte und Privatpersonen im Blick. Es ist geplant, am Dienstag mit der Unterbringung der Tiere zu starten.
Schweinehaltung ist nicht tierschutzkonform
Es ist angeordnet worden, die Schweine bis dahin auf trockenem Boden unterzubringen und zu versorgen sowie die toten Tiere aus dem Auslauf zu entfernen und bis zur Abholung so zu lagern, dass weder Mensch noch Tier gefährdet werden können. Die Schweinehaltung in dieser Form sei nicht mit dem Tierschutz vereinbar. Bei der Besichtigung der Schafe, Ziegen, Pferde und Emus am Samstag seien keine akuten Tierschutzprobleme mit dringendem Handlungsbedarf gesehen worden. Sie waren eingestreut und gefüttert. Wie genau es welchen Tieren geht, überprüft das Veterinäramt aber aktuell noch.
Seit dem Jahr 2010 wird Hof regelmäßig kontrolliert
Das Veterinäramt prüft derzeit auch ein Tierhalteverbot. Die Katzen gehören der Bewohnerin des Hofs, die restlichen Tiere gehören dem Eigentümer des Hofes. Gegen keinen der beiden liege aktuell ein Tierhalteverbot vor. Das Veterinäramt hat den Hof allerdings schon länger im Blick. Seit 2010 erfolgten regelmäßig Kontrollen.
Zumeist geringe Mängel festgestellt, die dann abgestellt wurden
Wie das Amt mitteilt, seien in dieser Zeit mehrere, meist geringe Mängel festgestellt worden. Die Tierhalter hätten Anordnungen erhalten, die Mängel abzustellen, was dann auch jeweils so erfolgt sei. Mängel habe es bei Auslauf, Unterstand, Einfriedung und Einstreu der Liegeflächen gegeben. Schafe seien nicht oder zu spät geschoren worden, außerdem habe es Mängel bei der Registrierung und Kennzeichnung der Tiere gegeben. Die Anordnungen seien nachkontrolliert worden, die Mängel abgestellt.