Freude und Stolz über den Krankenhausneubau war die vorherrschende Gefühlslage, gemischt mit kritischen Worten in Richtung Bundespolitik, was die Gesundheitsversorgung der Menschen im ländlichen Raum betrifft. Knapp vier Jahre nach dem Spatenstich wurde der siebenstöckige Gebäudekomplex eröffnet, wobei die Notfallambulanz ihre enorm vergrößerten Räumlichkeiten nach Angaben von Dr. Martin Mauch am Freitag beziehen wird.
Sozialminister Manne Lucha lobt Mut der Verantwortlichen

Minister Manne Lucha lobte den Mut der Verantwortlichen, „die Kraft und Bewusstsein“ aufzubringen, sich den unabänderlichen Strukturveränderungen in der Gesundheitsversorgung zu stellen. Inklusive des „herausfordernden Prozesses“, die Krankenhäuser Pfullendorf und Bad Saulgau zu schließen. Die Zentralisierung im stationären Bereich bedeute für die Kreisbewohner die Sicherung einer qualitativ hochwertigen Versorgung, was für einen Flächenlandkreis nicht selbstverständlich sei. Stationäre, ambulante und Notfallmedizin müssten intelligent zusammenwirken, nannte Lucha „digital vor ambulant vor stationär“ als Devise der zukünftigen Gesundheitsversorgung. Er bezeichnete den Neubau als „kluges Bauwerk“ und Sigmaringen habe nun gute Chancen die Herausforderungen erfolgreich meistern. Überraschend verkündete der Minister, dass das Land das SRH-Bauprojekt mit weiteren 1,5 Millionen Euro unterstützt, was von den Ehrengästen mit Beifall quittiert wurde.
Landrätin kritisiert Abrechnungspraxis der Kassen
„Diese schmerzvolle Entscheidung hat uns gefordert“, kam Landrätin Stefanie Bürkle auf die Krankenhäuser Pfullendorf und Bad Saulgau zu sprechen, die im Zuge der Zentralisierung der stationären Versorgung im Kreis Sigmaringen geschlossen wurde.
„Wir haben nun das Fundament für eine gute stationäre Versorgung“, richtete sie den Blick nach vorne. Man biete Patienten eine qualitativ hochwertige Versorgung und Beschäftigten hervorragende Arbeitsbedingungen. „Wir haben die Realitäten angenommen“, erklärte die Kreischefin und und stehe nun, am Vorabend einer großen Krankenhausreform, besser da, als andere Landkreise.
Stefanie Bürkle beklagt enorme Bürokratie
„Der Kreis hat seine Hausaufgaben bei der stationären Versorgung gemacht“, sparte Bürkle im Anschluss nicht mit kritischen Worten. Sie monierte, dass Kassen erbrachte Leistungen erst mit jahrelanger Verzögerung bezahlten, beklagte eine unglaubliche Bürokratie und mahnte eindringlich, dass die Bundespolitik bei der Strukturreform die Patienten im ländlichen Raum im Blick behalten müsse. Sie gab ein klares Bekenntnis zur Partnerschaft mit der SRH-Holding ab, die aktuell über den Cash-Pool bei der Liquiditätssicherung helfe.
SRH-Vorstandschef sieht Bund in der Pflicht bei der Finanzierung
Auch SRH-Vorstandschef Christof Hettich ging auf die Debatten um die Krankenhausschließungen ein. Bei solchen Entscheidungen gebe es stets eine Sach- und eine Beziehungsebene, die besonders die politischen Vertreter forderten. Aber, man müsse sich solchen Diskussionen stellen und mutige Entscheidungen treffen. Der Gesundheits- und Bildungskonzern SRH sei als gemeinnützige Stiftung ein idealer Partner, da man nicht von Kapitalinteressen abhängig sei und deshalb auch keinen Euro aus dem Unternehmen ziehe. Bei den Klinikmitarbeitern spüre er den „Wunsch nach Aufbruch“, erklärte Hettich und ergänzte, dass man die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten intensivieren will. Bei der Finanzierung der Krankenhäuser benötige man die Unterstützung des Bundes: „Da muss etwas passieren!“
Weitere Bauabschnitte im Krankenhaus folgen
In einer kurzen Talkrunde kündigte Werner Stalla, Geschäftsführer der SRH Holding, an, dass man in Sigmaringen weiterbauen und deshalb neue Förderanträge im Sozialministerium stellen werde. „Ich freue mich auf die Investition“, gab es vom Minister eine Quasi-Zusage, die man nur erfüllen könne, wenn im Haushalt das Geld vorhanden sei. Dies sei wiederum von der Entwicklung des Wirtschaftsstandortes abhängig, wobei die Stimmung schlechter als die Lage wäre. „Weg von der sub-depressiven Wahrnehmung hin zu mehr Lösungsansätzen“, forderte Lucha. Es gelte, im Gesundheitsbereich die Finanzströme zu ordnen, Sektorengrenzen aufzubrechen und den Transformationsprozess in der ambulanten Versorgung anzugehen, erklärte Landrätin Bürkle, dass man „miteinander nach vorne schauen muss.“
Fachbereiche im Neubau
Im Neubau gibt es auf den Etagen 4 und 5 vier Stationen mit 150 Betten für die Fachbereiche Allgemein- und Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumatologie, Gefäß- und Endovaskularchirurgie sowie für die Geriatrie. Hinzu kommen die Wahlleistungsbereiche eine Welcome-Area, eine Holding-Area. In der 3. Ebene befinden sich die Verwaltungseinheiten und die Technikzentrale. In der 2. Etage stehen 7 OP-Säle mit einer Nutzfläche ca. 1.370 Quadratmeter und der Aufwachraum mit einer Tageslicht-Decke für bis zu 20 Patienten zur Verfügung. Hier sind auch das ambulante OP-Zentrum, die Prämedikation, Anästhesieräume, die interdisziplinäre Intensivstation und die Schmerztherapie. Im 1. OG sind die Zentrale Notaufnahme mit einer Nutzfläche ca. 650 Quadratmetern, eine Portalpraxis und eine Notfallpraxis verortet, des Weiteren der Linksherzkathetermessplatz, das Labor, die Funktionsdiagnostik, die Endoskopie, die Ambulanzen und die Radiologie. Im Erdgeschoss befinden sich der Infopoint, die Patientenaufnahme, die Zentralsterilisation und Konferenzräume.